PTA-Ausbildung Westfalen-Lippe

Mini-Konsens und ungelöste Zukunftsfragen

Münster - 18.06.2015, 15:30 Uhr

Vier Stunden diskutierte die AK Westfalen-Lippe über die PTA-Ausbildung: Am Ende stand ein Mini-Kompromiss. (Foto: AKWL)

Vier Stunden diskutierte die AK Westfalen-Lippe über die PTA-Ausbildung: Am Ende stand ein Mini-Kompromiss. (Foto: AKWL)


Mit der Erhöhung des Zuschusses der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) zur PTA-Ausbildung auf 70 Euro ist die Krise der vom Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) über einen Trägerverein organisierten vier PTA-Schulen keineswegs ausgestanden. Nach wie vor müssen die neuen PTA-Schüler einen erheblichen Anteil der Kosten selbst tragen. Nach Schätzung des AVWL wird das künftige Schulgeld circa 225 Euro monatlich betragen müssen.

Mit dem gestrigen Beschluss der Delegiertenversammlung stellt die AKWL für jeden PTA-Schüler, der die zum Teil noch auszuhandelnden Anforderungen erfüllen muss, statt bisher 10 Euro maximal 70 Euro pro Monat bereit. Bei der derzeit kalkulierten Zahl von rund 400 neuen PTA-Auszubildenden des Jahrgangs 2016/18 sind dies maximal 350.000 Euro. Mit diesem Mini-Konsens stopft die Kammer die finanzielle Lücke, die der Ausstieg des Landes NRW aus der Finanzierung der PTA-Schulen gerissen hat. Zusammen mit dem bisherigen Jahreszuschuss des AVWL in Höhe von 113.000 Euro und den 890.000 Euro bereits zugesagter, aber noch nicht abgerufener Hilfsgelder ist der Betrieb zunächst abgesichert.  

Endgültige Lösung offen

Unklar bleibt, wie es weitergeht. Das von der Kammer favorisierte Darlehnes-Modell nach dem Vorbild der Studienförderung der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) lehnt der Vorsitzende des AVWL, Klaus Michels, nach wie vor ab. Danach sollen die Schüler ihre Ausbildung zunächst über günstige Kredite finanzieren. Arbeiten sie später in Apotheken des Bezirks, soll der Verband die Darlehnskosten je nach Arbeitsdauer teilweise oder ganz übernehmen. Aus Sicht des AVWL ist es für die PTA-Aspiranten allerdings wenig attraktiv, am Ausbildungsende mit einem Schuldenberg von bis zu 8000 Euro dazustehen. Viele PTA arbeiteten nur wenige Jahre in einer Apotheke, wanderten in andere Regionen oder wechselten in andere Berufsfelder. Angesichts der Situation auf dem Ausbildungsmarkt, fürchtet der AVWL nun, dass es mit dem Darlehnsmodell immer schwieriger wird, geeigneten Nachwuchs für den PTA-Beruf zu finden.

In der vierstündigen Diskussion der Delegiertenversammlung wurde deutlich, wie prekär die Lage beim PTA-Nachwuchs ist: Der von der Kammer mit einer Analyse beauftrage Münsteraner Unternehmensberater Sebastian Rütter verglich die Situation mit Griechenland: „Man kann ein kippendes System nicht mit Geld retten.“ Notwendig sei vielmehr eine grundlegende Restrukturierung der PTA-Schulen. Es gebe nicht nur „dringenden Handlungsbedarf“ bei der Auswahl der Schüler. Derzeit schaffen nur 35 Prozent eines Jahrgangs aus unterschiedlichen Gründen den Abschluss. Angesichts der Demografie würden aber künftig für die 2000 Apotheken in Westfalen-Lippe jährlich 600 bis 800 PTA-Nachwuchskräfte benötigt.

Wer soll das bezahlen?

Die Gretchen-Frage lautete daher: Wer soll das bezahlen? AKWL-Vorstandsmitglied Michael Mantell gab die Antwort: „Wir müssen uns endlich klar machen, das wir Apotheker das bezahlen müssen. Aber sind wir dazu bereit?“ Eine Abfrage der Kammer lässt daran Zweifel aufkommen. Laut Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening lehnen über 60 Prozent der Kammermitglieder dies ab. Bei den Apotheken-Inhabern sei die Stimmung gespalten: „45 Prozent der Selbständigen sagen Nein“, so Overwiening. Dabei würden zur Finanzierung der PTA-Ausbildung künftig pro Jahr 2,5 bis drei Millionen Euro benötigt, rund 1500 Euro pro Apotheke. Mehr als die von der Kammer angebotenen 70 Euro Monatszuschuss seien „rechtlich nicht möglich“, beteuerte die Kammerpräsidentin mehrfach in der Diskussion: „Ich bin schon telefonisch bedroht worden – mit Klagen“, fügte Overwiening in die plötzliche erschrockene Stille im Saal an. „Mehr kann der Kammervorstand nicht vertreten.“  

Einig war sich AVWL-Chef Michels mit Kammerpräsidentin Overwiening über die Notwendigkeit, die Ausbildung an den PTA-Schulen zu restrukturieren, wies seinerseits aber mehrfach auf die drohende Insolvenz des Trägervereins ohne neue Finanzspritzen hin. „Wir brauchen jetzt eine verlässliche Finanzierung, sonst können die Schulen in den nächsten Wochen keine neuen Ausbildungsverträge unterschreiben.“ Auch der AVWL könne die laufende Ausbildung nicht kräftiger finanzieren. „Dann würden wir relativ schnell abgestraft, wir würden uns abschaffen“, so Michels, weil Mitglieder scharenweise austräten.

Erster Schritt ist getan

Wie es mit der PTA-Ausbildung in Westfalen-Lippe in den nächsten Jahren weitergeht, ist offen. AVWL-Chef Michels an Overwiening: „Lassen Sie uns gemeinsam zur Landesregierung gehen, um die Basis für eine solidarische Finanzierung zu schaffen.“ Der Grundsatzstreit darüber blieb ungelöst. Es wird also weitergehen müssen mit den seit 2011 andauernden Gesprächen zwischen Kammer und Verband in Westfalen-Lippe. „Es gibt von mir keine persönlichen Ressentiments“, so Overwiening.

„Mit wechselseitigem Vertrauen“, so Olaf Elsner AVWL-Vorstandsmitglied und Mitglied im Vorstand des Trägervereins der PTA-Schulen, müsse weiter verhandelt und gerungen werden. Heute bewertete Michels den Kompromiss wie folgt: „Der AVWL begrüßt den Beschluss, der dem Anliegen des Verbandes für die Zukunftssicherung der PTA-Ausbildung durch einen solidarischen Pflichtbeitrag aller Apotheken Rechnung trägt. Ein erster Schritt ist getan, aber der Weg noch weit. AVWL und PTA-Schulträgerverein werden sich zügig und nachdrücklich mit weiteren konstruktiven Beiträgen für eine qualitätsorientierte PTA-Ausbildung in Westfalen-Lippe einsetzen.“


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