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Die Posse um den OTC-Switch der „Pille danach“ wächst sich zum veritablen Chaos aus. Weil auf der strikten Einhaltung bürokratischer Regeln bestanden wird und weil sich viele Beteiligte offenbar keine großen Gedanken über die Folgen ihrer Entscheidungen machen, steht am Ende eine Gruppe im Regen: die Apotheker. Ein Kommentar von Benjamin Wessinger.
Seit Januar ist die „Pille danach“ ellaOne® europaweit nicht mehr rezeptpflichtig. Für Deutschland hat der Hersteller HRA angekündigt, mit der Auslieferung neuer Packungen, die den Aufdruck „apothekenpflichtig“ tragen und neue Packungsbeilagen enthalten, zu warten, bis der Bundesrat der Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) zugestimmt hat. Das ist geschehen, die AMVV wurde heute veröffentlicht und tritt morgen in Kraft. Die neuen Packungen sind produziert und warten nun beim pharmazeutischen Großhandel auf die Auslieferung – davon wissen aber offensichtlich die Damen und Herren an den Telefonen der Dispo noch nichts.
Die Bundesapothekerkammer verkündete derweil am 6. März öffentlichkeitswirksam, die „Pille danach“ sei ab dem 15. März in den Apotheken ohne Rezept zu bekommen. Dass das ein Sonntag ist und zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht klar war, ob die neuen Packungen nicht erst am Montag, dem 16. März in den Apotheken liegen, wurde ignoriert (oder übersehen?) – und von „Tagesschau“ bis „Spiegel“ meldeten die Medien: „Pille danach“ ab 15. März rezeptfrei. Aufstöhnen bei den Apothekern, die am Sonntag Notdienst haben werden und nicht wissen, welche Packung sie unter welchen Voraussetzungen abgeben dürfen.
Am Freitagnachmittag meldet dann plötzlich „Apotheke adhoc“: Alles kein Problem, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe mitgeteilt, die geänderte AMVV gelte, sowohl Ulipristal- wie Levornorgstrel-haltige Notfallkontrazeptiva könnten ab Samstag ohne Verschreibung abgegeben werden – auch in der alten Packung.
Doch wer denkt, damit habe die Posse endlich ein Ende, der täuscht sich: Auf Nachfrage von DAZ.online bestätigt das BMG zwar, diese Aussage getan zu haben. Ob diese Rechtsauffassung auch wirklich richtig ist, das jedoch weiß man plötzlich nicht mehr. Man solle doch bitte beim BfArM und den Landesbehörden nachfragen. An einem Freitagnachmittag …
Denkt bei diesem ganzen Chaos eigentlich irgendjemand an die Apotheker, die das alles korrekt umsetzen müssen?
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