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Frauenarzt und Apotheker
Schlagabtausch zur „Pille danach“
Heute Nachmittag wird sich der Bundestag mit der „Pille danach“ befassen. Das Thema hat in den letzten Wochen zu hitzigen Diskussionen geführt – auch zwischen Apothekern und Ärzten. In der „Rhein-Zeitung“ lieferten sich Dr. Werner Harlfinger, Vorsitzender des Landesverbands der Frauenärzte Rheinland-Pfalz, und der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, einen Schlagabtausch.
Sollen Notfallkontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel in Zukunft rezeptfrei in Apotheken erhältlich sein? Über diese Frage gibt es seit Langem einen Streit – auf verschiedenen Ebenen. Die schwarz-rote Bundesregierung ist in diesem Punkt nicht einer Meinung. Die SPD-geführten Bundesländer stimmten bereits in der vergangenen Legislaturperiode zusammen mit den Grünen im Bundesrat für die Entlassung aus der Verschreibungspflicht. Doch das CDU-Lager und auch der Bundesgesundheitsminister lehnen die Freigabe strikt ab. Ärzte und Apotheker sind sich ebenfalls nicht einig.
„Wenn Frauen direkt zur Apotheke gehen könnten, um ihre Pille danach zu holen, sieht das auf den ersten Blick nach einer erstrebenswerten Unabhängigkeit aus“, beginnt Harlfinger seinen Gastbeitrag – das sei aber ein Irrtum. „Das hat nichts damit zu tun, dass Apotheker nicht das Bestmögliche für ihre Kundinnen tun würden.“ Aber: Zunächst müsste festgestellt werden, ob überhaupt eine Notfallverhütung erforderlich sei – oder ob die Kundin wieder weggeschickt werden sollte. „Nicht umsonst hat der Gesetzgeber es Ärzten untersagt, Arzneimittel an Patienten zu verkaufen, damit Ärzte ihre Entscheidungen für oder gegen eine medikamentöse Behandlung frei von wirtschaftlichen Überlegungen treffen können.“
Harlfinger betont außerdem die Bedeutung einer vertraulichen Beratung. Diese sei in der Notfallapotheke – durch Notdienstklappe oder Lautsprecheranlage – nicht möglich. „Deshalb sehen nicht nur Ärzte, sondern auch viele Apotheker die Rezeptfreiheit der ‚Pille danach‘ als sehr problematisch an.“ Die Rücksprache mit vielen Apothekern in Mainz, Wiesbaden und Rüsselsheim zeige, dass kaum einer für die Rezeptfreigabe der „Pille danach“ sei. „Eine Befragung von Apothekern zur Freigabe der Pille danach hätte wohl ein niederschmetterndes Ergebnis für die Apothekenkammer zur Folge.“
BAK-Präsident Kiefer schätzt dies offenbar anders ein: „Ich bin der Überzeugung, dass die Pille danach rezeptfrei werden sollte. Das ist nicht nur meine persönliche Meinung: Das höchste Gremium der deutschen Apothekerschaft hat im September 2013 einen entsprechenden Antrag beschlossen“, erklärt er zu Beginn seines Gastbeitrags. Ob ein Medikament rezeptfrei sei oder nicht, entscheide sich danach, wie gut verträglich es sei. Das Expertengremium des Sachverständigenausschusses habe mehrheitlich entschieden, dass die „Pille danach“ so gut verträglich sei, dass sie von Apotheken ohne Vorlage eines Rezepts abgegeben werden kann. „Wenn Interessengruppen oder die Politik dem wissenschaftlichen Votum dieser Expertengruppe grundsätzlich misstrauen würden, dann müssten auch alle anderen Entscheidungen zur Rezeptpflicht hinterfragt werden.“
Des Weiteren bestätigt Kiefer die vom gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, häufig zitierte Aussage, die „Pille danach“ sei „kein Smartie“. Doch das gelte genauso für jedes andere Medikament, betont er – egal, ob rezeptpflichtig oder nicht. „Arzneimittel sind ein besonderes, beratungsbedürftiges Gut. Das ist der Grund, warum Medikamente nur von Apotheken abgegeben werden dürfen.“ Denn Apotheker seien gesetzlich verpflichtet, über Medikamente zu informieren und die Patienten zu beraten. Im Zweifelsfall werde ein Patienten an den Arzt verweisen. Letztlich bestünden also weder wissenschaftliche noch Sicherheitsbedenken gegen eine Beratung und rezeptfreie Abgabe in Apotheken. Und auch moralisch betrachtet liege die Entscheidung darüber, ob eine Frau schwanger werden wolle oder nicht, bei der Frau selbst.
Berlin - 13.02.2014, 10:16 Uhr