Pille danach in den Niederlanden

„Wo ist das Problem?"

14.02.2014, 16:16 Uhr


Die „Pille danach“ – in Deutschland unter strenger Rezeptpflicht, in vielen europäischen Ländern frei in jeder Apotheke erhältlich. Auch in den Niederlanden. Eine niederländische Apothekerin erklärte mir, wie in ihrem Land die Abgabe der „Morning After Pil“ funktioniert. Und: In den Niederlanden gibt es die "Morning After Pil" auch in Drogeriemärkten.

Ganz einfach: Die Frau kommt in die Apotheke, verlangt die „Morning After Pil“. Die Apothekerin oder der Apotheker klärt anhand eines kleinen Fragenkatalogs ab, ob die Indikation passt. Falls ja, wird die „Morning After Pil“ abgeben, falls nicht, erfolgt der Verweis an einen Arzt. Das alles läuft ohne Probleme – schon seit über zehn Jahren.

Und was den Nachtdienst betrifft, so ist das in den Niederlanden schon seit vielen Jahren vollkommen anders als in Deutschland geregelt. Unmittelbar neben dem Hausarzt-Notdienst befindet sich eine „Dienst-Apotheke“, die quasi von allen Apothekerinnen und Apotheker des Ortes gemeinsam unterhalten wird. Der Apotheken-Nachtdienst, der mit dem Notdienst des Arztes synchronisiert ist, wird von PTA und jeweils einem Apotheker der umliegenden Orte in dieser Gemeinschafts-Nachtdienstapotheke durchgeführt. Die niederländische Apothekerin berichtete, sie müsse beispielsweise durchschnittlich zweimal im Jahr eine Woche in dieser Gemeisnchaftsapotheke Dienst leisten und alle zwei bis drei Jahre auch mal an einem Feiertag. Diese Gemeinschafts-Nachtdienstapotheke hat ab 17 Uhr normal geöffnet. Die „Morning After Pil“ wird dort genauso abgegeben wie tagsüber in einer normalen Apotheke.

Die derzeitige Diskussion in Deutschland um die Freigabe der „Pille danach“ konnte die niederländische Apothekerin überhaupt nicht nachvollziehen: „Wo ist das Problem?“ Warum soll das in einer deutschen Apotheke nicht genauso ablaufen können?“

Ja, wo liegt eigentlich das Problem? Bei Bundesgesundheitsminister Gröhe liegt es dem Vernehmen nach an der Nachtdienstklappe, beim Ärztekammerpräsident Montgomery an der seiner Ansicht nach nicht ausreichenden Beratung durch Apotheker und unzureichenden Diskretion. Nur sehr seltsam, dass im Nachbarland Holland dies alles überhaupt kein Problem darstellt. Die rein rhetorische Frage: Warum können die niederländischen Apothekerinnen und Apotheker die Beratung zur „Morning After Pil“ leisten und wir deutschen Apothekerinnen und Apotheker angeblich nicht? Liegt das wirklich an den Pharmazeuten – oder vielleicht doch an denen, die so eine schlechte Meinung über uns haben und uns nichts zutrauen? Und wenn Herr Montgomery meint, eine Frau benötige dringend ärztlichen Beistand und Beratung: Warum soll das nicht die Frau selbst entscheiden, wo sie lieber hingeht? Sie hätte doch die Wahl, zum nächsten Arzt oder in die nächste Apotheke zu gehen.

Und zum häufig gehörten Argument, die Beratung durch die Nachtdienstklappe einer Apotheke lasse die nötige Diskretion vermissen: Warum muss die „Pille danach“ nachts gekauft werden? In aller Regel reicht die Zeit aus, sie am nächsten Morgen in der Apotheke zu kaufen – mit diskreter Beratung im Beratungsraum.

Übrigens: In den Niederlanden gibt es die Morning After Pil auch in Drogeriemärkten – klar, nur mit Beratung an der Kasse durch die Kassiererin.


Peter Ditzel