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DAZ.online-Wochenschau
Skandal um gefälschte Studien, Nutzloses vom IQWiG, ignorierte Apotheker
Es schien aus pharmazeutisch-fachlicher Sicht eine „normale“ Woche zu sein: negative Nutzenbewertungen vom IQWiG, Politiker ignorieren die Apotheker, noch immer Diskussion zur „Pille danach“. So weit, so wenig Neues. Bis am Freitag der Paukenschlag um gefälschte Studien aus Indien kam. Und die Folgen sind noch nicht überschaubar. Mehr dazu und vieles weitere können Sie in unserer Wochenschau lesen ...
Zulassungsstudien in Indien möglicherweise gefälscht: Die Zulassungen von mehr als hundert Medikamenten beruhen möglicherweise auf gefälschten Studien. Die französische Arzneimittel-Überwachungsbehörde hat neun Studien untersucht, die in Indien von einem Auftragsunternehmen durchgeführt wurden. Bei allen sei ein Teil der Ergebnisse gefälscht worden. Das indische Unternehmen arbeitet auch für deutsche Hersteller. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilte nun mit, dass sie mit der Suspendierung von Arzneimittelzulassungen begonnen habe, deren Zulassungsgrundlage Studien der indischen Firma GVK Bio waren. Dazu werde das Ruhen der Zulassung angeordnet, erklärt das Institut in einer Mitteilung. Somit dürfen die Arzneimittel so lange nicht mehr in Verkehr gebracht werden, bis der Zulassungsinhaber neue Studien mit Nachweis der Bioäquivalenz vorlegt. Betroffen seien nationale Zulassungen von Generika, für die GVK Bio zwischen 2008 und 2014 Bioäquivalenzstudien durchgeführt hat. Insgesamt prüft das BfArM derzeit im Rahmen eines Anhörungsverfahrens 176 Zulassungen von insgesamt 28 pharmazeutischen Unternehmen.
EMA gibt Entwarnung für Fluad: Vergangene Woche hatte die italienische Arzneimittelbehörde AIFA zwei Chargen des Grippe-Impfstoffs Fluad® aus dem Verkehr gezogen, da drei Patienten möglicherweise nach der Impfung gestorben waren und ein vierter schwer erkrankte. Der Pharmakovigilanz-Ausschuss für Risikobewertung der EMA kommt nun zu dem Schluss, dass es keine Beweise dafür gibt, dass Fluad® die Todesfälle in Italien verursacht hat. Da Fluad® bei Menschen ab 65 Jahren angewendet wird, darunter auch chronisch Kranke und Personen mit erhöhten gesundheitlichen Risikofaktoren, sind unerwünschte Ereignisse in zeitlichem, aber nicht ursächlichem Zusammenhang nicht unerwartet.
Rezeptfreie „Pille danach": Sollte die EU-Kommission der Empfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel der EMA folgen und ellaOne® freigeben, und sollte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe den OTC-Switch umsetzen, könnte die seit Jahren andauernde Diskussion ein Ende haben. Der ellaOne®-Hersteller HRA Pharma rechnet mit einer Freigabe ab März 2015. Zwar hatte Gröhe kurz nach der Freigabe-Empfehlung seine strikt ablehnende Position aufgegeben. Doch die nun anstehende Entscheidung der EU-Kommission ist nicht zwingend bindend für die Mitgliedstaaten. Diese können Ausnahmen regeln.
Kein Zusatznutzen für Daclatasvir: Zur Behandlung von Erwachsenen mit einer chronischen Hepatitis-C-Infektion steht seit August 2014 Daclatasvir (Daklinza®) zur Verfügung. Das IQWiG hat nun seine Nutzenbewertung bekannt gegeben: Gemäß seiner Methodik erkennt es für die Genotypen 1-4 keinen Zusatznutzen an. Der Hersteller habe zwar für bestimmte Patientengruppen mit dem Hepatitis-C-Virus vom Genotyp 1 und für Patienten mit dem HCV-Genotyp 4 Daten vorgelegt, so das IQWiG, diese seien aber für den Nachweis eines Zusatznutzens nicht geeignet.
Keine Belege für Nalmefen-Zusatznutzen: Wer viel Alkohol trinkt und aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, seinen Konsum zu reduzieren, kann medikamentöse Hilfe in Anspruch nehmen. Seit Februar 2013 steht dazu Nalmefen (Selincro®) zur Verfügung. Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung sieht das IQWiG einen Zusatznutzen für Nalmefen aber als nicht belegt an.
Apixaban hat beträchtlichen Zusatznutzen – bei Dicken: Patienten mit einem Body Mass Index über 28 kg/m2 profitieren laut dem IQWiG beträchtlich von einer Apixaban-Initialbehandlung (Eliquis®) tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien. Für weniger schwere Patienten ist der Zusatznutzen in der Initialbehandlung nicht belegt. Für die Langzeitprophylaxe hatte der Hersteller keine Daten vorgelegt.
Wichtige Arzneimittel (nicht) für alle: Nach einer internationalen Vergleichsstudie zur Verwendung wichtiger, innovativer Arzneimittel kommt Deutschland insgesamt nur auf Platz zehn. Die Untersuchung erstreckte sich auf sechzehn Kategorien von Arzneimitteln. Für jede Kategorie wurde der Gesamtverbrauch ermittelt und auf die gesamte Bevölkerung umgelegt. Deutschland hat den Spitzenplatz bei den multiple-Sklerose-Mitteln, neuen oralen Antikoagulanzien und Alteplase zur Schlaganfalltherapie inne. Auch neuere Krebsmittel (weniger als fünf Jahre auf dem Markt) werden vergleichsweise häufig verwendet. Bei den Osteoporosemitteln und den Statinen belegt Deutschland dagegen nur die Plätze elf und zwölf.
Aufklärungskampagne ohne Apotheker: In Deutschland sind rund 1,2 Millionen Menschen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängig. Um stärker für die Risiken zu sensibilisieren, haben Barmer GEK, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen und Bundesärztekammer eine Aufklärungskampagne gestartet. Neben einem Leitfaden und einem Manual für Ärzte haben sie auch einen Patientenflyer herausgegeben. Es wird die 4-K-Regel erläutert, die helfen soll, Schlaf- und Beruhigungsmittel richtig anzuwenden. Die vier K's stehen für klare Indikationsstellung, kleinste notwendige Dosis, kurze Anwendungsdauer und kein schlagartiges Absetzen. Nur Apotheker werden nicht erwähnt.
Neue Osteoporose-Leitlinie: Die S3-Leitlinie zu Prävention, Diagnose und Therapie der Osteoporose der postmenopausalen Frau und des älteren Mannes wurde aktualisiert. Neu sind modifizierte Empfehlungen zu Prophylaxe und Basisdiagnostik und zur Indikation für eine spezifische Therapie. Die Leitlinie unterscheidet Empfehlungen zu Calcium und Vitamin D bei Patienten mit oder ohne spezifische Osteoporose-Medikation. Personen mit einem hohen Sturz- oder Frakturrisiko und geringer Sonnenlichtexposition wird nun die Supplementierung mit 800 bis 1000 Einheiten Vitamin D3 täglich empfohlen. Die bisherige Spanne war mit 800 bis 2000 IE angegeben.
Positiv zusammen leben: Anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember ging es um das Zusammenleben und den Umgang mit HIV-positiven Menschen. Laut einer Umfrage weiß zwar nahezu jeder, wie das HI-Virus übertragen wird. Doch wenn es um den alltäglichen Kontakt mit HIV-Positiven geht, gibt es nach wie vor Ängste und Unsicherheiten. Zum Beispiel wissen nur wenige, dass beim Küssen kein Ansteckungsrisiko mit HIV besteht.
Krebsgene lokalisiert: Ein internationales Wissenschaftlerteam hat den weltweit größten Katalog von Interaktionen von Proteinen im menschlichen Körper veröffentlicht, die zur Ermittlung von Krebsgenen beitragen könnten. Er deckt 14.000 Interaktionen zwischen Proteinpaaren ab und ist vier Mal größer als alle vorherigen Kataloge. Ziel des Projektes ist eine komplette Karte aller Protein-Interaktionen im menschlichen Körper, eines Handbuchs für die menschliche Zelle.
Weniger Versuchstiere: 2013 wurden in Deutschland knapp drei Millionen Wirbeltiere in Tierversuchen und für andere wissenschaftliche Zwecke eingesetzt. Damit ist die Zahl erstmals seit mehreren Jahren gesunken. Ab kommendem Jahr sollen nach der neu gefassten Versuchstiermeldeverordnung die Meldungen nach einem europaweit gemeinsamen Format erfolgen.
06.12.2014, 07:46 Uhr