Arzneiversorgung im Krankenhaus

Lieferengpässe ein europaweites Problem

Remagen - 24.11.2014, 08:26 Uhr


Rund 87 Prozent der Krankenhausapotheker in Europa haben mindestens einmal im Monat Probleme bei der Beschaffung von Medikamenten: 66 Prozent täglich oder wöchentlich. Das zeigt eine Umfrage der Europäischen Vereinigung der Krankenhausapotheker unter mehr als 600 Teilnehmern in 36 Ländern. Das Hauptergebnis: Allerorten auf dem gesamten Kontinent gibt es Arzneimittelengpässe.

Knapp 52 Prozent der Befragten geben an, dass sie am häufigsten mit Lieferschwierigkeiten bei Originalarzneimitteln zu kämpfen hätten, bei rund 36 Prozent sind Generika (einschließlich Marken-Generika) die am stärksten betroffene Kategorie. Hinsichtlich der Indikationsbereiche führen antimikrobielle Mittel und onkologische Präparate die Mängelliste an. Mehr als 50 Prozent der Befragten berichten über entsprechende Versorgungsengpässe. Dann folgen Notfallmedikamente und kardiovaskuläre Mittel mit jeweils 30 und Anästhetika  mit 26 Prozent. In zwei Dritteln der Fälle dauerte die Verknappung mehrere Wochen an.

Drei Viertel der Befragten sind überzeugt, dass die Lieferschwierigkeiten sich in ihren Krankenhäusern nachteilig auf die Behandlung der Patienten auswirkten. Als konkrete Folgen werden verzögerte oder unterbrochene Chemotherapien, unnötige Nebenwirkungen, ein erhöhtes Risiko von Clostridium-difficile-Infektionen und Verschlechterungen der jeweiligen Erkrankungen angegeben. Außerdem entstünden hieraus enorme Kosten, weil zeitnah alternative Medikationen beschafft werden müssten.

EAHP-Präsident fordert EU zum Handeln auf

„Zwei Dinge schockieren mich immer wieder, wenn es um das Thema Arzneimittelengpässe in Europa geht“, sagte EAHP-Präsident Dr. Roberto Frontini bei der Vorstellung des Berichts in Brüssel. „Das eine ist dessen Umfang und das andere sind die bekannten Auswirkungen auf die Sicherheit und das Wohlbefinden der Patienten. Das Problem wurde viel zu lange unter den Teppich gekehrt.“

Der EAHP-Präsident fordert: „Wir brauchen eine verbesserte, frühzeitige Berichterstattung an das medizinische Fachpersonal über Lieferengpässe, inklusive der voraussichtlichen Dauer und verfügbarer Alternativen.“ Darüber hinaus fordert er Kriterien für eine gerechte Verteilung im Falle von Engpässen – „basierend auf den Bedürfnissen des Patienten und nicht auf kommerziellen Interessen“. Der Bericht mache deutlich, dass die Verknappungen zu einer grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohung geworden seien. „Die EU muss jetzt handeln.“

Quelle: Medicines Shortages In European Hospitals. Results of the largest pan-European survey on medicines supply shortages in the hospital sector, its prevalence, nature and impacts for patient care. The evidence and case for action. October 2014.


Dr. Helga Blasius