Konsequenzen im Ratiopharm-Fall

Pharmareferentin und Arzt freigesprochen

Berlin - 02.11.2012, 09:52 Uhr


Der Bundesgerichtshof hat die im Ratiopharm-Fall angeklagte Pharmareferentin und den mitangeklagten Arzt freigesprochen. Nachdem er in einer Grundsatzentscheidung im März entschieden hatte, dass Kassenärzte nach geltendem Recht nicht wegen Bestechung strafbar sind, war die Verurteilung aufzuheben.

Die Ratiopharm-Vertreterin und der mitangeklagte Arzt waren im Ausgangsverfahren vom Landgericht Hamburg wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt worden. Sie hatte ihm Schecks über einen fünfstelligen Gesamtbetrag übergeben. Der Scheckübergabe lag ein als „Verordnungsmanagement“ bezeichnetes Prämiensystem des Pharmaunternehmens zugrunde, wonach Ärzte als Prämie für die Verordnung von Arzneimitteln des betreffenden Unternehmens fünf Prozent des Herstellerabgabepreises erhalten sollten.

Keine nach geltendem Strafrecht relevanten Vorteile, entschied im März der Große Senat des BGH. Kassenärzte seien schließlich keine Angestellten oder Funktionsträger einer öffentlichen Behörde. Sie würden vielmehr aufgrund einer individuellen und freien Auswahl des gesetzlich Versicherten tätig. Darüber hinaus, so die Karlsruher Richter weiter, seien Kassenärzte bei der Verordnung eines Arzneimittels auch keine Beauftragten der Krankenkassen. Denn die Krankenkassen müssten den vom Versicherten frei gewählten Arzt akzeptieren, weshalb sie schon kein – für eine Beauftragung erforderliches – Wahlrecht hätten.

Nach diesem Beschluss waren sowohl die Pharmareferentin als auch der Arzt in letzter Konsequenz freizusprechen. Zwar hatte nur die Pharmareferentin gegen die damalige Entscheidung des Landgerichts Hamburg Revision eingelegt. Aufgrund strafprozessualer Vorschriften (§ 357 StPO) hat die Grundsatzentscheidung des BGH aber durchgreifende Wirkung auch auf die Verurteilung des Arztes. „In Übereinstimmung mit der nach der Entscheidung des Großen Senats vertretenen Auffassung des Generalbundesanwalts hat dies vorliegend die Durchentscheidung auf Freispruch […] zur Folge“, heißt es dazu im Beschluss des 5. Strafsenats.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. Oktober 2012, Az. 5 StR 115/11

Lesen Sie zum Thema weiter:

Nach dem BGH-Urteil zur Ärzte-Korruption: SPD plant Gesetzesinitiative

BGH-Beschluss zu Vertragsärzten: Kassen und Opposition sehen Gesetzgeber gefordert


Juliane Ziegler