Unwirksamer Hokuspokus?

Der „Scheiß des Monats“

Berlin - 10.09.2014, 15:09 Uhr


Die evidenzbasierte Beratung in der Selbstmedikation ist ein vieldiskutiertes Thema. Auch beim Deutschen Apothekertag in der kommenden Woche wird sich ein Antrag damit befassen. Jetzt hat „Spiegel Online“ in einer Kolumne eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgegriffen, in der dieser Bachblüten-Produkte als apothekenübliche Waren bestätigt hat – und beklagt, dass der „Scheiß des Monats“ in Apothekenschaufenstern leider nicht als solcher gekennzeichnet wird.

Der Spiegel Online-Kolumnist berichtet von einem Apothekenbesuch, bei dem ihm bewusst wurde, dass es in Apotheken durchaus auch „sehr unwirksamen Hokuspokus“ gebe. „Bachblüten, Algenextrakte – in Apotheken gibt es viele Produkte, die nicht die versprochene Wirkung haben“, schreibt er. „Bei welchem Notfall zur Hölle sollen Bachblüten helfen?“ Nach einer Recherche im Internet fragte er einen befreundeten Apotheker, wie dieser es verantworten könne, Kunden „so einen Quatsch“ zu verkaufen.

Dieser erklärt, er rate von Bachblüten immer vehement ab – aber wenn die Leute unbedingt wollten, verkaufe er sie. Wer an deren Wirkung glaube, dem helfen sie auch – „zumindest ein bisschen, der Placebo-Effekt ist stark“. Als Apotheker könne man wenig machen, gesteht der Kolumnist sodann ein, „wenn Kunden für den Placebo-Effekt unbedingt viel Geld ausgeben wollen“. Man könne nur versuchen, Aufklärungsarbeit zu leisten, damit „Menschen ihr Geld nicht für unwirksamen Unsinn ausgeben“.

Ein aus seiner Sicht gutes Beispiel dafür gab in den Neunzigern ein Apotheker, der in seinem Schaufenster den „Scheiß des Monats“ kürte – für nicht empfehlenswerte Produkte, für die in der Werbung falsche Versprechen gemacht wurden. Einen Rechtsstreit gegen diese Vorgehensweise gewann der Apotheker zwar grundsätzlich, durfte aber fortan nicht mehr die Formulierung „Scheiß des Monats“ dafür nutzen. Fazit des Kolumnisten: „‘Scheiß des Monats‘ findet sich immer noch in so manchem Schaufenster, es steht nur leider nicht mehr dabei.“

Hier kommen Sie zur Spiegel Online-Kolumne und einem verlinkten Interview zum Thema mit einem Pharmazeuten.


DAZ.online