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Kommentar
Er ist wieder da
Thomas Bellartz. Mit neuer Brille und neuem Bart setzt er ein Statement: Hallo, hier bin ich wieder. Und er hat mal schnell ein Buch geschrieben: „Das Schleppnetz – Angriff auf den deutschen Apothekenmarkt“ heißt sein Erstlingswerk. Es erzählt „die Story der Versandapotheke DocMorris und vom Angriff des Pharmahändlers Celesio auf den deutschen Apothekenmarkt“.
Für alle, die den Namen Thomas Bellartz schon wieder vergessen haben: Er war einst Redakteur bei der Pharmazeutischen Zeitung in Eschborn, dann Leiter des PZ-Hauptstadtbüros. Von dort erfolgte der Sprung in die ABDA-Spitze als Pressesprecher – mit privater Medienagentur und Online-Branchenportalen im Hintergrund. Dann der Abgang von der ABDA 2011 im freien Fall – in sein selbstgeknüpftes Netz seiner Agentur Neuspree. Hier hatte Bellartz beispielsweise die Kommunikation für den oberschenkelamputierten Sprint-Star Heinrich Popow übernommen (Kontakt aus dem ABDA-Sponsoring für den Behindertensport) und die Fortentwicklung der Online-Branchendienste Gesundheit adhoc und Apotheke adhoc, an denen er in gewisser Weise selbst beteiligt ist (El Pato-Agentur), vorangetrieben.
Dann kam im Spätherbst der Staatsanwalt. Bellartz – „der Lobbyist“ – soll in seiner Zeit als ABDA-Pressesprecher einen IT-Mitarbeiter im Bundesgesundheitsministerium dafür bezahlt haben, dass dieser vertrauliche Dokumente, u. a. den Entwurf der Apothekenbetriebsordnung, an ihn weiterleite. „Spiegel online“ schrieb damals: Bellartz sei begabt, aber skrupellos. Bellartz angebliches Motto, so der „Spiegel“: „Eine Lüge am Tag geht immer.“ Bei der ABDA sei er immer auf sein eigenes Ticket gefahren, die ABDA habe ihn nicht wirklich interessiert.
Die Datenklauaffäre ist bis heute nicht aufgeklärt, die Ermittlungen dauern an. Bei der ABDA löste diese Affäre eine mittlere Vertrauenskatastrophe aus – mit Auswirkungen bis heute. Ein von der ABDA in Auftrag gegebener Prüfbericht über Zahlungen an die Bellartzschen Branchendienste spricht für sich.
Bellartz tauchte ab, war für Medien nicht mehr zu sprechen. Jetzt wissen wir, warum: er schrieb, nein, nicht über seine Zeit als Pressesprecher, und es ist auch keine Abrechnung mit der ABDA. Bellartz nahm sich eines seiner Leib- und Magenthemen vor, den Großhandel. Er schrieb ein Buch über DocMorris, Celesio und Politiker unter dem tatortverdächtigen Titel „Das Schleppnetz“.
Lesen konnten wir's noch nicht, es erscheint erst am 20. August zum Subskriptionspreis. Auch ein Vorabexemplar landete noch nicht auf unserem Tisch. Wenn man dem Ankündigungstext im Netz traut, dann ist es die Geschichte der Versandapotheke DocMorris mit Gründer Däinghaus, die Übernahme von DocMorris durch Celesio, der Versuch von Celesio, das Fremd- und Mehrbesitzverbot mithilfe von Justizministern und Politikern zu kippen. „Die Branche war in Aufruhr“, heißt es auf der Website (Werbebanner auf Apotheke adhoc, wo sonst). Und weiter: „Das Image der Branche bekam durch den erbitterten Kampf tiefe Risse. DocMorris hielt die hochtrabenden Versprechen nicht, Celesio schlidderte (?, gemeint ist wohl „schlitterte“) in die schlimmste Krise seiner Geschichte. Und Apotheken sind heute weithin ausgeblutet.“ Huhu, gruselig und dramatisch, diese Story. Ein echter Bellartz eben. Gut vorstellbar, dass im Buch scharf geschossen wird mit allerlei Behauptungen, Halbwahrheiten und Schlussfolgerung. Vorstellbar auch, dass mögliche Klagen dagegen schon als Teil der PR-Strategie fürs Buch einkalkuliert sind. Denn hinter dem Bellartzschen Buch steht kein großer Verlag, kein Vertriebsnetz, nur sein Unternehmen Neuspree Media GmbH, wo es direkt bestellt werden kann.
Ach ja, Neuspree Media, das Unternehmen sitzt in der Pappelallee 78-79 in Berlin an einem Coworking Mobile Suite-Arbeitsplatz. Das sind flexibel vermietete einzelne Arbeitsplätze „ganz ohne Investitionen in Infrastruktur oder Kautionen“. Vielleicht schreibt Bellartz dort schon an seinem nächsten Buch: „Der Lobbyist“.
Berlin - 06.08.2013, 16:31 Uhr