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Husum - Vor dem Amtsgericht Husum ist gestern ein Apotheker aus Nordfriesland zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte Rezepte über Drogenersatzstoffe bedient, obwohl diese nicht korrekt ausgestellt waren. Laut der einstündigen mündlichen Urteilsbegründung ist ein Apotheker „nicht der Erfüllungsgehilfe des Arztes“, der sich auf seine ärztliche Therapiehoheit berufen könne, sondern Arzt und Apotheker bildeten eine „Behandlungsgemeinschaft“. Daraus ergebe sich für den Apotheker eine formale und auch eine inhaltliche Prüfungspflicht, bevor er Verordnungen – im konkreten Fall Betäubungsmittel-Rezepte – bedienen dürfe. Bei der Vorlage von Rezepten bestehe kein Kontrahierungszwang. Unmittelbar nach der Urteilsbegründung legte der Verteidiger des Apothekers bereits Rechtsmittel ein.
Es war einer der längsten und kompliziertesten Prozess in der Geschichte des Amtsgerichtes Husum – unter anderem kam es zu sieben Befangenheitsanträgen der Verteidigung gegen die Vorsitzende Richterin. Verantworten musste sich seit Januar ein 42 Jahre alter Apotheker in 142 Fällen wegen Verstoßes und in einem weiteren Fall wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Betäubungs- und Arzneimittelgesetz. In der Apotheke des jetzt Verurteilten waren Drogenersatzstoffe abgegeben worden, für die zwar Rezepte vorlagen, bei denen es aber zum Teil formale Mängel gab – etwa fehlende Dosierungsangaben, zu kurze Intervalle, in denen einem Drogenpatienten erneut Drogenersatzstoffe verordnetet worden waren, oder ein „A“ für Ausnahme fehlte bei Überschreitung der verordneten Höchstmengen. Zudem erschienen die Zahl der Rezepte und die darauf verordneten Mengen ungewöhnlich hoch und es kam auch zur Vorlage von Privatrezepten für Kassenpatienten. Außerdem hatten jene Kassenpatienten nach eigenen Angaben diese Drogenersatzstoffe gar nicht erhalten. Gegen den Arzt läuft ein gesondertes Verfahren.
Strafrechtlich relevantes Unterlassen
Aus Sicht des Gerichts hatte der Apotheker ab Ende 2008 gewusst, dass aus dieser Arztpraxis eine Vielzahl an Rezepten stammte, die nicht einer geordneten Drogentherapie dienten. Der Apotheker habe es unterlassen sicherzustellen, dass in seiner Apotheke diese Rezepte nicht bedient wurden – und ein solches Unterlassen stehe einem aktiven Tun gleich. Ohne die Apotheke des Betroffenen wären diese Drogenersatzstoffe nicht in den Verkehr gekommen. Zudem hatte der Apotheker 20 Kilogramm Lidocain abgegeben, ohne dass es dafür eine ärztliche Verordnung gab, wobei dieser Stoff von Drogendealern zum Strecken von Kokain und Heroin missbraucht werden kann.
Kein eigener Vorteil, keine Wiederholungsgefahr
Das Gericht stellte in seiner Urteilbegründung fest, dass die Initiative nicht von dem Apotheker ausgegangen sei und der Apotheker auch keinerlei persönlichen Vorteil gehabt, sondern finanziell sogar „draufgezahlt“ habe. Da das Gericht keine Wiederholungsgefahr sieht und davon ausgeht, dass der Apotheke inzwischen alle gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen einhält, wurde von der Verhängung eines Berufsverbotes abgesehen, wie es die Staatsanwaltschaft für die Dauer von drei Jahren gefordert hatte.
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