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ABDA-Versteck hinter bröckelnden Mauern
Omertà-Politik im Apothekerhaus
Mehr Transparenz wagen wollte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt bei seinem Amtsantritt. Der Stimme der Apothekerschaft in wichtigen gesellschaftlichen Fragen Gehör verschaffen. Das Apothekerhaus öffnen für Besucher. Zweieinhalb Jahre später mauert sich die ABDA-Führung hinter den dicken, aber bröckelnden Mauern in der Jägerstraße mehr denn je ein. Vor etwas über einem Jahr trat Reiner Kern als Kommunikationschef seien Dienst im Apothekerhaus an. Seitdem regiert Omertà-Politik.
Vor drei Jahren hatte Schmidts Amtsvorgänger Hans-Günter Wolf die ABDA-Mitgliederversammlung als Reaktion auf aus vertraulichen Sitzungen tröpfelnde Interna einen „Maulkorberlass“ beschließen lassen. Undichte Stellen sollten sogar zur Kasse gebeten werden können: „Die Mitgliedsorganisationen sowie die Mitglieder der Organe, der Ausschüsse und sonstigen Gremien, die ihre Pflicht zur Verschwiegenheit verletzen, sind der Bundesvereinigung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“, lautete die Satzungsänderung.
Gebracht hat das nicht viel. Vor einem Jahr legte die ABDA-Führung deshalb nach: Alle „Geheimnisträger“ – Kammerpräsidenten und Verbandsvorsitzende – mussten eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, keine Informationen auszuplaudern. Trotzdem hat die ABDA ein Problem: Immer wieder sickern nur dem engen Führungszirkel bekannte Details durch, beispielsweise zum Umbau der Govi-WuV-Konzernstruktur. Der neue Maulwurf blieb bislang unentdeckt.
Neue Wege der Offenheit führten nicht weit
Dabei passt das verschärfte Schweigegelübde eigentlich nicht so recht zu Friedemann Schmidt. Der eloquente Redner suchte zu Beginn seiner Präsidentschaft die Öffentlichkeit. In einer Interview-Offensive tingelten Schmidt und sein damaliger Pressechef Florian Martius durch die Redaktionen von Regionalzeitungen. Sie wollten die ABDA aus ihrem kommunikativen Dornröschenschlaf herausführen. Weit kamen sie allerdings nicht. Unglückliche und missverständliche Aussagen in einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“, ein paar aus dem Zusammenhang gerissene Zitate in einen „Stern“-Bericht und ein kabarettreifes Präsidenten-Video stoppten die Medienoffensive.
Nun versteckt sich der ABDA-Präsident hinter den dicken Mauern des Mendelssohn-Palais. Wer etwas von der ABDA erfahren will, muss sich auf einen informativen Hindernislauf begeben. Statt Pressesprecher Reiner Kern persönlich meldet sich regelmäßig seine Mailbox. Rückrufe folgen – wenn überhaupt – erst nach mehreren Tagen. Anfragen werden an Mitarbeiter weitergeleitet. Von dort kommen Tage später spärliche Antworten zurück.
Auch Mitgliedsorganisationen laufen auf
Zu Vorgängen wie dem Streit zwischen Kammer und Verband in Westfalen-Lippe um die Finanzierung der PTA-Ausbildung oder der Austrittdrohung der Kammer Nordrhein äußert sich die ABDA sowieso nicht. Dabei werfen gerade die Vorgänge in Nordrhein ein Schlaglicht auf die interne Unzufriedenheit mit dem Berliner Apothekerhaus: Nicht nur von dort hört man vermehrt Klagen, dass auch die Anfragen der Mitgliedsorganisationen unbeantwortet bleiben, Initiativen ins Leere laufen oder gar von der hauptamtlichen Geschäftsführung in Berlin abgeblockt werden.
Das alles wäre zu verkraften, wenn die Ergebnisse stimmen würden. Doch gerade in letzter Zeit fällt die Erfolgsbilanz nicht besonders glänzend aus: Die Honorar-Träume sind ebenso geplatzt wie die Impf-Offensive. Die Verankerung der Apotheker im Medikationsplan steht auf der Kippe. Die Chance, im Zusammenhang mit der elektronischen Gesundheitskarte an die für das Medikationsmanagement wichtigen Diagnosedaten zu gelangen, wurde nicht genutzt. In den politischen Vorfeldzirkeln, in denen Stimmung für oder (meist) gegen Apotheker bei den Gesundheitspolitikern gemacht wird, ist die ABDA nur selten vertreten.
Gibt es einmal die Chance, vor den Abgeordneten des Gesundheitsausschusses ausführlich auf den Retax-Irrsinn der Krankenkassen aufmerksam zu machen, hat ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz keines der zahlreichen spektakulären Beispiele parat. Auch bei den Mitgliedsorganisationen macht sich daher zunehmend der Eindruck breit, die ABDA-Zentrale in Berlin sei zu sehr mit sich selbst und ihrem Umzug beschäftigt.
Hinter verschlossenen Türen: Diskussion über den Haushalt
Und morgen sollen die Mitgliedsorganisationen wieder einmal einer Beitragserhöhung zustimmen. Die ABDA braucht mehr Geld. Eine Diskussion darüber findet – wenn überhaupt – nur hinter den verschlossen Türen der Mitgliederversammlung statt. Der gerne pathetisch als „Apothekerparlament“ titulierte Deutsche Apothekertag darf darüber nicht abstimmen. Ohne die vornehmste Aufgabe eines Parlaments, dem Haushaltsrecht, bleibt die „Hauptversammlung der deutschen Apotheker“ eine Alibi-Veranstaltung, die die vorher der ABDA-Mitgliederversammlung gefällten Entscheidungen zur Kenntnis nehmen darf. Kontroverse Anträge werden gerne „in den Ausschuss verwiesen“, wo sie nicht selten still und heimlich beerdigt werden. Kritische Nachfragen, gar offen geäußerter Unmut der Apothekertagsdelegierten werden derweil vom Sitzungsleiter mit Verfahrenstricks und Arroganz abgebügelt. Und Friedemann Schmidt schaut zu.
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