Einspruch beim Europäischen Patentamt

„Ärzte der Welt“ wollen Sofosbuvir-Patent stoppen

Berlin - 11.02.2015, 08:49 Uhr


Das "Ärzte der Welt"-Netzwerk hat eigenen Angaben zufolge gestern beim Europäischen Patentamt (EPA) in München Einspruch gegen das Patent für den zur Hepatitis-C-Behandlung eingesetzten Wirkstoff Sofosbuvir (Sovaldi®) eingelegt. „Wir setzen uns für den universellen Zugang zu medizinischer Versorgung ein“, erklärt Dr. Jean-Francois Corty, Leiter der Inlandsprojekte von "Ärzte der Welt"-Frankreich. Auch in wohlhabenden Ländern wie Frankreich, Deutschland oder England gefährde der Preis von Sofosbuvir die Existenz der solidarischen Gesundheitssysteme.

Wie die deutsche Sektion der humanitären Organisation mitteilt, ist es das erste Mal in Europa, dass eine medizinische Nicht-Regierungs-Organisation diesen Weg wählt, um den Zugang zu Arzneimitteln zu verbessern. Wegen seines „1000-Dollar-Medikaments“ steht die US-Firma Gilead weltweit in der Kritik. In Indien wurde dem Wirkstoff im Januar bereits der Patentschutz verweigert.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind schätzungsweise zwischen 130 und 150 Millionen Menschen chronische Träger des Hepatitis-C-Virus. Innerhalb der EU sind zwischen 7,3 und 8,8 Millionen Menschen mit Hepatitis C infiziert. Experten sind sich wohl bewusst, dass Sofosbuvir für diese Patienten ein großer therapeutischer Fortschritt ist. Allerdings gibt es auch die Meinung, dass die Molekularstruktur auch das Ergebnis der Arbeit von zahlreichen staatlichen und privaten Forschungseinrichtungen sei und daher nicht den alleinigen Anspruch auf ein Patent durch Gilead rechtfertige. Der Wirkstoff Sofosbuvir findet sich übrigens nicht nur in Sovaldi®, sondern auch in Gileads Kombipräparat Harvoni® (+Ledipasvir).

Darum der Einspruch gegen das Patent. Mit Unterstützung des internationalen Netzwerkes I-MAK (Initiative For Medicines, Access & Knowledge) und des Patentanwalts Lionel Vial will die Hilfsorganisation die Berechtigung des Patentes anfechten. "Ärzte der Welt" weist darauf hin, dass Patenteinsprüche in der Vergangenheit bereits von zivilgesellschaftlichen Organisationen genutzt wurden – zum Beispiel in Indien, Brasilien, USA oder Ägypten –, um bereits erteilte Patente aufzuheben und die Herstellung von kostengünstigeren Generika zu ermöglichen.

Das EPA bestätigte den Eingang des Einspruchs gestern noch nicht. Es wird ohnehin seine Zeit brauchen, bis es in der Sache für Europa eine Entscheidung gibt. Die Firma erhalte nun einen Einspruchstext. „Wenn das Verfahren ins Laufen kommt, wird es sicherlich zwei bis drei Jahre dauern, bis man die erste Instanz abschließt“, sagte EPA-Sprecher Rainer Osterwalder.

Mehr zu dem Thema und zur Haltung des "Ärzte der Welt"-Netzwerkes: patentopposition.medecinsdumonde.org


Kirsten Sucker-Sket/dpa