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Berlin – Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ist man überzeugt: Die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln in Deutschland hat sich nach der Einführung der frühen Nutzenbewertung verschlechtert. Untermauert sieht er diese Behauptung durch ein aktuelles Gutachten der Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Dieter Cassel (Uni Duisburg-Essen) und Prof. Dr. Volker Ulrich (Uni Bayreuth). Sie zeigen auf: Selbst neue Arzneimittel mit attestiertem Zusatznutzen können sich in der Versorgung nur schwer durchsetzen. Die Autoren und der BPI wollen das AMNOG-System dennoch nicht verteufeln – sie setzen aber darauf, dass es wirklich ein lernendes ist, an dem Nachjustierungen möglich sind.
Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) befindet sich in seinem fünften Jahr. Es konnten bereits einige Erfahrungen gesammelt werden. Cassel und Ulrich haben die Zeit bis Ende 2014 genauer unter die Lupe genommen und kommen dabei zu einer ernüchternden Zwischenbilanz. Zwar, so betonte Ulrich, sei der Ansatz „Money for Value“ gesundheitsökonomisch begrüßenswert – schließlich gebe es nur eine begrenzte Menge Geld für die Versorgung. Im Kern sollte das AMNOG daher nicht angegriffen werden. Doch der Teufel sitzt im Detail. Und so sparen die Gutachter nicht mit Vorschlägen für gesetzgeberische Anpassungen, die dem Grundgedanken aber nicht zuwiderlaufen sollen.
Sechs AMNOG-Reform-Vorschläge
Tatsächlich erscheinen einige der Vorschläge allerdings doch recht weitgehend. Gleich sechs „Reformpostulate“ stellen Cassel und Ulrich auf. Unter anderem müsse die Nutzenbewertung und die Preisfindung institutionell getrennt werden. Das heißt insbesondere: Der GKV-Spitzenverband soll nicht an allen Tischen sitzen und seine Strippen ziehen. Zudem soll es den Herstellern ermöglicht werden, in den Erstattungsbetragsverhandlungen auch ihre Forschungs- und Entwicklungskosten einzubringen. Ferner soll ein internationaler Vergleichspreis als Preisanker bemüht werden – und nicht etwa der Preis der generischen Vergleichstherapie.
Des Weiteren plädieren die Gutachter für eine gesetzliche Klarstellung, dass die Verordnung von AMNOG-Präparaten in der ganzen Breite der Zulassungsindikation als wirtschaftlich gilt. Dass heute oft nur für Subgruppen ein Zusatznutzen als belegt anerkannt wird, lässt einige Ärzte zurückhaltend verordnen. Weiterhin sollten subsidiäre Selektiverträge neben die zentral ausgehandelten Erstattungsbeträge treten – dies soll Konflikte bei den Preisverhandlungen entschärfen. Zuletzt sprechen sich die Autoren noch dafür aus, dass die Schiedsstelle eher die Funktion des Schlichters statt des Richters haben sollte: Sie sollte vermitteln, um letztlich doch noch eine Verhandlungslösung zu ermöglichen.
Fortschritt muss bei Patienten ankommen
Es müsse sichergestellt werden, konstatiert der BPI-Vorsitzende Dr. Martin Zentgraf, dass therapeutische Verbesserungen bei den Patienten tatsächlich ankommen. Auch die „Omnipräsenz und faktische Omnipotenz“ des GKV-Spitzenverbandes im AMNOG-Verfahren müsse beendet werden, fordert er. Zudem dürfe der Preisanker einer generischen zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht als Dogma angesehen werden. Denn wer so vorgehe, nehme Marktaustritte und Marktrücknahmen billigend in Kauf und beeinträchtige den therapeutischen Fortschritt.
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