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Süsel – Kommunikation ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Gesundheitssystem und zum Wohl der Patienten. Was das im modernen Versorgungsalltag bedeutet, haben mir am vorigen Wochenende zwei Randbemerkungen von Referenten beim Fortbildungskongress der Apothekerkammer Schleswig-Holstein in Damp wieder einmal deutlich gemacht.
Prof. Dr. Jens-Martin Träder, niedergelassener Allgemeinmediziner, der dieses Fach auch an der Uni Lübeck lehrt, erklärte zur möglichen Wechselwirkung zwischen Clarithromycin und Simvastatin, er verordne den Patienten, während der Antibiose Simvastatin wegzulassen. Ein Apotheker empfahl, dies zur besseren Kommunikation auf dem Rezept zu vermerken. Doch Träder entgegnete, die Krankenkassen sähen solche Ergänzungen auf Rezepten als problematisch an, weil sie die Abrechnung erschweren würden.
Perspektiven verändern sich
Für mich zeigt dies wieder einmal, wie sich die Perspektiven im Gesundheitswesen verändern. Das Rezept war über Jahrhunderte das Kommunikationsmittel zwischen Arzt und Apotheker. Nun ist es offenbar zum reinen Abrechnungsbeleg umfunktioniert worden, der ganz anderen Zielen verpflichtet ist. Ausgerechnet in einer Zeit, in der der Informationsaustausch immer wichtiger wird, wird ein bewährtes Kommunikationsmittel zweckentfremdet.
Stattdessen soll nun für die Kommunikation unter Heilberuflern eine teure, fehler- und manipulationsanfällige elektronische Kommunikation geschaffen werden, die allen Beteiligten zusätzlichen Aufwand macht. Mein Vorschlag ist dagegen einfacher: Wenn die Vorderseite des Rezepts von Bürokraten vereinnahmt wird, bleibt den Heilberuflern immer noch die Rückseite. Da ein Drucker diese nicht beschreiben kann, wäre sie für handschriftliche Hinweise zum Umgang mit den Arzneimitteln bestens geeignet.
Gefahr juristischer Auseinandersetzungen
Über ein anderes Kommunikationsproblem mit viel größeren Folgen berichtete Prof. Dr. Petra Thürmann, als Autorin der Priscus-Liste bekannt. Sie stellte den Fall einer über 80-jährigen Digitalis-Patientin vor, die mit einem Delir hospitalisiert wurde. Ihr Problem sei als Digitalis-Intoxikation aufgrund einer zu hohen, nicht altersgerechten Dosierung erkannt und zunächst gelöst worden. Doch der niedergelassene Arzt habe wieder die zu hohe Dosis verordnet und das Problem habe sich wiederholt. Als die Behandlung aufgegeben und die Patientin zum palliativen Fall erklärt worden sei, seien fast alle Arzneimittel abgesetzt worden – dann habe sich ihr Zustand schnell gebessert.
Das Problem lag offenbar in der unzureichenden Kommunikation zwischen Krankenhaus und Arzt. Auch die möglichen Hintergründe dazu wurden in Damp angesprochen. Demnach stehen in Entlassungsbriefen zwar neue Medikationsempfehlungen, aber typischerweise keine Hinweise auf vorherige Medikationsfehler. Die Gefahr juristischer Auseinandersetzungen erscheine offenbar zu groß. Außerdem möchte wohl kein Krankenhaus potenzielle Einweiser verärgern.
Fremder Zweck behindert Kommunikation
Auch in diesem Fall droht ein fremder Zweck – hier die juristische Aufarbeitung – die viel wichtigere Kommunikation zu behindern. Dass neue elektronische Übertragungswege dieses Problem lösen, bleibt zu bezweifeln. Vielleicht sollte ein Krankenhausarzt, der eine so klare Lösung erkennt, einfach einmal zum Telefon greifen und seinen niedergelassenen Kollegen anrufen. Denn letztlich kann das komplexe Gesundheitswesen, deren Akteure immer mehr spezialisiert sind, nur durch Zusammenarbeit funktionieren. Das erfordert gute Kommunikation – und die findet auch im elektronischen Zeitalter noch immer unter Menschen statt.
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