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Die letzte Woche
Mein liebes Tagebuch
Sollte die ABDA mehr Präsenz zeigen? Mehr Biss haben? Was meinst Du, mein liebes Tagebuch? Wenn ich mir so die Themen der letzten Woche anschaue: ABDA schweigt zur Europa-Wahl, ist zu brav gegenüber Tests, macht keine Honorarvorschläge, geht zu wenig auf die Ärzte zu, kümmert sich zu wenig um den Nachwuchs – heißt es. Zum Glück gibt’s Super-Initiativen auf regionaler Ebene, Beispiele in dieser Woche sind Brandenburg, Nordrhein, Westfalen-Lippe, Bayern. Ist regional also viel mehr los als oben? Sieht so aus, mein liebes Tagebuch. Subjektive Wahrnehmung oder Realität?
12. Mai 2014
Die Rabattschlacht im Pharmagroßhandel zeigt Auswirkungen. Ein Füllhorn von Rabatten, mit denen sich die Großhandlungen seit 2012 überbieten wollen, drückt massiv auf die Gewinne. Pharmagroßhändler Phoenix schreibt bereits rote Zahlen. Auch Celesio kämpft mit sinkenden Gewinnen und hofft auf ein Ende der Schlacht im zweiten Halbjahr. Das Prekäre an der Sache: Von der Rabattschlacht weiß auch die Politik. Sie vermutet, dass immer noch zu viel Geld im Markt ist, das man für die Krankenkassen holen könnte. Mein liebes Tagebuch, was in diesem Markt seit über zwei Jahren abläuft, ist nicht gesund. Klar, wer Rabatte bekommt, freut sich und nimmt gerne mit, was er kriegt. Wenn Großhandlungen Rabatte freimütig anbieten, wird man dies kaum ausschlagen können („ach, soll ich auch mit einem halben Prozent weniger zufrieden sein?“). Da müssten sich schon die Großhandlungen selbst an der Nase fassen und den Rückzug antreten. Aber wer macht den Anfang?
Europa geht uns alle an, sollte man meinen. Auch uns Apotheker. Sollte man meinen. Nur die ABDA meint das nicht, oder? Zur bevorstehenden Europawahl jedenfalls gibt es kein offizielles Statement aus der Jägerstraße. Man habe entschieden, sich nicht zu äußern, hieß die lapidare Feststellung aus der Pressestelle. Mein liebes Tagebuch, das darf doch nicht wahr sein. Zieht sich die ABDA jetzt gänzlich aus der Politik zurück? Verschwinden die deutschen Apothekerinnen und Apotheker jetzt von der gesundheitspolitischen Bühne? Ist es da noch ein Wunder, wenn wir in der Politik nicht wahrgenommen werden? Die Ärzte nutzen die Plattform Europawahl, um gleich mit einem ganzen Katalog an Forderungen in die Öffentlichkeit zu gehen: mehr Individualität, mehr Selbstbestimmung, mehr Eigenverantwortung. Von den Apothekern kommt nichts. Einfach nichts. Mein liebes Tagebuch, es gibt eine Ausnahme: Immerhin, wandten sich Apothekerverband und Apothekerkammer Nordrhein in einem gemeinsamen Brief an die Kandidaten für die Europawahl und drückten ihre Sorge über die zunehmende Deregulierung aus, Beispiel Apothekenketten in Griechenland. Also, zehn Punkte für Nordrhein. So ein Brief wäre auch mit dem ABDA-Briefkopf ein gutes politisches Signal gewesen. Es bleibt die Frage: Warum kommt von der ABDA nichts?
Armin schleppt und schwächelt. Die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, einst als ABDA-KBV-Modell angedacht, ist offiziell am 1. April gestartet. Das erste Quartal ist zur Akquisition von Ärzten und Apothekern gedacht, die sich zum Mitmachen einschreiben sollen. Doch die sächsischen Ärzte zeigen nur wenig Freude daran. Der Hausärzteverband des Freistaates torpediert Armin offenbar immer noch und will stattdessen einen eigenen Hausärztevertrag mit der AOK Plus durchsetzen. Eine komplizierte Lage, meint Monika Koch, die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands. Und auch technisch sind die Arztpraxen Sachsens noch nicht aufgerüstet und mit der erforderlichen Software und Schnittstelle ausgestattet. Sachsens Apotheker sind dagegen bei der EDV-Anpassung „voll im Plan“. In Thüringen sieht die Lage besser aus: Bei den Apothekern und Ärzten dieses Bundeslandes soll Armin besser ankommen. Da fragt man sich doch, mein liebes Tagebuch: Was ist da los in Sachsen? Vermutlich liegt es wie immer an einzelnen Personen. Wenn es unter den Ärztefunktionären Querköpfe gibt, die ihr eigenes Süppchen kochen wollen, die eine Blockadehaltung verbreiten, ist das mehr als bedauerlich. Es wäre wirklich schade, wenn der Modellversuch nicht zustande käme. Da bekommen Ärzte und Apotheker eine Chance von der Politik, eine neue Art der Zusammenarbeit auszuprobieren – und dann schießen Ärzte quer. Wie soll da jemals ein besseres Miteinander, eine Vernetzung, wie sie im Leitbild angedacht ist, eine heilberufliche Zusammenarbeit zum Laufen kommen?
13. Mai 2014
Dass es auch anders geht, zeigt Brandenburg. Dort veranstalteten Apotheker- und Ärztekammer des Landes einen gemeinsamen 1. Apotheker- und Ärztetag. Mit Erfolg! Wow! Dass so etwas noch möglich ist – Hut ab! Und wieder liegt es an den einzelnen Menschen, die sich zusammenfinden und eine solche Idee realisieren: Apothekerkammerpräsident Jens Dobbert und Ärztekammerpräsident Udo Wolter können sichtlich miteinander. Beide sind der Überzeugung, dass Arzt und Apotheker noch enger zusammenrücken müssen, um eine Versorgung der Patienten auf hohem Niveau zu gewährleisten. Und so war das Thema die sichere patientenorientierte Versorgung mit Arzneimitteln. Dabei ging es beispielsweise auch um Rückmeldungen von Apothekern in Arztpraxen. Oder um die Entlassmedikation. Ein Fazit der Veranstaltung: Ärzte haben gelernt, dass es nicht immer leicht ist, Apotheker zu sein. Und umgekehrt. Der Brandenburgische Apotheker- und Ärztetag soll fortgesetzt werden. Ach, mein liebes Tagebuch, wie sagte eine Kommentatorin auf DAZ.online: „Hätten wir doch ein bisschen mehr Brandenburg überall...“ Wäre doch super, wenn diese Idee auch andere Länder aufgriffen! Auf jeden Fall: Jens Dobbert ist unser Mann der Woche!
Die Leitbild-Seite ist geschlossen, rund 900 Kommentare wurden abgegeben, jetzt beginnt die Auswertung. Und so viel steht schon fest: Der Entwurf wird wohl überarbeitet – in welchem Umfang, das wird man noch sehen. Auf jeden Fall will die ABDA schon auf ihrer Vorstandssitzung am 22. Mai die nächste schriftliche Fassung des Leitbilds diskutieren. Am 25. Juni soll der Text dann von der ABDA-Mitgliederversammlung verabschiedet werden. Dann bleibt er liegen und reift… bis zum Apothekertag am 17. September, wo über diese Fassung abgestimmt werden soll. Mein liebes Tagebuch, ist dann ein bisschen wie Weihnachten, oder?
Das geht ja Schlag auf Schlag. Erst die Stiftung Warentest mit dem Apothekentest, jetzt legt der NDR in seinem Verbrauchermagazin „Markt“ nach mit einem Hausapotheken-Check. Also, liebes Tagebuch, gefühlt sind die Apotheken Deutschlands die am meisten getesteten Läden und Dienstleister auf der Welt. Danke, lieber Pharmazeut Glaeske, dass Sie so ein unermüdliches Auge auf Ihre Kolleginnen und Kollegen werfen. Wir fühlen uns geschmeichelt, gell? Auch dieses Mal war Glaeske als Experte mit von der Partie und begutachtete das Ergebnis des Testkunden, der seine Hausapotheke in zwölf Apotheken checken ließ. Das Ergebnis fiel nicht zufriedenstellend aus. Und Glaeske findet, dass die Arzneimittel für die Hausapotheke maximal 30 Euro kosten dürfen. Ja, so was, wo steht denn das? Ein Video auf der ABDA-Website, in dem für einen solchen Hausapotheken-Check geworben wird, war übrigens der Anlass für den Test. Fazit des NDR-Tests: „sehr unterschiedliche Beratungsqualität“ und „oft schlecht beraten“. Man hatte sich mehr davon versprochen.
Die Apothekengewerkschaft Adexa möchte, dass die angestellten Apothekerinnen und Apotheker, die den Nacht- und Notdienst machen, besser bezahlt werden. Aber das will der Arbeitgeberverband ADA nicht. Der Konflikt ist da. Immerhin, ADA will mit Adexa reden, aber nicht verhandeln. Hm, geht das nach dem Motto „gut, dass wir darüber geredet haben“ und alles bleibt wie’s ist? Der ADA sagt, dass die die Notdienstpauschale vom Gesetzgeber als Strukturkomponente für die Apotheken ausgelegt sei und nicht als Basis für Teillohnsteigerungen dienen solle. Mag sein. Und Adexa möchte, dass Mitarbeiter an der Nacht- und Notdienstpauschale beteiligt werden. Warum eigentlich nicht? Das sieht nach mehr als nur Gesprächen aus.
Dem Nachwuchs auf der Spur ist die Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Da läuft was. Mit den dritten Münsteraner Gesprächen stellte die Kammer das Problem der Nachwuchsförderung in den Fokus. Man kann nicht oft genug darauf aufmerksam machen, schon in den Schulen, in den Abiturklassen für den Apothekerberuf zu werben. Man müsse alle Anstrengungen unternehmen, so Kammerpräsidentin Gabriele R. Overwiening, junge Menschen für die Berufsfelder in den Apotheken zu begeistern. Wie wahr! Gut gemacht! Und daher ist Gabriele Overwiening unsere Frau der Woche.
Spahn ist wieder da. Auf den Münsteraner Gesundheitsgesprächen zeigte sich der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion offen für eine verstärkte Rolle der Apotheken in Netzwerken, verwies auf das Modell Armin und meinte, man solle mal sehen, was dabei herauskommt. Und dann „sehen wir, wo eine Vergütung fließen kann“ – ja, mein liebes Tagebuch, so läuft das. Aber, so Spahn, „wenn Apotheker selbst entscheiden können, ob Beratungsleistungen erbracht und honoriert werden oder nicht, dann kommen sie in die Situation von Ärzten.“ In diesem Fall könnte, wie bei Ärzten, eine Budgetierung von Honoraren auf die Apotheke zukommen. „Ich weiß nicht“, so Spahn, „ob sich Apotheker das antun sollten“. Ist schon schlimm, mein liebes Tagebuch. Da ist noch gar nichts so richtig am Laufen, und schon wird den Apothekern mit Budgetierung Bange gemacht. Da kommt Freude am Mitmachen auf.
Und weil er, Spahn, ja Verständnis dafür habe, dass Apotheker an ihrer Honorarsituation etwas verändern wollen, rief er die Pharmazeuten erneut dazu auf, selbst neue Vorschläge zur Honorierung vorzulegen. Die Politik werde jedenfalls keinen Vorschlag machen. Also, wie oft wollen wir uns das noch vorhalten lassen? Wenn wir ein anderes Honorarsystem haben wollen, müssen wir selbst aktiv werden. Wie war das doch gleich mit der „ABDA-Arbeitsgruppe Honorare“?
Und, Spahn, die Zweite: Es bleibt, wie’s ist – bei der „Pille danach“. Erst zum Arzt und dann zur Apotheke. Das ist für Spahn keine Zumutung für die Frauen. Außerdem, so droht Spahn, könnte Pro Familia bei einer Freigabe der „Pille danach“ sich dafür stark machen, das Präparat selbst abgeben zu wollen. Huhu, wir zittern schon!
14. Mai 2014
Aus Sicht des Vorsitzenden des Bundesverbands deutscher Apothekenkooperationen, Stefan Hartmann, reagiert die ABDA auf Test-Kritik zu brav. Er fragt: Wer testet die Tester? Man sollte auch mal die Qualitätsstandards des Test-Instituts auf den Prüfstand stellen. Und er weist auf die fehlende Repräsentativität der Tests hin. Mein liebes Tagebuch, da ist was dran. Die Stiftung Warentest ist nicht unfehlbar. Methoden und Tests werden zunehmend hinterfragt.
15. Mai 2014
Apotheken punkten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen – ergab eine Umfrage des Konjunkturindex Apokix. Gut die Hälfte des pharmazeutischen Personals (52 %) arbeitet in Teilzeit. Bei den Frauen sind es sogar 57 Prozent, bei den Männern lediglich 29 Prozent. Teilzeitmodelle können für Arbeitgeber und Arbeitnehmer von Vorteil sein: mehr Flexibilität bei der Personalplanung. Was die Ausbildungsplätz in Apotheken betrifft, so zeigt sich bei den PTA eine leichte Steigerung. Bei den PKA dagegen sank die durchschnittliche Anzahl der Auszubildenden um mehr als 25 Prozent. Mein liebes Tagebuch, stirbt der Beruf der PKA langsam aus? Ist das Berufsbild zu unattraktiv? Wird eine PKA zu schlecht bezahlt? Oder beides? Oder geht es in der Apotheke auch ohne PKA? Das werden wir diskutieren müssen.
16. Mai 2014
Bayerischer Apothekertag in Nürnberg: volles Haus, ein gelungener berufspolitischer Auftakt mit knackigen berufspolitischen Forderungen und einer runden Leitbild-Diskussion, ein abwechslungsreiches Fortbildungsprogramm mit dem WIPIG-PZ-Präventionskongress, eine spannende Auszeichnung von herausragenden Präventionsprojekten und -ideen bei der Verleihung des WIPIG-DAZ-Präventionspreises. Und nicht zuletzt, wie es sich für Bayern gehört, ein kommunikativer und geselliger Fränkischer Abend. So geht Apothekertag.
Und das war Balsam für die geschundene Apothekerseele: die Grußworte der jungen, dynamischen und eloquenten Bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml: Wir brauchen Apotheker, sagte sie, Apotheker sind unverzichtbar. Für ihre Arbeit müssen Apotheker gerecht entlohnt werden, Apotheker müssen von ihrem Honorar auskömmlich leben können. Das Honorar muss regelmäßig überprüft und nötigenfalls angepasst werden. Ein angemessenes Honorar hilft auch, Apothekenschließungen auf dem Land zu stoppen. Außerdem: Die Entwicklung in Griechenland hin zu Ketten und OTC im Supermarkt hält sie für sehr problematisch. Mein liebes Tagebuch, so etwas haben wir schon lange nicht mehr gehört. Dafür könnten wir Melanie H. doch glatt umarmen, oder? Eine Politikerin, die den Wert des Apothekers wirklich anerkennt. Danke, liebe Ministerin. Und jetzt bitte noch rasch Spahn und Co. überzeugen. Melanie H., Sie schaffen das! Beim Nacht- und Notdienstfonds war Bayern doch auch eine treibende Kraft.
18.05.2014, 08:00 Uhr