Zytostatika-Apotheker vor Gericht

Bundesgerichthof sorgt für Freisprüche

Berlin - 15.12.2014, 11:35 Uhr


Nicht strafbar: Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in Leipzig hat letzte Woche in zwei Revisionsverfahren, in denen es um die Abgabe von Zytostatika ging, die Apotheker aus Arzneimitteln ohne deutsche Zulassung zubereitet hatten, seine Urteile verkündet. Während der 1. Strafsenat des BGH in einem ähnlichen Fall im Jahr 2012 eine Strafbarkeit des Apothekers angenommen hatte, sind in den norddeutschen Verfahren die Pharmazeuten rechtskräftig freigesprochen worden.

Seit Jahren beschäftigen die Zyto-Verfahren Gerichte in ganz Deutschland. Die zugrundeliegenden Sachverhalte sind stets vergleichbar: Den Apothekern wird vorgeworfen, Krankenkassen bei der Abrechnung von durch die Apotheke selbst hergestellten Zytostatika getäuscht und Arzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr gebracht zu haben. Dazu hätten sie die für die Zubereitung nötigen Arzneimittel ohne deutsche Zulassung im Ausland gekauft, um sie in besagten Zubereitungen zu verwenden. Die Krankenkassen brachten dies zur Anzeige.

1. Senat: Strafbares Inverkehrbringen von Fertigarzneimitteln ohne Zulassung

Der 1. Strafsenat des BGH hatte bereits in einem Aufsehen erregenden Urteil vom 4. September 2012 einen ähnlichen Fall aus München entschieden. Er hielt den Apotheker für strafbar, verwarf den Freispruch der Vorinstanz und verwies die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts München. Der Senat vertrat die  Auffassung, dass der angeklagte Apotheker durch die Zubereitung einer Injektionslösung nicht etwa ein Rezepturarzneimittel hergestellt habe, das keiner Zulassung bedürfe, wie es das Landgericht angenommen hatte. Dem pulverförmigen Fertigarzneimittel Gemzar sei lediglich Kochsalzlösung beigefügt worden – ein neues Arzneimittel sei dabei nicht hergestellt worden. Das ursprüngliche Arzneimittel sei damit ohne die erforderliche Zulassung in den Verkehr gebracht worden.

5. Senat: Frage der Rezepturherstellung offengelassen

In Leipzig ging es nun zum einen um ein Verfahren gegen zwei Krankenhausapotheker. Das Landgericht Kiel hatte sie in erster Instanz freigesprochen. Beiden Angeklagten wurde ein Tatbestandsirrtum zugutegehalten. Danach handelt nicht vorsätzlich, wer bei der Begehung einer Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand der Strafvorschrift gehört. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Rechtsmittel gegen die Freisprüche ein.

Am 26. November 2014 verhandelte diese der BGH in Leipzig (Az. 5 StR 136/14), der unter anderem für Revisionen über erstinstanzliche Urteile aus schleswig-holsteinischen Landgerichten zuständig ist. Wie der Strafverteidiger in diesem Verfahren, der Kieler Rechtsanwalt Axel Höper, mitteilt, hat der 5. Senat bei der Urteilsverkündung ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei den verwendeten Arzneimittel um Rezeptur- oder Fertigarzneimittel handelt – ganz anders als seinerzeit der 1. Senat. Die Leipziger Richter hielten es vielmehr für maßgeblich, dass die beteiligten Krankenkassen selbst davon ausgegangen seien, dass es sich bei der Herstellung von Zytostatika um eine Rezepturherstellung handele. Bei Rezepturarzneimitteln komme es aber nicht darauf an, ob die dabei verwendeten Mittel eine deutsche Zulassung haben, zumal es sich um Produkte handelt, die ohnehin nur in einer Fabrik weltweit hergestellt werden.

Dem Anwalt zufolge führte der 5. Strafsenat im Verkündungstermin weiter aus, dass ein Betrug damit nicht gegeben sei. Es scheitere dabei schon an der Täuschungshandlung. Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften seien aufgrund des Irrtums der Apotheker auch nicht gegeben. Den Irrtum bewerte der BGH ebenso wie das Kieler Landgericht als Tatbestandsirrtum.

In einem weiteren Fall ging es um einen Apotheker, der vom Landgericht Braunschweig zunächst verurteilt worden war. Dieses Urteil wurde nun vom BGH aufgehoben – auch für diesen Apotheker endete das Verfahren mit einem Freispruch (Az. 5 StR 405/13).


Kirsten Sucker-Sket


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