ESTHER-Studie

Erhöhte Sterblichkeit bei Vitamin-D-Mangel

25.04.2013, 11:41 Uhr


Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und vom Epidemiologischen Krebsregister des Saarlandes untersuchten in einer großen Studie den Zusammenhang zwischen einem Mangel an Vitamin D und der Sterblichkeitsrate.

Studienteilnehmer mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel starben häufiger an Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und an Krebs, auch ihre Gesamtsterblichkeit war erhöht.

Vitamin D kann wahrscheinlich aufgrund seiner Hormonwirkung chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Infektionen beeinflussen. Demnach könnte eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung auch einen Effekt auf die Sterblichkeit der Bevölkerung zeigen.

Dieser Frage gehen Wissenschaftler in der ESTHER-Studie (Epidemiologische Studie zu Chancen der Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in der älteren Bevölkerung) nach, die vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Kooperation mit dem Epidemiologischen Krebsregister Saarland durchgeführt wird. Die Studie schließt knapp 10.000 Teilnehmer aus dem ganzen Saarland ein.

Vor allem im Winter war die Konzentration von Vitamin D im Blut vieler Studienteilnehmer besonders niedrig. Im Januar wiesen beispielsweise 24 Prozent der Probanden einen sehr niedrigen (<30 nmol/l 25-Hydroxyvitamin-D) und 71 Prozent einen niedrigen (<50 nmol/l 25-Hydroxyvitamin-D) Vitamin-D-Spiegel auf. Im Vergleich hierzu lag der Anteil der Studienteilnehmer mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten im Juli nur bei sechs Prozent, mit einem niedrigen Vitamin-D-Wert bei 41 Prozent.

Die Sterblichkeit war bei Studienteilnehmern mit sehr niedrigen und niedrigen Vitamin-D-Spiegeln statistisch signifikant höher als bei Probanden, die höhere Vitamin-D-Konzentrationen im Blut aufwiesen. Die Sterblichkeitsrate war innerhalb der achtjährigen Beobachtungszeit bei Personen mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten 1,7-fach und bei Teilnehmern mit niedrigen Vitamin-D-Werten 1,2-fach erhöht. Studienteilnehmer mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten hatten insbesondere ein erhöhtes Risiko, an einer Erkrankung der Atemwege zu versterben (2,5-faches Sterberisiko); auch erlagen sie häufiger Herz-Kreislauf- (1,4-fach) oder Krebserkrankungen (1,4-fach).

Dennoch wird die generelle, prophylaktische Einnahme von Vitamin D kontrovers diskutiert. Der Grund: randomisierte, kontrollierte Studien, die einen direkten Einfluss von Vitamin D auf die Sterblichkeit liefern sollten, zeigten bisher nur geringe Effekte. Bisher lässt sich nur feststellen, dass ein Zusammenhang besteht. Beweise für eine Kausalität zwischen Vitamin-D-Mangel und dem Auftreten bestimmter Krankheiten, wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gibt es bisher nicht. So könnte sich auch eine schwere Grunderkrankung negativ auf den Vitamin-D-Spiegel auswirken. Derzeit laufen einige große Untersuchungen, die weitere Erkenntnisse über den Einfluss von Vitamin D auf die Entstehung und den Verlauf bestimmter Erkrankungen liefern sollen. Bis gesicherte Erkenntnisse zur Vitamin-D-Supplementation vorliegen, empfiehlt der Erstautor der Studie, in der warmen Jahreszeit wohldosiert in Abhängigkeit vom Hauttyp Sonne zu tanken, um eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung sicherzustellen und ein Depot für den Winter anzulegen. Als Anhaltspunkt kann hier die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung dienen: von März bis Oktober, je nach Hauttyp, 5 bis 25 Minuten Sonnenbestrahlung pro Tag auf Gesicht, Hände und Unterarme. In einem Punkt sehen sich die Autoren in jedem Fall bestätigt: Vitamin-D-Mangel ist in Deutschland weit verbreitet, und es lohnt sich, daran zu forschen.

Literatur: Schöttker, B., et al.: Am. J. Clin. Nutr. 2013; Online


Dr. Bettina Hellwig / Julia Borsch