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Bundestag
„Pille danach“ in Ausschuss verwiesen
Nach einer hitzigen Diskussion zur „Pille danach“ hat das Bundestagsplenum am Donnerstagabend die Anträge der Linken und Grünen, die eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht fordern, in den Gesundheitsausschuss verwiesen. Im Rahmen der Debatte wurden die in den letzten Wochen mehrfach thematisierten Argumente angesprochen. Der Bundesgesundheitsminister selbst war dabei nicht anwesend, um seine bislang nur über ausgewählte Medien geäußerte Meinung auszuführen.
„Dankenswerterweise“ hätte der Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) seine Meinung über die Medien mitgeteilt, sagte Birgit Wöllert (Linke). Man sei sich dabei auch völlig einig in Bezug auf den Beratungsbedarf. Allerdings nicht bei der Konsequenz: „Möchte Minister Gröhe damit sagen, eine Apothekerin oder ein Apotheker kann diese Beratung nicht durchführen? Damit sind wir ja nun überhaupt nicht einverstanden.“ Die „Pille danach“ solle es schließlich nicht am Kiosk oder im Supermarkt geben – sie bleibe apothekenpflichtig. Wöllert bezweifelte außerdem, dass in Deutschland eine zügige ärztliche Beratung meist innerhalb weniger Stunden möglich ist. Diese Annahme gehe in vielen Regionen des Landes schon längst an der Realität vorbei. Des Weiteren wies Wöllert auf eine Internetpetition zum Thema „Pille danach“ hin, die nach wenigen Tagen bereits über 21.000 Unterstützer fand.
Bei der Entscheidung, ob ein Medikament rezeptfrei erhältlich sein sollte oder nicht, dürfe nur die wissenschaftliche Bewertung entscheidend sein, nicht Ideologien und ökonomische Interessen Einzelner, kritisierte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche. Und LNG als Notfallkontrazeptivum gelte seit sehr vielen Jahren als wirksames und sicheres Arzneimittel. Die Gegner der Freigabe beschränkten sich in Deutschland indes auf „die organisierte Ärztelobby“ sowie Teile der CDU und CSU – „ich hoffe, dass das heute nicht mehr reicht“. Sie könne außerdem „beim besten Willen nicht verstehen, warum unsere hochqualifizierten Apothekerinnen und Apotheker nicht mindestens genauso gut diese Beratung leisten können, wie der Bereitschaftsdienst am Wochenende beispielsweise durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt“.
Auch vonseiten der SPD gab es deutliche Worte: Die „Kollegen von der Union“ wiesen in der Regel auf die qualitativ hochwertige Beratung durch den Apotheker hin, erklärte Karl Lauterbach – beim Thema „Pille danach“ bestünde die Gelegenheit, den Apotheker zu verteidigen, denn zum sicheren und wirksamen Wirkstoff Levonorgestrel könne dieser „ohne Wenn und Aber beraten“. Es gebe in der Apotheke andere Wirkstoffe wie ASS, Paracetamol, Ibuprofen, die unsachgemäß eingenommen viel gefährlicher seien. In der Summe mache es den Eindruck, als wenn die Freiheitsrechte der Frauen eingeschränkt werden sollten, als solle ein Exempel statuiert werden – nach dem Motto: „Ein bisschen Strafe muss sein, dann geht wenigstens zum Frauenarzt.“ Das sei aber nicht angemessen. Seine Kollegin Mechthild Rawert wies auf die vergleichbare Situation in den USA hin. Dort habe im letzten Jahr ein Gericht – gegen den Willen der Politik – die Freigabe der „Pille danach“ angeordnet, wie es die Arzneimittelbehörde schon seit Langem gefordert hatte.
Verteidigt wurde die Entscheidung des Gesundheitsministers unter anderem von der parlamentarischen Staatssekretärin, Annette Widmann-Mauz (CDU). Neben der Beratung zu den möglichen Nebenwirkungen gehe es auch um individuelle Hilfe für betroffene Frauen, etwa wenn sie vergewaltigt wurden. „Das ist mehr als die bloße Abgabe eines Medikaments“, sagte sie. Und es erfordere auch mehr als in der Regel am Nachtschalter einer Apotheke, einer Versandapotheke oder Pick-Up-Stelle geleistet werden könne. Die Information, Beratung und Untersuchung durch den Arzt sei daher erforderlich. Sie verwies außerdem darauf, dass in Ländern, in denen die „Pille danach“ ohne Rezept verfügbar sei, eine umfassende Dokumentationspflicht für den Apotheker bestehe. „Hatten Sie seit der letzten Periode noch ein anderes Mal ungeschützten Geschlechtsverkehr, wie schützen Sie sich normalerweise vor einer Schwangerschaft?“ – solche Fragen „bespricht eine Frau lieber vertraulich mit einem Arzt in der Praxis oder einem Krankenhaus als im Verkaufsraum einer Apotheke“, ist sich Widmann-Mauz sicher.
Berlin - 14.02.2014, 09:16 Uhr