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- Einen Königsweg gibt es ...
Berlin - Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind auch in Deutschland zum Alltag geworden – mögen sie im internationalen Vergleich auch noch überschaubar sein. Auch bedeuten sie nicht zwangsläufig Versorgungsengpässe. Doch die Situation ist in den letzten Jahren kritischer geworden, die Aufmerksamkeit höher und die Debatte emotionaler. Wer nach den Ursachen der Engpässe fragt, muss feststellen: Hier kommt vieles zusammen, monokausal sind sie nicht erklärbar. Doch wie geht man mit der Tatsache um, dass immer wieder Arzneimittel fehlen – hierzulande und in anderen Ländern? Eine aktuelle Studie von IMS Health im Auftrag von Pro Generika hat sich genau dieser Frage angenommen und neben Deutschland sieben andere Länder auf ihre Ansätze gegen Lieferengpässe abgeklopft.
In dem Gutachten wird der Frage nachgegangen, welche Maßnahmen in den ausgewählten Ländern – USA, Kanada, Frankreich, Schweiz, Finnland, Niederlande und Großbritannien – ergriffen werden und ob diese tatsächlich zu einem Rückgang der Engpässe führen. Wie Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe bei IMS Health, erläuterte, erfolgte die Länderauswahl vor dem Hintergrund, dass Arzneimittelengpässe auch in diesen Ländern ein Thema sind, Generika dort eine große Rolle für die Versorgung spielen und der Umgang mit Engpässen immer wieder in der Diskussion ist.
Vergleichbare Ursachen...
Bei der Analyse zeigte sich, dass die Ursachen für Engpässe meist ähnlich sind. Zum einen gibt es herstellungsbedingte Engpässe. Diese liegen etwa an der Komplexität der Produkte (z.B. Impfstoffe), an Engpässen bei Ausgangsstoffen oder auch schlicht an Produktionsproblemen und zu geringen Kapazitäten. Daneben gibt es nachfragebedingte Engpässe, denen ein nicht planbarer Anstieg der Nachfrage zugrundeliegt. Nicht zuletzt kann Preis- und Rabattdruck derart auf die Unternehmen wirken, dass es zu Engpässen kommt – etwa weil sich nur noch wenige Anbieter für ein Arzneimittel behaupten können.
...ähnliche Maßnahmen...
Doch nicht nur die Ursachen, auch die hiergegen ergriffenen Maßnahmen sind ähnlich. So haben etwa alle untersuchten Länder Melderegister für Engpässe. Allerdings sind diese höchst unterschiedlich ausgestaltet, einige sind verpflichtend, andere – wie in Deutschland – freiwillig. Auch die Vorgaben, welche Arzneimittel zu melden sind, gehen auseinander. Ebenfalls verbreitet ist die Pflicht, außer Vertrieb genommene Arzneimittel zum melden – nur UK sieht dies nicht vor. Kanada, Schweiz und die USA sehen überdies beispielsweise eine beschleunigte Zulassung für Produkte oder Produktionsanlagen vor, wenn es zu Engpässen kommt. In Finnland, der Schweiz und den Niederlanden setzt man auf eine Liste essenzieller Arzneimittel, die stets vorrätig zu halten sind – in Deutschland gibt es für ein solche ebenfalls schon Vorbereitungen.
...aber keine durchschlagende Wirkung
Allerdings muss auch im IMS das Fazit ziehen: Keine der etablierten Maßnahmen führte in den untersuchten Ländern vollständig oder weitgehend zu einer Vermeidung von Engpässen. „Es gibt keinen Königsweg“, konstatiert auch der Pro Generika-Vorsitzende Wolfgang Späth. Bestenfalls könnten die Probleme minimiert werden. Aber klar sei auch: Lösungen könnten nur erfolgreich sein, wenn sie an den Ursachen ansetzen. Hier sei ein pragmatisches und aktives Engpassmanagement der Stakeholer – also der Hersteller, Kliniken, Apotheken, Großhändler und Behörden – nötig. In den Niederlanden und in Kanada gebe es solche Ansätze bereits.
Risikofaktor Kostendruck
Im Bereich der Generika sieht sich Pro Generika durch die Studie zudem in einer Annahme unterstützt: Einer der besonderen Risikofaktoren für Engpässe ist der Kostendruck. So zögen sich Hersteller etwa aus bestimmten Wirkstoffmärkten zurück. Für einige Substanzen – allen voran bei Antibiotika – gibt es nur noch drei Anbieter, die den Markt unter sich aufteilten. In Deutschland werde den Herstellern das Leben zudem durch kurzfristige Rabattverträge schwer gemacht. Ihnen blieben häufig nur zwei bis vier Monate zwischen Bezuschlagung und Vertragsbeginn.
Um sich auf die erwartete Produktionsmenge einzustellen, wäre jedoch ein Vorlauf von rund sechs Monaten angemessen, so Späth. Hier wünscht er sich mehr Planbarkeit für die Unternehmen. Helfen würde aus seiner Sicht auch, wenn es ein Ausschreibungsmoratorium von zwei Jahren nach Patentablauf gäbe. So hätten Generika – oder auch Biosimilars – eine Chance sich auf dem Markt zu behaupten und einen Wettbewerb zu entfachen. Mit Rabattverträgen schon vor Patentablauf würde das Wachsen einer Anbietervielfalt hingegen schon im Keim erstickt.
Hier können Sie das Gutachten „Arzneimittelengpässe“ von IMS Health als pdf herunterladen.
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