Krankenhaus-Studie

Schneller gesund im „Klimazimmer“?

Berlin - 21.07.2015, 14:05 Uhr

In der Berliner Charité werden die Auswirkungen spezieller Klimazimmer getestet. (Foto: Robert Kneschke/Fotolia)

In der Berliner Charité werden die Auswirkungen spezieller Klimazimmer getestet. (Foto: Robert Kneschke/Fotolia)


Gekühlte Zimmer in Krankenhäusern könnten in Zukunft geschwächte Patienten vor Hitzestress an warmen Sommertagen bewahren. Forscher der Berliner Charité überprüfen derzeit in einer Studie, ob sich die Heilung bei Lungenpatienten in speziell klimatisierten Räumen verbessert. Beobachtungen bei den ersten knapp 50 Patienten zeigten, dass diese früher wieder entlassen werden konnten als Patienten in normalen Zimmern, berichtet Studienleiter Prof. Christian Witt.

Seit rund einem Jahr beobachten Spezialisten in der Lungenheilkunde der Berliner Charité, wie es chronisch kranken Patienten ergeht, die in zwei sogenannten Klimazimmern untergebracht sind. Es geht nicht ums Wohlfühlen, sondern um Heilung und die oftmals tödlichen Folgen von Hitzestress. „Seit Hitzesommern mit 60.000 zusätzlichen Todesfällen in Europa ist das Thema ins Bewusstsein gerückt“, sagt der Mediziner André Schubert, der die Studie mit betreut. Gekühlte Zimmer in Kliniken sind zwar nicht gänzlich neu, ihr gesundheitlicher Nutzen aber weitgehend unerforscht.

Durch längere Wärmeperioden verursachter Stress ist in Großstädten zunehmend ein Problem, weil Beton und Asphalt die Wärme auch noch nach dem Abklingen der Hitze lange speichern. In Berlin haben sich Klimatologen, Architekten und Mediziner in einem Projekt zusammengeschlossen, um das Phänomen zu untersuchen. Vor allem für Kranke bleibt es nicht bei harmlosen Einschränkungen im Alltag: „Wir beobachten einen deutlichen Anstieg der Sterblichkeit, sobald an drei Tagen in Folge draußen der Mittelwert von 21 Grad überschritten ist“, sagt Klimatologe und Projektsprecher Dieter Scherer von der TU Berlin. In Innenräumen stiegen die Temperaturen dann auf 25 Grad und mehr.

Zimmertemperatur konstant bei 23 Grad

Bis zu 1600 Menschen sterben allein in Berlin in Hitzeperioden zusätzlich jedes Jahr, rechnet Scherer vor. Die ersten, die in jenen Phasen Notaufnahmen aufsuchen, seien Menschen mit Herzproblemen – und Lungenkranke, denen das Atmen immer schwerer fällt. Die Raumtemperatur in den Klimazimmern bleibt jedoch relativ konstant bei 23 Grad. Andere Räume der Station sind im Schnitt im Sommer zwei Grad wärmer, teils heizt es sich auf mehr als 30 Grad auf. Konventionelle Klimaanlagen sind für Kliniken keine Lösung: Nicht nur wegen des Luftzugs, auch Staub und Keime werden aufgewirbelt und im schlimmsten Fall verbreitet.

„Die Patienten im Klimazimmer fühlten sich besser, bewegten sich schneller wieder und konnten im Schnitt etwa anderthalb Tage eher entlassen werden als Patienten im Normalzimmer“, berichtet Lungenspezialist Witt über Beobachtungen bei mehr als 40 Lungenpatienten im Sommer 2014. Mindestens dreimal so viele sollen die Klimazimmer bis zum Ende der Studie noch durchlaufen – hinzu kommen rund 150 Patienten in Kontrollzimmern. Während Witt und sein Team auswerten und beobachten, sitzen die Klimatologen aus dem Projekt daran, die Vielfalt des Berliner Klimas möglichst genau und belastbar zu beschreiben – als Ansatz für Maßnahmen gegen Hitzestress. Sie greifen auf ein ausgereiftes Messnetz und auf Modellrechnungen zurück. Wie sich Großstädte an den Klimawandel anpassen können, soll das Projekt bis Mitte 2016 zeigen.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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