Novartis ./. Apozyt

Noch immer keine Entscheidung im Fall Lucentis

Hamburg - 27.08.2013, 15:19 Uhr


Heute hat sich das Landgericht Hamburg erneut mit der Frage befasst, ob ein spezialisierter Herstellerbetrieb das Augenarzneimittel Lucentis® auseinzeln und als Fertigspritzen vertreiben und bewerben darf. Allerdings fiel keine Entscheidung. Das Gericht hielt die vom Hersteller Novartis gestellten Anträge in dieser Form für unbegründet. Es gab der Klägerin aber Gelegenheit, sie umzustellen.

Im Mai 2011 hatte Novartis Klage gegen Apozyt eingereicht – eine Tochtergesellschaft der APOSAN GmbH, die auf die Herstellung patientenindividueller Sterilrezepturen spezialisiert ist. Novartis wollte unterbinden, dass Apozyt aus dem Inhalt von Lucentis®-Durchstechflaschen mehrere sterile Fertigspritzen aufzieht – und damit ein Geschäft macht. Anreiz hierfür gibt die Tatsache, dass eine Lucentis-Durchstechflasche 2,3 mg Ranibizumab in 0,23 ml Lösung enthält. Die empfohlene Einzeldosis entspricht jedoch nur einem Injektionsvolumen von 0,05 ml. Somit befinden sich in einem Fläschchen theoretisch bis zu vier Einzeldosen.

Novartis ist der Auffassung, Apozyt bedürfe einer gesonderten Zulassung für seine Fertigspritzen. Es habe seine berechtigten Gründe, dass die Durchstechflasche mehr Lösung enthalte als tatsächlich für eine Anwendung nötig. Die europäische Arzneimittelagentur EMA mache sehr genaue Vorgaben, wie die Entnahme zu erfolgen habe.

Das Landgericht Hamburg sollte über den Fall befinden. Es setzte das Verfahren jedoch aus und legte zunächst dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, wie der Herstellungsbegriff nach der für die Erstzulassung einschlägigen Norm vorliegend auzulegen sei. Die Luxemburger Richter urteilten im April, dass das Umfüllen eines Medikaments in eine kleinere Verabreichungsform dann nicht gesondert zulassungspflichtig sei, wenn es hierdurch nicht verändert werde. Zudem dürfe dieses Umfüllen nur auf Grundlage individueller Rezepte mit entsprechenden Verschreibungen geschehen. Feststellen, ob dies bei Apozyt der Fall sei, müsse allerdings das vorlegende Gericht. Und genau das macht das Landgericht Hamburg nun.

Das Urteil wird noch etwas auf sich warten lassen. Heute erließ das Landgericht zunächst einen Hinweisbeschluss (Az.: 416 HKO 78/11). Darin wird Novartis auferlegt, seinen Antrag zu präzisieren und weitere detaillierte Unterlagen vorzulegen. Der nächste Verhandlungstermin wurde auf den 8. Oktober 2013 festgelegt.

Bei APOSAN will man aus dem heutigen Tag und dem Hinweisbeschluss schon erkennen, dass es jedenfalls kein Totalverbot des Auseinzelns von Arzneimitteln durch pharmazeutische Hersteller geben wird. Der Beschluss sei ein „Schritt in Richtung unternehmerische Sicherheit“, sagte APOSAN-Geschäftsführer Dr. Clemens Künzer.


Kirsten Sucker-Sket