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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch
Endlich, die Apotheker stehen nicht mehr ohne da! Die ABDA hat einen neuen Pressesprecher gefunden. Reiner Kern heißt er. Ab 1. April gibt er den Apothekern in der Öffentlichkeit eine Stimme. Mein liebes Tagebuch, schon heute gäbe es viel zu sagen und zu verkünden. Wie auch diese Woche wieder zeigte. Zum Beispiel zur Austauschverbotsliste, zur „Pille danach“ und vor allem zur Apothekers Wunschliste wie Bürokratieabbau und Honoraranpassung und Nachwuchsförderung und Lieferengpässen und und und.
13. Januar 2014
Damit das mal klar ist: Die Substitutionsausschlussliste ist eine Austauschverbotsliste. Das stellten der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband fest. Also, wird ein Arzneimittel mit einem Wirkstoff verordnet, der auf der Liste steht, muss sich der Apotheker um pharmazeutische Bedenken keine Gedanken mehr machen. Abgegeben wird, was verordnet ist. Punkt. Wo kämen wir da auch hin. Hat der Apotheker dennoch Zweifel und Bedenken, ja, dann hilft ab 1. April nur noch, den Arzt zu kontaktieren und mit ihm die Zweifel zu klären. Derzeit stehen Ciclosporin und Phenytoin auf der Liste, weitere kritische Substanzen sollen folgen. Mein liebes Tagebuch, ja, ist eine solche Liste nun gut oder schlecht? Die Meinungen gehen auseinander. Fakt ist, jede Liste schränkt unsere Freiheitsgrade und unsere Kompetenz weiter ein. Mal ehrlich gesagt, so unter uns Pfarrerstöchtern, eine solche Liste ist doch überflüssig wie ein Kropf, oder? Mit dem Instrument der „Pharmazeutischen Bedenken“ in der Hand und dies verantwortungsvoll eingesetzt hätten wir wohl ein besseres Standing gehabt als mit einer „Austauschverbotsliste“.
Nun ist der Celesio-McKesson-Deal doch noch in letzter Minute geplatzt. McKesson hat die angestrebten 75% der Unternehmensanteile nicht bekommen. Und nun? Celesio bleibt mehrheitlich in den Händen von Haniel und ein eigenständiges Unternehmen. Aber wer weiß, was da noch in den Sternen steht. McKesson könnte es später noch einmal versuchen. Oder ein anderer Riese aus der Arzneihandelssparte könnte Interesse entwickeln. Da ist noch Musik drin.
14. Januar 2014
Den Arzneimittellieferdiensten, die im Netz ein Verkaufsportal für Arzneimittel anbieten und Bestellungen an teilnehmende Apotheken weiterleiten, ist sichtlich wenig Erfolg beschieden. Nachdem im Dezember die Lieferdienstplattform Dedendo Insolvenz anmeldete, wirft jetzt der Vitabote des Otto-Versands das Handtuch. Er wollte seine Dienste gerne deutschlandweit anbieten, was allerdings nicht gelang. Er kam kaum über Hamburg hinaus. Tja, mein liebes Tagebuch, von der Idee her war es vielleicht gar nicht so schlecht gedacht. Eine Versandhandels-Internetseite, der sich Apotheken anschließen können, an die dann die Bestellungen zur Auslieferung weitergeleitet werden. Aber irgendwie zündete die Idee doch nicht recht – oder Gebühren und Kosten ließen nicht genug von den Arzneimittelmargen übrig. Schon in den Anfangszeiten des Versandhandels kam mal die Idee auf, der Apothekerverband sollte eine Versandhandelsseite ins Netz stellen, an der alle Apotheken beteiligt sind. Eine Bestellung sollte zum Beispiel an die jeweils dem Patienten nächste Apotheke weitergeleitet werden. Vielleicht wär’s das gewesen.
Die „Pille danach“ soll ohne Rezept in der Apotheke erhältlich sein – dafür hat sich der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht ausgesprochen. Na, das ist doch ein deutliches Zeichen, wenn ein Gremium hochrangiger Experten die Abgabe dieses Präparats dem Apotheker zutraut. Dass nun einige Ärzte dagegen schießen oder ein CDU-Politiker wie Jens Spahn, der – mein liebes Tagebuch, nimm’s nicht übel, als Politiker eher weniger für dieses Thema prädestiniert ist – seine wenig gehaltvolle Pille-ist-nicht-Smarties-Diskussion lostritt, na ja. Spahn meinte sogar, ihm sei „die Intimsphäre der Patientinnen beim Apothekennotschalter mit Schlitz eher nicht gewahrt“. War er schon mal im Nachtdienst bei einer Apotheke? Nun, das nehmen wir mal alles so hin.
Aber dass einige Apothekerinnen und Apotheker einen solchen kleinen Kompetenzzuwachs schon im Vorfeld mit Argwohn sehen, schwer an Bedenken tragen und sogar die Störung im Nachtdienst wegen einer „Pille danach“ ins Feld führen – na, ich weiß nicht. Was in vielen anderen europäischen Ländern gang und gäbe ist und sich bewährt hat, wird hierzulande bereits im Vorfeld zerredet. Ist schon merkwürdig.
Und wie geht’s weiter? Wie der neue Bundesgesundheitsminister darüber denkt, ist noch unklar, die CDU will keine Freigabe, die SPD will sie – da ist noch ein bisschen Gerangel zu erwarten. Auch die Opposition aus Grünen und Die Linke spricht sich für die Freigabe aus. Und selbst die BAK sagt jetzt sogar, dass eine möglichst schnelle Verfügbarkeit der „Pille danach“ im Notfall wichtig sei und die Apotheker die Patientinnen kurzfristig versorgen könnten inklusive notwendiger Beratung. Jetzt warten wir mal, was passiert.
Noch ein Votum des Sachverständigenausschusses: Chininhaltige Präparate wie Limptar sollen in die Verschreibungspflicht, Nebenwirkungen sollen eingedämmt und Missbrauch (Ausmaß unbekannt) zusammen mit Loperamid verhindert werden. Ja, ja, das gute alte Chinin. Dann bleibt bei nächtlichen Wadenkrämpfen wohl nur noch Magnesium oder Schweppes, oder?
15. Januar 2014
Unser neuer Gesundheitsminister arbeitet sich ins Gesundheitswesen ein. Und will gleich ein neues Institut gründen – für mehr Qualität. Das Institut soll sämtliche Daten der Patienten zum jeweiligen Erfolg oder zu Problemen bei den einzelnen Behandlungen auswerten. Ziel ist eine online einsehbare Vergleichsliste zu Behandlungserfolgen der Krankenhäuser. Schlechte Qualität bedeutet weniger Geld für das Krankenhaus. Klingt alles gut, da sind neue Besen im Gesundheitsministerium am Werk, die wie immer gut kehren. Aber, aber…. mein liebes Tagebuch, haben wir nicht schon ein Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen? Haben wir! Ja, und wenn, wie zu vernehmen war, beispielsweise Krankenhäuser nur dann mehr Geld bekommen sollen, wenn sie der Qualität wegen im Jahr eine bestimmte Anzahl einer bestimmten Operation durchführen, dann lässt sich unschwer vorhersagen, dass plötzlich mehr und mehr Patienten auf dem OP-Tisch landen. So ist das nun mal mit dem Gesundheitswesen…
Pardon, Herr Minister Gröhe, wir möchten Ihnen ja nicht in Ihre Agenda reinreden. Aber was vielleicht noch ein bisschen dringender wäre als ein neues Institut: die Lieferprobleme bei stinknormalen Arzneimitteln in Deutschland! HAV-Vize Diefenbach schlug erneut Alarm: Es seien unhaltbare Zustände, dass es Herstellern nicht möglich ist, die Apotheken mit bestimmten Arzneimitteln zu beliefern. Es sei nicht abwegig, wenn man die Gründe dafür in den Rabattverträgen vermutet. Firmen belieferten lieber das Ausland, wo mittlerweile ein besserer Preis bezahlt wird und für den heimischen Markt bleibt nicht genug übrig. Ja, wär‘ da nicht mal ein offizieller Aufschrei von der ABDA angebracht?
Prinzipiell ein guter Vorschlag des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht: Der Arzt soll verpflichtet werden, Dosierungsangaben aufs Rezept zu schreiben. Und der Apotheker überträgt sie dann auf die Packung, oder? Hm, mein liebes Tagebuch, Prinzipiell gut. Wenn man als Apotheker nicht schon gebranntes Kinde wäre, könnte man’s nur begrüßen. Aber, wenn eine solche Vorschrift dann wieder dazu führt, dass sie die Kassen jubelnd als Grundlage zur Befriedigung ihrer Retaxationsgelüste nehmen, weil statt „3 mal täglich 1“ der Arzt „3 x tgl.1“ drauf schreibt oder die Angabe auch mal vergisst – nein, das kann’s nicht sein. Wenn solche Vorschriften kommen, dann nur ohne Retaxfallen!
Ab 1. April – ja, wirklich, kein Scherz – geht’s mit der ABDA wieder aufwärts, sie hat ein Sprachrohr. Mit Reiner Kern. Der gelernte und promovierte Politologe übernimmt die Leitung der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit in der Berliner Jägerstraße. Eine lange Vakanzzeit geht zu Ende. Und nachdem wir alle seinen Namen schon mal ausgiebig gegoogelt, gebingt und geyahoot haben (wir erinnern uns an den letzten Versuch der ABDA, einen Pressesprecher zu finden), dann steht nun einer erfolgreichen Sprecherkarriere nichts im Wege. Er kommt aus dem Lager der Zahnärzte, deren Pressesprecher er seit mehreren Jahren ist. Und Zahnärzte und deren Image in der Öffentlichkeit zu vertreten, ist doch fast noch schwererer als sich für Apotheker stark zu machen, gell, mein liebes Tagebuch? Vor diesem Hintergrund: das könnte was werden. Wir wünschen ihm von Herzen ein gutes Händchen und hoffen, dass er die Apotheker und wie sie ticken versteht.
Sie ist eine Grüne, aber anders gestrickt als Bender, Künast, Trittin und Roth: Barbara Steffens, Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen. In einem DAZ-Interview macht sie deutlich: Für sie sind Apotheker wichtige Akteure des heutigen und künftigen Versorgungssystems. Und sie glaubt nicht, dass Apothekenstrukturen umfassend liberalisiert werden müssten. Ketten lehnt sie ebenso ab wie Versandhandel für Arzneimittel und Sonderangebote für OTCs. Allerdings sagt sie auch: „Da, wo Heilberuf draufsteht, muss auch Heilberuf drin sein.“ Und sie sagt auch, dass die Kompetenzen der Apotheker nicht so genutzt werden, wie es eigentlich sinnvoll wäre. Recht hat sie. Mein liebes Tagebuch, vielleicht kann Frau Steffens helfen, das Standing der Apotheker zu verbessern. Auf alle Fälle: Frau Steffens ist unsere Frau der Woche.
16. Januar 2014
Wunschkonzert – was Apotheker wünschen, heißt das Programm. Zum Beispiel die Wunschliste aus Sachsen-Anhalt. Kammerpräsident Jens-Andreas Münch bringt die drei wichtigsten Wünsche vor: Gröhe möge das Problem des fehlenden pharmazeutischen Nachwuchses angehen, er möge etwas gegen Lieferengpässe unternehmen und für Entlastung in Sachen Bürokratie sorgen. Bingo. Können wir alles unterschreiben. Man kann nicht früh genug anfangen, seine Wünsche zu artikulieren. Was die Lieferengpässe betrifft: Es ist gut, dass aus Hessen und Sachsen-Anhalt die Aufschreie kommen, endlich etwas dagegen zu tun. Aber, mein liebes Tagebuch, wäre es nicht wirklich sinnvoll, dass ein deutlich hörbares „So geht’s nicht weiter“ von Berlin aus durchs Land schallt? Wunschkonzert – hoffentlich hat der neue Bundesgesundheitsminister auf Empfang gestellt.
17. Januar 2014
Und hoffentlich empfängt er dann auch die Apothekerwünsche aus Nordrhein. Thomas Preis, der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, erinnert zusätzlich daran, dass das Apothekenhonorar kontinuierlich angepasst werden muss und dass da noch die Anpassung der BtM-Gebühr und der Rezepturarbeitspreise ausstehen. Man kann’s nicht oft genug wiederholen. Da muss sich was tun!
Die „BasisApotheker-WL“ wollen bei der kommenden Kammerwahl in Westfalen-Lippe mit einer eigenen Liste antreten. Ja, das ist gelebte Demokratie. Findet sich eine Mehrheit – die Basis-Apotheker-WL rechnen sich aufgrund eines neuen Wahlverfahrens gute Chancen aus –dürfen sie in der neuen Kammerversammlung aktiv mitarbeiten. Mein liebes Tagebuch, ein Neujahrswunsch: Mögen sich in allen Kammerbereichen immer mehr Kolleginnen und Kollegen für die Mitarbeit in ihrer Kammer interessieren und engagieren. Auch in der Berufspolitik gilt: Wir brauchen Nachwuchs, der sich für den Apothekerberuf einsetzt.
19.01.2014, 08:00 Uhr