VFA-Zwischenbilanz zum AMNOG

Fischer: „Der Geist des Gesetzes wird nicht umgesetzt“

Berlin - 08.03.2013, 15:23 Uhr


Die frühe Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln und die anschließende Verhandlung eines Erstattungsbetrags bilden das Herzstück des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG). Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber erstmals in die zuvor gänzlich freie Preisbildung für neue Arzneimittel eingegriffen. Gute zwei Jahre später ziehen die forschenden Pharmaunternehmen eine kritische Zwischenbilanz.

Seit das AMNOG im Januar 2011 in Kraft getreten ist, wurde für rund 50 neue Arzneimittel das Verfahren der frühen Nutzenbewertung eingeleitet. Für 30 Präparate wurde das Verfahren abgeschlossen, rund 20 Erstattungsbeträge sind mittlerweile festgesetzt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zeigt sich rundum zufrieden mit dem neuen AMNOG-Verfahren: Immerhin sei bei zwei Drittel der neuen Arzneimittel ein Zusatznutzen festgestellt worden, betonte G-BA-Chef Josef Hecken vor einem Monat.

Bei den Arzneimittelherstellern ist das Bild etwas getrübter. Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa), wendet ein, dass dieser Nutzen nur für 40 Prozent der potenziellen Patienten attestiert wurde. Dass häufig nur für Subgruppen ein Zusatznutzen erkannt werde, liege an den unrealistischen Erwartungen des G-BA an die Evidenznachweise der Hersteller und die oftmals problematische Wahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie.  

Fischer hält es für nötig, das AMNOG-Verfahren auf den Prüfstand zu stellen. Mit dem ursprünglichen gesetzgeberischen Ziel – Innovationen zu fördern und zu einer fairen Preisbildung zu kommen – hat die vfa-Chefin kein Problem. Sie sieht im gegenwärtigen Verfahren jedoch gerade diesen Geist nicht umgesetzt. Die Balance zwischen diesen beiden Zielen stimme nicht. Zu „verfilzt“ seien die wissenschaftliche Nutzenbewertung einerseits und die Verhandlung des Erstattungsbetrages andererseits. Es sei ein „dicker Webfehler“ des AMNOG, hier den GKV-Spitzenverband mit einer solchen Machtfülle ausgestattet zu haben. Er sei im gesamten Prozess auf allen Stufen beteiligt – von Gewaltenteilung keine Spur. Dies habe zu folge, dass der Fokus über das ganze AMNOG-Verfahren hinweg auf dem Preis liege. Dabei sollte ein unabhängige wissenschaftliche Bewertung die Basis für die anschließenden Preisverhandlungen sein. Damit es wirklich fair zugehen könne, müsse man zu getrennten Verfahren kommen, so Fischer. Hier sieht sie deutlichen Nachbesserungsbedarf.

Dies ist auch die Botschaft des vfa in seiner Stellungnahme für das Bundesgesundheitsministerium zu den Erfahrungen der forschenden Pharmaunternehmen mit dem AMNOG. So wie die AMNOG-Prozesse jetzt liefen, wirke die Frühe Nutzenbewertung eher als Innovationsbremse, so der Verband. Er werde aber gerne seine Expertise einbringen, um für eine Verbesserung des Verfahrens zu sorgen.  


Kirsten Sucker-Sket


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