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NDR-„Markt“ hat getestet
Apotheker nur Spielball der Pharmahersteller?
Sie sollen schnell gegen Halsschmerzen wirken, schmerzlindernd sein oder entzündungshemmend – so bewirbt die Pharmaindustrie ihre Halsschmerztabletten. Das erwarten auch die Käufer. Und sie erwarten, dass Apotheker die nötigen Fachkenntnisse besitzen, um ihnen ein Präparat zu verkaufen, das tatsächlich gegen Halsschmerzen hilft. Ob das so ist, hat NDR-„Markt“ getestet und kommt zu dem Ergebnis: Apotheken lassen sich offenbar zu sehr von Pharmafirmen beeinflussen.
In den zehn getesteten Apotheken wurden den Testkäufern insgesamt zehn Dobendan®-Produkte verkauft, in einem Fall gleich in zweifacher Ausführung (Dolo-Dobendan® und Dobendan® Direkt). „Das scheint ein Dobendan-Jahr zu sein“, zeigt sich der Arzneimittelexperte Gerd Glaeske im Beitrag erstaunt. Dabei könne Dolo-Dobendan® allergische Reaktionen auslösen. Und Dobendan® Direkt enthalte das Schmerzmittel Flurbiprofen aus der Reihe der Rheumamittel. Bei diesem Präparat wisse man überhaupt nicht, „ob es vernünftig wirkt, wenn man es in diesem Sinne lutscht“. Der Hersteller Reckitt Benckiser verweist hingegen darauf, dass Dobendan® Direkt dank der lokalen Anwendung eine wirksamen Linderung der Halsschmerz-Beschwerden ermögliche.
Apotheker als verlängerter Arm der Hersteller
In vielen Apotheken werden Dobendan®-Produkte besonders prominent platziert, konstatiert die „Markt“-Redaktion – immer griffbereit, teilweise sogar im Angebot. Der Hersteller selbst lobt sie auf seiner Internetseite als „Die Nr. 1 bei Halsschmerzen“ und macht auch im Fernsehen „massiv Werbung“. Außerdem sei im Internet zu lesen, dass Reckitt Benckiser seinen Außendienst in den Apotheken verstärken wolle. „Um dort um die Gunst der Apotheker zu werben“, wird im Beitrag gemutmaßt. Gegenüber „Markt“ erklärt der Hersteller: „Unser Außendienst versteht sich als Partner, der in Apotheken Informationen (…) vermittelt.“ Und: „Unsere Ansprechpartner in der Apotheke schätzen diesen Service.“ Offenbar rechne sich das, so „Markt“.
Lassen sich Apotheker zu sehr von Pharmafirmen beeinflussen? „Einige Fertigarzneimittel werden stark beworben“, erklärt die ABDA gegenüber „Markt“. Den Einfluss auf die Vorratshaltung von Apotheken könne man aber nicht beurteilen. „Man kann den Eindruck haben, dass der Apotheker der passive verlängerte Arm vom Hersteller ist“, kommentiert Glaeske. „Und genau das ist das Bild, das ich eigentlich nicht akzeptiere.“ Der Hersteller habe seine eigenen Interessen – Apotheker seien aber Heilberufler, Fachleute für Arzneimittel und deren Inhaltsstoffe. Er erwarte daher, dass der Apotheker jenseits des Interesses des Herstellers „seine eigenen Interessen in den Vordergrund stellt, nämlich als der akzeptiert zu werden, der als Arzneimittelfachmann eine Verantwortung hat“.
Glaeske: Bonbons statt Dobendan
Übrigens: Auch dem ein Mal verkauften Lemocin® kann Glaeske nichts abgewinnen. Lokalantibiotika sollten nicht verwendet werden, da sie Resistenzen begünstigen könnten, erklärt er. Letztlich rät Glaeske bei Halsschmerzen zu – möglichst zuckerfreien – Hustenbonbons: Das Lutschen habe den Effekt, dass der Speichelfluss angeregt werde und sich dadurch auch entzündungshemmende und schmerzhemmende Wirkstoffe mehr im Mundbereich verteilten. Außerdem seien sie günstig, ergänzt „Markt“. Nach Meinung der Redaktion wäre daher die richtige Empfehlung gewesen: günstige Bonbons und Salbeitee. Beides hätten die Apotheken in der Stichprobe leider nicht verkauft.
Hier geht’s zum NDR-Markt-Beitrag.
Berlin - 03.02.2015, 09:49 Uhr