Frankreich

Immer mehr Verbalattacken in Apotheken

28.05.2015, 08:40 Uhr

Verärgerte Apothekenkunden - in Frankreich werden Übergrifffe von der Apothekerkammer dokumentiert. (Foto: alphaspirit/Fotolia)

Verärgerte Apothekenkunden - in Frankreich werden Übergrifffe von der Apothekerkammer dokumentiert. (Foto: alphaspirit/Fotolia)


Remagen - Französische Apotheker fühlen sich in ihren Offizinen nicht mehr sicher. Vor allem sind sie immer häufiger Beschimpfungen von Kunden ausgesetzt, denen etwas nicht passt. Dies zeigt eine Erhebung der französischen Apothekerkammer (Orde national des pharmaciens) für das Jahr 2014. Das entsprechende Monitoring-System mit einem jährlichen Bericht existiert seit dem Jahr 2011.

Nach einer aktuellen Pressemitteilung der Apothekerkammer ist die Gesamtzahl der Meldungen aus den insgesamt rund 22.400 französischen öffentlichen Apotheken gegenüber 2013 leicht gesunken (von 161 auf 152). Den größten Anteil nehmen mit 52 Prozent die verbalen Attacken ein. 2013 lag dieser noch bei 31 Prozent aller gemeldeten Fälle. Dies ist eine Zunahme um 20 Prozent. An zweiter Stelle folgten bewaffnete Raubüberfälle (17 % aller Fälle) und an dritter körperliche Misshandlungen (11 %). 

Abgabeverweigerung, Substitution und Engpässe verärgern

Als Gründe für das mehr als ungebührliche Verhalten der Kunden werden angegeben: Unverständnis und Verärgerung über die Verweigerung, ein Arzneimittel abzugeben (zum Beispiel bei fehlerhaften oder gefälschten Rezepten), Generika-Substitution, Lieferengpässe, die Nicht-Erstattung von Medikamenten oder auch finanzielle Schwierigkeiten von Patienten, die eine fällige Eigenleistung nicht tragen können.

Nach der landesweiten Erhebung sind drei Regionen besonders von aggressiv auftretenden Kunden betroffen. 13 Prozent der Meldungen kamen aus Lothringen und jeweils 11 Prozent aus der Region mit der Hauptstadt Paris (Ile-de-France) und der Region „Centre“ südwestlich davon. Dabei haben sich die Vorfälle vor allem in öffentlichen Apotheken in Gemeinden mit weniger als 30.000 Einwohnern abgespielt, das heißt, in normalen Stadtteil-Apotheken. Aber auch bei einem erheblichen Publikumsverkehr, wie zum Beispiel in Apotheken in Einkaufszentren, schreckten verärgerte Kunden nicht vor Übergriffen zurück. Mehr als 70 Prozent der meldenden Apotheken waren mit Tele-Überwachungssystemen ausgestattet, die zum Teil mit der Polizei oder Sicherheitsdiensten verbunden waren. Auch das hilft offenbar nichts.   

Nur zögerliche Anzeigen bei der Polizei 

Die Kammer vermutet, dass nicht alle Übergriffe gemeldet werden und dass der Bericht  deshalb nicht in vollem Umfang der Realität widerspiegelt. Der nationale Referent für Sicherheitsfragen der französischen Apothekerkammer Alain Marcillac hebt außerdem hervor, wie wichtig es ist, dass die betroffenen Apotheker ihre Fälle zur Anzeige bringen: „Die Scheu vor einer Anzeige rührt wohl daher, dass die Betroffenen erst einmal mit ihren Emotionen fertig werden müssen. Aber es ist wichtig, dass Apotheker Anzeige erstatten, damit die Behörden das Phänomen zur Kenntnis nehmen.“ Im letzten Jahr hat etwas mehr als die Hälfte der Apotheker, die bei der Kammer eine Meldung gemacht haben, sich auch an die Staatsanwaltschaft oder die Polizei gewandt.   


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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