Korruption im Gesundheitswesen

Badle: „Ein hochexplosives Gemisch“

20.04.2015, 14:25 Uhr

Achtung! Bestechung und Bestechlichkeit ist bald auch für niedergelassene Ärzte und Apotheker strafbar! (Foto: slasnyi/Fotolia.com)

Achtung! Bestechung und Bestechlichkeit ist bald auch für niedergelassene Ärzte und Apotheker strafbar! (Foto: slasnyi/Fotolia.com)


Berlin - Der geplante Straftatbestand zur Korruption im Gesundheitswesen wird für „dramatische Veränderungen“ im milliardenschweren Gesundheitsmarkt sorgen – davon ist Oberstaatsanwalt Alexander Badle überzeugt. Die derzeit vorgesehene Regelung lasse viel Interpretationsspielraum. Dass sie von den Gerichten unterschiedlich ausgelegt wird, sei wahrscheinlich. Badle, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main, rät daher zur Vorsorge mithilfe maßgeschneiderter Compliance-Strukturen.

Das Bundesjustizministerium will mit einem neuen § 299a im Strafgesetzbuch Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter Strafe stellen. Die neue Norm soll eine Strafbarkeitslücke schließen: Bislang fallen nur angestellte Klinikärzte unter die allgemeine Norm der Bestechung und Bestechlichkeit – nicht aber niedergelassene Ärzte. Nach dem Gesetzentwurf des Justizministeriums soll künftig allen im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung korrupten Heilberuflern mit staatlich geregelter Ausbildung Strafe drohen. Zwar wird das Anliegen von vielen Seiten grundsätzlich begrüßt – die konkrete Ausgestaltung trifft allerdings auf viel Skepsis. Verbände beklagen in ihren Stellungnahmen insbesondere, dass gewollte Kooperationen gefährdet würden und die Norm zu unbestimmte Tatbestandsmerkmale enthalte.

Oberstaatsanwalt Badle, der sich schon seit Jahren auf Basis der bestehenden Gesetze mit Korruption im Gesundheitswesen befasst, glaubt dennoch, dass nur wenige, eher redaktionelle Änderungen zu erwarten sind – nicht aber ein Kurswechsel. Bei einem Symposium der auf Gesundheits- und Medizinrecht spezialisierten Kanzlei Dierks+Bohle am vergangenen Freitag in Berlin betonte er, dass es angesichts der kommenden Regelung notwendig sei, sich im Vorfeld klarzuwerden, wie Risiken vermieden werden können.

Ein erstes Problem sei das kaum klar abgrenzbare Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung – hierunter versteht man die Verknüpfung von Vorteil und Gegenleistung. Hierbei handele sich um einen „schillernden Rechtsbegriff“, so Badle, der viel Interpretationsspielraum zulasse. Schon in der bisherigen Rechtsprechung gebe es eine unübersichtliche Kasuistik. Es werde in zahlreichen Einzelfällen zu entscheiden sein, was eine noch zulässige Kooperation sei.

Korruptionsanzeige als Marketinginstrument?

Badle erwartet, dass der Anfangsverdacht, der für die Einleitung der staatsanwaltlichen Ermittlungen bestehen muss, relativ leicht auszumachen ist. Und da im Fall von Korruption schnell eine Verdunklungsgefahr zu befürchten ist, könnten auch rasch harte Maßnahmen angeordnet werden – von Durchsuchungen bis hin zur Untersuchungshaft. Hinzu komme die unterschiedlich ausgeprägte Expertise bei den Strafverfolgungsbehörden, so der Oberstaatsanwalt. Und nicht zuletzt seien Korruptionsfälle im Gesundheitswesen für viele Medien ein großes Thema, auf das sie sich stürzen werden, erwartet Badle. Schließlich betreffe Gesundheit jeden. Hier gehe es zuweilen lediglich um Stimmungsmache. Und so könne eine Strafanzeige für einen Wettbewerber ein Weg sein, seinen Konkurrenten auf günstige Weise zu schädigen – denn die Arbeit machen andere.

All dies summiere sich zu einem „hochexplosiven Gemisch“. Zwar sei schon jetzt vieles verboten, was künftig strafbar sein soll – etwa aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Doch mit der Strafandrohung wird die Angelegenheit doch um einiges pikanter. Die Vorlaufzeit bis zum Inkraftreten des neuen Straftatbestandes sollte also genutzt werden, um sich vorzubereiten, so Badle. „Kein Unternehmen kann es sich leisten, die Compliance im Keller aufzuhängen.“ Maßgeschneiderte Compliance-Pakete zu gestalten und zu implementieren sei vielleicht teuer. Aber eine Strafverfolgung könne unter Umständen noch teurer kommen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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