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Reaktionen auf den AVR
Weniger Rechenfehler
Für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie liefert der 30. Arzneiverordnungs-Report (AVR) vor allem eine wichtige Erkenntnis: Der Anteil der Arzneiausgaben an den GKV-Gesamtausgaben ist in den letzten drei Jahrzehnten nahezu konstant geblieben – und das trotz älter werdender Gesellschaft und großem medizinischem Fortschritt. Von einer Kostenexplosion will der Verband daher nichts wissen. Damit zeigte der BPI fast die bissigste Reaktion auf den AVR.
1985 lag der Arzneimittelanteil an den GKV-Gesamtausgaben nach Angaben des AVR bei 15,2 Prozent, heute sind es 16,2 Prozent. Diese konstante Entwicklung macht laut BPI deutlich, dass bei den Arzneimittelausgaben nicht von einer sich weiter nach oben drehenden „Kostenschraube“ gesprochen werden könne, sondern nur von einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung.
„Wenn man bedenkt, welche immensen Verbesserungen wir seit 1985 erreicht haben und dass wir eine älter werdende Gesellschaft haben, die schlicht und ergreifend mehr Arzneimittel benötigt, dann sollte man nicht weiter das Märchen der Kostenexplosion erzählen“, kommentierte Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer den aktuellen AVR. Denn dieser Blick verkenne die Entwicklungen, die beispielsweise in der HIV-Therapie gemacht wurden: Hier gab es 1985 noch gar keine Therapie, aber heute stehen hochwirksame Arzneimittel zur Verfügung, die den Betroffenen eine fast normale Lebenserwartung ermöglichen.
Mit einer gewissen Befriedigung sieht der BPI, dass die AVR-Autoren bei ihren Berechnungen manche „Fehler“ nicht mehr begehen. Etwa bei Generika – mit dem Ergebnis, dass diese nun nicht mehr explizit in der Spar-Liste aufgeführt sind. Die AVR-Herausgeber begründen dies damit, dass die „freiwilligen Rabattzahlungen“ der Pharmaindustrie heute mit drei Milliarden Euro schon höher lägen als das 1997 berechnete Einsparpotenzial von 1,5 Milliarden Euro. Dies ist für Schwabe „ein weiterer Beleg, dass die überhöhten deutschen Arzneimittelpreise nur durch internationale Preisvergleiche und Ausschreibungen an das europäische Niveau angepasst werden können“.
Dr. Martin Weiser, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), sieht dies allerdings anders: „Die Entwicklungen bei den Rabattverträgen betrachten wir mit großer Sorge. Bereits heute gleicht der Abschluss von Rabattverträgen für die Hersteller mehr einem Preisdiktat als einer wettbewerbskonformen und marktgerechten Preisverhandlung“. Der BAH habe daher konstruktive Vorschläge eingebracht. „So halten wir es beispielsweise für dringend notwendig, eine sogenannte Karenzzeit für Ausschreibungen von mindestens zwei Jahren nach Patentablauf einzuführen“, so Weiser. Nur so könne sich ein nachhaltiger Wettbewerb im Generikamarkt entwickeln.
Auch für Pro Generika ist eine nachhaltige Arzneimittelversorgung ein wichtiges Ziel – mit dem AVR kommt man diesem aus Sicht des Verbands-Geschäftsführers Bork Bretthauer jedoch nicht näher. „Angesichts einer zunehmenden öffentlichen Debatte über Lieferengpässe auch aufgrund von Rabattverträgen, hätte man von der AOK gern gewusst, wie sie sich die Zukunft einer nachhaltigen und sicheren Arzneimittelversorgung vorstellt. Dazu leistet der AVR allerdings keinen Beitrag“, so Bretthauer.
Beim Verband Forschender Pharma-Unternehmen (vfa) zeigt man sich vergleichsweise unaufgeregt. Auch wenn die AVR-Herausgeber gerade bei den patentgeschützten Arzneimitteln noch viel Sparpotenzial sehen: Sie erkennen auch die gesunkenen Erstattungsbeträge an. Eine Erkenntnis, die auch schon in der vfa-Gegenpublikation, dem Arzneimittel-Atlas, nachzulesen ist.
Berlin - 23.09.2014, 16:43 Uhr