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Vitalsana vor Gericht
BGH setzt dem Outsourcing Grenzen
Bereits am 19. Juli 2012 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) über die Klage der Wettbewerbszentrale gegen die niederländische Versandapotheke Vitalsana entschieden. Er bestätigte die Vorinstanz in weiten Teilen. Nun liegen die Urteilsgründe vor. Diese befassen sich auch mit dem einen Antrag, den der BGH an die Vorinstanz zurückgewiesen hat: Er betrifft die Frage, ob Vitalsana einer deutschen Betriebserlaubnis bedarf, wenn sie ihren Betrieb teilweise in Deutschland unterhält.
Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hatte der Klage, die die Wettbewerbszentrale zusammen mit den Landesapothekerkammern Baden-Württemberg und Bayern geführt hatte, gänzlich stattgegeben. Der BGH folgte dieser Entscheidung weitgehend. Sein nun vorliegendes Urteil begründet klar, was schon im vergangenen Sommer der mündlichen Verkündung und dem Tenor zu entnehmen war. So darf ein Apotheker zur pharmazeutischen Beratung seiner Kunden keine Telefon-Hotline zur Verfügung stellen, die mit zusätzlichen Gebühren für die Kunden verbunden ist. Überdies sei die gemeinsam mit der mittlerweile pleite gegangenen Drogeriekette Schlecker durchgeführte Werbung irreführend gewesen. Weiterhin hätten die Vitalsana-AGB, nach denen bei Rechtsstreitigkeiten niederländisches Recht anwendbar sein sollte, Kunden unangemessen benachteiligt.
Dennoch wandert der Fall nach der Revision vor dem BGH jetzt ans OLG zurück. Die Stuttgarter Richter müssen sich erneut mit der Frage befassen, ob die niederländische Kapitalgesellschaft Vitalsana angesichts ihrer vielfältigen auf deutschen Boden ausgelagerten Tätigkeiten eigentlich einer deutschen Apothekenbetriebserlaubnis bedürfte. So hatte Vitalsana etwa die Beratung auf ein Call-Center der Bertelsmann-Tochter Arvato im deutschen Kornwestheim ausgelagert, auch die Rezeptverarbeitung und die Retourenannahme erfolgten hierzulande. Doch in diesem Punkt befand der BGH die Anträge der Klägerseite – obschon verschiedene Hilfsanträge gestellt wurden – für zu unbestimmt. Der Senat gibt dem OLG nun jedoch für die Neuverhandlung eine recht klare Handlungsschnur. Die Beklagte, also eine ausländische Versandapotheke ohne deutsche Betriebserlaubnis, sei nicht gehindert, Tätigkeiten, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abgabe von Arzneimitteln an die Kunden stehen, auch im Inland und durch beauftragte Unternehmen ausführen zu lassen. So bestünden keine Bedenken, dass die Beklagte über ihre deutsche Niederlassung Marketingstrategien entwickle und mit deutschen Lieferanten, Dienstleistern, Krankenkassen und Logistikunternehmen Verhandlungen führe und Verträge schließe. Anders sehe es bei pharmazeutisch relevanten Tätigkeiten aus, die sich nicht nur auf die innere Organisation der Beklagten beschränken, sondern unmittelbar auf den Kunden einwirken. So etwa die telefonische Annahme von Bestellungen und Beratung durch eine Drittfirma – hier sieht der BGH einen Verstoß gegen die im deutschen Recht geregelte Erlaubnispflicht.
Sollte das OLG in seiner jetzt noch anstehenden Entscheidung erneut zu dem Ergebnis kommen, dass Vitalsana wegen einiger seiner Tätigkeiten einer deutschen Apothekenbetriebserlaubnis bedarf, sieht es schlecht für die Versandapotheke aus. Als Kapitalgesellschaft hat sie wegen des bestehenden Fremdbesitzverbotes keine Chance auf eine solche Erlaubnis. Bei der Bayerischen Landesapothekerkammer freut man sich jedenfalls, dass der BGH den Versuchen, das Fremdbesitzverbot zu umgehen, eine klare Absage erteilt hat.
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19. Juli 2012, Az.: I ZR 40/11
Karlsruhe - 19.02.2013, 13:03 Uhr