Sedierung in Heimen

Initiative für weniger Psychopharmaka-Einsatz

Berlin - 30.06.2014, 13:29 Uhr


Das Amtsgericht München setzt sich für weniger Psychopharmaka in Alten- und Pflegeheimen ein. Es hat eine Initiative gestartet, um in Zusammenarbeit mit Ministerien und für die Betreuung zuständigen Stellen die Gabe von Medikamenten mit beruhigender oder sedierender (Neben-)Wirkung transparent zu machen und zu reduzieren, erklärt Gerichtspräsident Gerhard Zierl. Die Apotheker sind bislang nicht einbezogen.

Das Amtsgericht München ist zuständig für die Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen. Zudem muss immer dann, wenn ein Medikament mit sedierender Wirkung verabreicht werden soll, ohne dass der Hauptzweck der Medikamentengabe die Heilung des Patienten ist, eine betreuungsrechtliche Genehmigung vorliegen. Doch: Die Freiheitsrechte des einzelnen zu achten und zu schützen und so lang wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, sei eine grundlegende Verpflichtung unserer Gesellschaft, betonte Zierl.

In München nehmen 51,28 Prozent der Heimbewohner Psychopharmaka. Der Qualitätsbericht 2011/2012 der Münchner Heimaufsicht kommt zu dem Ergebnis, dass zu schnell zu viele Medikamente aus dieser Arzneimittelgruppe verabreicht werden. Viele Heimbewohner erhalten danach insgesamt fünf bis zehn und mehr Medikamente – ohne die Überprüfung von sich beeinflussenden Nebenwirkungen. Die Vergabezeiten seien ebenfalls problematisch. Zudem wird in dem Bericht festgestellt, dass es an einer grundlegenden Strategie fehlt, die ärztliches, betreuerisches und pflegerisches Handeln in Einklang bringt.

Das Amtsgericht München gründete daher im November 2013 eine Arbeitsgruppe, um eine Sensibilisierung im Umgang mit derlei Medikamenten zu erreichen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Beteiligten zu fördern. Ihr gehören Vertreter des Justiz- und des Ministeriums für Gesundheit und Pflege, örtliche Betreuungsbehörden, Fachstellen für Qualitätssicherung in der Altenpflege, Vertreter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Bayern und des Bayerischen Hausärzteverbandes an – Apotheker nicht. Es gehe bislang eher um das Verordnungsverhalten, erklärte eine Sprecherin des Gerichts gegenüber DAZ.online. Allerdings werde sie die Einbeziehung der Apotheker anregen.


Juliane Ziegler