Pille danach ohne Rezept

KBV meldet Bedenken an

Berlin - 17.04.2013, 15:30 Uhr


Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat Zweifel, dass sich die Versorgungsqualität für Frauen verbessert, wenn die „Pille danach“ rezeptfrei werden sollte. Vielmehr sieht sie die Gefahr, dass so eine bereits bestehende gute Versorgung im Bereich der Notfallkontrazeption negativ beeinflusst wird. Die Beratung sehen die Kassenärzte bei sich selbst in den besten Händen.

Zunächst stellt die KBV in ihrer Stellungnahme fest, dass Deutschland sowohl im europäischen als auch im internationalen Vergleich eines der Länder mit den niedrigsten Raten an Schwangerschaftsabbrüchen ist – insbesondere auch bei Teenagern. Auch sei das Ziel, mit der Befreiung der „Pille danach“ von der Rezeptpflicht die Abbruchraten zu senken, in vielen Ländern nicht erreicht worden. So sei das Notfallverhütungsmittel in Großbritannien seit zwölf Jahren rezeptfrei erhältlich – seither seien die Abbruchraten um 7,7 Prozent gestiegen.

Überdies betont die KBV, dass es verschiedene Aspekte der Arzneimittelsicherheit zu bedenken gibt – etwa im Hinblick auf thromboembolische Ereignisse. Es bedürfe also einer qualifizierten Beratung, wenn die „Pille danach“ eingenommen werden soll. „Wer diese Mittel zur Anwendung bringt, sollte in der Lage sein, die Notwendigkeit ihres Einsatzes zu klären, Fragen zu Wirksamkeit, Kontraindikationen, Neben- und Wechselwirkungen zu beantworten und im Einzelfall bei entsprechender Anamnese auch eine bereits bestehende Schwangerschaft auszuschließen“, heißt es in der Stellungnahme.

Ob Apotheker diese Leistung so einfach erbringen können, wie SPD und Linke meinen, scheint man bei der KBV zu bezweifeln. Sie gibt zudem den bürokratischen Aufwand zu bedenken. So verweist die KBV auf die Schweiz: Hier sei für Apotheker, die die Levonorgestrel-haltige Pille abgeben, eine aufwendige Beratung einschließlich standardisierter Erhebung der Anamnese, deren Interpretation und ggf. Vermittlung zu einem Frauenarzt (einschließlich Dokumentation und Aufbewahrungspflicht für fünf Jahre) zwingend vorgeschrieben. Da die Preissetzung für dieses etwa 20-minütige Beratungsgespräch den Apotheken frei stehe, schwankten die Kosten, die die Frauen zu tragen haben, erheblich. In Deutschland sei die Beratung zur Empfängnisregelung beim Frauenarzt hingegen GKV-Leistung.

Die Kassenärzte fürchten überdies, dass die komplette Befreiung des Präparats aus der Verschreibungspflicht dazu führen könnte, dass gerade Teenager diese Form der notfallmäßigen Empfängnisregelung als „Alternative zu qualifizierter ärztlicher Beratung und Begleitung verstehen“. Damit könnte sich „die in diesem Bereich nachweislich besonders gute Versorgungssituation in Deutschland verschlechtern“. Zudem lasse sich nicht abschätzen, welchen Einfluss Marketingstrategien und kommerzielle Werbung zu frei erhältlichen Notfallkontrazeptiva und die dazu angebotene Beratung hätten.

Keine Zweifel an der Beratungsqualität in Apotheken hat dagegen der Deutsche Pharmazeutinnen-Verband. In seiner Stellungnahme wird auf langjährige Erfahrungen im Nacht- und Notdienst verwiesen: Hier sei noch jedes Arzneimittel ausreichend erklärt worden – „angefangen bei Antibiotikasäften, Pilzpräparaten zur vaginalen Anwendung über Hämorrhoidenpräparate und Migränearzneimittel“. Auch werde schon heute professionell zu Verschreibungen der „Pille danach“ beraten. Und nicht zuletzt: Für die Apotheken sei es schon immer selbstverständlich, Patienten in der Frage zu beraten, ob eine Selbstmedikation infrage kommt oder ein Arzt aufzusuchen ist.


Kirsten Sucker-Sket


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