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Heiß war’s, sehr heiß. Während die einen dem Tafelsilber nachtrauern und 15.000 Apotheken als politisches Ziel vermuten, beschließen andere mal eben einen neuen ABDA-Bau für 35 Millionen Euro. Und politische Erfolge? Klar, da sind wir dran. Auch Honorar für Mediplan und so. Alles schwer. Sorry, ist halt einfach komplizierter als Häuser kaufen und verkaufen, das müssen die Apothekers draußen doch verstehen. Ja, und bitte ein bisschen Verständnis dafür, dass das mit der Transparenz und Offenheit nicht so klappt. Und die alten Anträge vom vergangenen Apothekertag? Abgehakt! Freut euch lieber auf die neuen im Oktober! Und vor allem: „Ab 2018 hat die ABDA eine neue Heimat.“ Ui, mein liebes Tagebuch, wenn’s nicht so heiß wäre: Da wird’s einem warm ums Herz.
29. Juni 2015
Dem Vorsitzenden des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ), Dr. Jörn Graue, gefällt das seit 2004 bestehende Honorarsystem der Apotheken nicht, das lässt er immer wieder durchblicken. Er trauert der alten degressiven Preisspannenregelung („unser Tafelsilber) nach, die er lieber intelligent modifiziert hätte. Denn mit dem neuen Honorarsystem könne die Politik das von so manchem gewünschte Regulativ gegen die Vermehrung der Apothekenzahl wieder einsetzen. „Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen ganz ungeniert über eine Reduzierung der Apothekenzahl auf 15.000 gesprochen wird“, lässt Graue wissen. Mein liebes Tagebuch, angesichts der abwehrenden Haltung der Politik gegen eine Anpassung des Apothekenhonorars drängt sich das Gefühl auf, dass dieses „offene Geheimnis“ die unausgesprochene Marschrichtung ist. Klar, gäbe es heute nur noch 15.000 Apotheken, kämen diese Apotheken mit 3 Prozent Festzuschlag plus Fixhonorar 8,35 Euro gut aus. Aber dann bräuchte jede Apotheke auch mehr Personal. Tja, mein liebes Tagebuch, ob man die alte Preisspannenregelung hätte modifizieren können, weiß ich nicht. Fakt ist, dass die neue Regelung, die weitgehende Unabhängigkeit vom Packungspreis, im Prinzip nicht verkehrt ist, wenn, ja wenn man bei der Regelung der Anpassung und des Anpassungsmodus besser aufgepasst hätte. Das ist, wie wir wissen, die Falle.
Cannabis staatlich kontrolliert an registrierte Konsumenten abgeben – das möchte die Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Cannabis-Fachgeschäfte mit medizinisch geschultem Personal sollen die Haschichraucher betreuen, die allerdings ein Tagebuch über ihren Konsum führen sollen. Wie putzig hört sich das denn an, mein liebes Tagebuch, fast ein bisschen nach pharmazeutischer Betreuung und Medikationsplan. Der Staat will mit dieser Maßnahme die Kontrolle über den Verkauf von Cannabis zurückbekommen, um Jugendschutz garantieren zu können, meint die Bürgermeisterin. Fraglich, ob diese Art der Bemutterung der Spirit ist, den sich User des Hanfkrauts so vorstellen? Der Schwarzmarkt würde dadurch keinesfalls verhindert. Die partielle Freigabe würde zur Verharmlosung beitragen. Ach ja, der Antrag der Bürgermeisterin sieht sogar vor, dass Apotheken Lizenznehmer für eine Verkaufsstelle werden könnten. Und, mein liebes Tagebuch, es wird sich in Berlin eine Apotheke finden, die da mitspielt.
30. Juni 2015
BER, Elbphilharmonie, S21 – deutsche Projekte, die man gerne mit dem Beinamen „Millionengrab“ versieht. Und die eGK, die elektronische Gesundheitskarte, reiht sich da nahtlos ein. 1,2 Milliarden Euro hat die Entwicklung bereits verschlungen, bis heute gibt es nur eine Plastikkarte mit Adressdaten auf einem Chip und ein Foto. Jetzt muss das Kärtchen für einen dreistelligen Millionenbetrag ausgetauscht werden, da es Sicherheitslücken gibt. Bis Ende 2017 soll die eGK durch eine aufgerüstete sicherere Karte ersetzt werden. Da wird sich Bundesgesundheitsminister Gröhes eHealth-Gesetz wohl ein wenig verzögern. Er wollte, dass bereits im Juni 2016 die Karte dazu benutzt wird, Patientenstammdaten zwischen Arztpraxen und Krankenkassen auszutauschen. Und ein Medikationsplan sollte auch drauf gespeichert werden. Und ab 2018 die Notfalldaten. Und bis Mitte nächsten Jahres sollten die Praxen und Kassen miteinander sicher vernetzt sein. Man muss wissen: Bau- und IT-Projekte haben ihre eigenen Gesetze: Sie werden immer teurer als geplant und bis alles rund läuft, dauert’s. Nein, mein liebes Tagebuch, das ist jetzt aber unfair, wenn du mich an das 35 Mio. teure geplante ABDA-Haus erinnerst. Die haben doch noch gar nicht angefangen…
PTA-Verband und Tarifverbände setzen sich schon seit einiger Zeit mit dem Vorhaben auseinander, den Beruf der PTA zu reformieren. Der Wille ist groß, aber so richtig zu Potte kommen sie nicht, da sie nicht an der ABDA vorbei kommen – und dort ist bisher, gelinde gesagt, nur gaaaanz zaghaft eine Reformbereitschaft zu spüren. Das könnte sich bald ändern. Die Länderminister und -senatoren für Gesundheit haben beschlossen, das BMG zu bitten, die Novellierung der Berufsgesetze auch für den PTA-Beruf in die Wege zu leiten. Mein liebes Tagebuch, wenn wir nicht etwas übergestülpt bekommen möchten, sollten wir jetzt die eigenen Konzepte in die Diskussion einbringen. Dringend!
Wir haben einen neuen DPhG-Präsidenten! Prof. Stefan Laufer, pharmazeutischer Chemiker aus Tübingen, wird die wissenschaftliche Gesellschaft von 2016 bis 2019 führen. Ok, die Auswahl war nicht zu groß, es gab nur einen Kandidaten, aber: schön dass er es macht! Zu seinem Programm soll u. a. eine Fortbildungsoffensive für Offizinapotheker gehören, er will den Spagat zwischen wissenschaftlicher Pharmazie und pharmazeutischer Praxis meistern. Im Angesicht des ABDA-Perspektivpapiers eine Herausforderung. Wir wünschen ihm für sein Präsidentenamt viel Erfolg!
Manchmal wünscht man sich ein wenig schottische Verhältnisse: Die schottische Regierung honoriert die nachhaltigen Bemühungen der Apotheker, stärker in die Grundversorgung der Patienten eingebunden zu werden und spendiert 16 Mio. Pfund für die Rekrutierung von bis zu 140 Apothekern mit fortgeschrittener Ausbildung in Klinischer Pharmazie. Sie sollen die Ärzte bei der Arzneiverordnung für chronisch kranke Patienten unterstützen. Mein liebes Tagebuch, wie weit entfernt von uns doch Schottland ist.
Mehr Transparenz, mehr Offenheit – hatte die ABDA nach der Datenklauaffäre vor drei Jahren gelobt. Endlich, dachte man. Und dann betrat vor etwa einem Jahr ein neuer Kommunikationschef das Parkett – jetzt muss es doch endlich besser werden. Dachte man. Doch heute beschleicht einen eher das Gefühl, die ABDA mauert sich ein in ihrem bröckelnden Palais. Und der Kommunikationschef ist kaum erreichbar. Mit Maulkorberlass für die ABDA-Mitgliederversammlung und Verpflichtungserklärungen für „Geheimnisträger“ (Kammer- und Verbandschefs), nichts auszuplaudern, versucht sich die ABDA an einer Politik der Verschwiegenheit. Auch wenn’s nicht zu funktionieren scheint, da es sichtlich doch einen gibt, der plaudert. Mein liebes Tagebuch, ist schon fast wie Kabarett. Andererseits, vielleicht ist es auch kein Wunder, dass es läuft wie es läuft. Denn gäbe es politische Erfolge, würde man die sicher gerne in die Welt posaunen und ausplaudern lassen. Aber da gibt es zurzeit nichts zum Plaudern.
1. Juli 2015
War bisher auch so eine Sache der ABDA-Verschwiegenheit: Was passiert eigentlich mit den Anträgen, die auf einem Apothekertag nach oft heißen Diskussionen ums letzte Komma verabschiedet oder in Ausschüsse verwiesen wurden? Keine Ahnung, mein liebes Tagebuch, denn öffentlich gemacht wurde der Bericht über die Anträge bisher nie. Er wird nur auf der ABDA-Mitgliederversammlung diskutiert und an die Mitgliedsorganisationen versandt, wo er versandet. Auf den naheliegenden Gedanken, der Hauptversammlung auf dem nächsten Apothekertag über den Fortgang der Antragsbearbeitung Bericht zu erstatten, kam die ABDA bisher nicht. Der DAZ fiel der aktuelle Antragsbericht in die Hände. Nach der Lektüre bleibt man ratlos zurück. Meist wurde über die Anträge diskutiert, so der Bericht, aber Ergebnisse erfährt man aus dem Bericht kaum oder nicht. Es bleiben viele Unklarheiten über das Schicksal der Anträge. Ist das der Grund, warum man sich öffentlich über Anträge ausschweigt?
Wird’s doch noch was mit dem Medikationsplan und den Apothekern? Der Gesundheitsausschuss der Länder empfiehlt jedenfalls, dass der Bundesrat darauf bestehen soll, den GKV-Versicherten die Wahlmöglichkeit zu geben, ob sie ihren Medikationsplan lieber vom Arzt oder vom Apotheker erstellen lassen. Am 10. Juli hat das eHealth-Gesetz seinen ersten Durchgang im Bundesrat.
2. Juli 2015
Vielleicht war ja die Hitze schuld, aber jetzt ist’s beschlossen. Von der ABDA-Mitgliederversammlung. Mit nur einer Gegenstimme: Die ABDA kauft für alles in allem 35 Mio. Euro zwei Drittel (6390 Quadratmeter) eines noch zu errichtenden Bürokomplexes von einer österreichischen Immobiliengesellschaft. Der Neubau, der in der Berliner Heidestraße, nördlich des Hauptbahnhofs, entstehen soll, wird aus Kassen- und Anlagebeständen der wirtschaftenden ABDA-Töchter finanziert. 2018, spätestens aber 2020 soll das Bauwerk vollbracht sein. Bis die ABDA in ihren neuen Bau, der auch einen großen Plenarsaal über zwei Etagen aufweist, einziehen kann, wird sie noch ein paar Anstrengungen zu bewältigen haben. So muss sie im Herbst aus ihrer bröckelnden Nobelresidenz in der Jägerstraße aus- und umziehen in die Nobelecke Friedrichstraße/Unter den Linden für – dem Vernehmen nach – 1,5 Mio. Euro Miete jährlich. Dann muss sie einen Käufer fürs Mendelssohn-Palais, das gegebenenfalls noch ein wenig aufzuhübschen ist, finden. Petitessen! Angeblich soll es schon Interessenten geben.
Mein liebes Tagebuch, dieses tolle Neubau-Projekt, diese potente Kaufkraft, dieser repräsentative Auftritt, diese einmütige Entschlossenheit einer ABDA, wenn es um Immobilien geht – wie stark ist das denn! Haben wir nicht eine tolle ABDA-Mitgliederversammlung! Mensch Apothekers da draußen, freut euch mit Friedemann Schmidt: „Ab 2018 hat die ABDA eine neue Heimat.“
Daneben gab’s natürlich auch wirtschaftliche und fachliche Themen auf der ABDA-Mitgliederversammlung. Aber die sind schnell berichtet: Honorarüberprüfung, Rezepturvergütung, BtM-Gebühr, Vergütung für Medikationsplan – sorry, wir haben noch nichts erreicht, sind aber an allem dran. Zugegeben, mein liebes Tagebuch, solche Themen sind aber auch ein bisschen schwieriger als eben mal ein neues Häuschen kaufen.
Die für das eHealth-Gesetz zuständige Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Katja Leikert, sagte zur Einbindung und Honorierung von Apothekern in den Medikationsplan: „Ehrlich gesagt finde ich, dass es bereits heute Aufgabe der Ärzte und Apotheker sein sollte, für ein Höchstmaß an AMTS zu sorgen. … Von daher stellt sich für mich die Frage nach einem Extra-Honorar derzeit nicht.“ Hach, was ist das denn? Frau Leikert, warum dann ein Extra-Honorar für Ärzte? Liebe ABDA, schick doch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mal eine Aufstellung, welche apothekerlichen Aufgaben mit dem Honorar von 8,35 Euro abgegolten sind.
3. Juli 2015
Vorname und Telefonnummer des Arztes müssen aufs Rezept. Und wenn diese Angaben fehlen? Dann muss das Rezept zurück an den Arzt. Und wenn’s in der Apotheke durchgeflutscht ist? Dann könnte es sein, dass es keine Kohle von der Kasse gibt. So definitiv weiß man’s noch nicht. Die Ersatzkassen allerdings räumen eine Gnadenfrist bis zum 30. September ein: Bis dahin no retax.
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