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Vor rund zehn Jahren hat mit dem Verblistern eine „technische Revolution“ zum Wohle des Patienten stattgefunden. Dieser Auffassung waren zumindest die sechs Verblisterungsdienstleister, die 2009 den Bundesverband patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV) gründeten. Damals wie heute ist das Ziel des „Blisterverbands“, die Vorzüge dieser technischen Erneuerung im Interesse seiner Mitglieder politisch zu vertreten und im Gesundheitssektor zu etablieren.
Heute umfasst der BPAV 13 Lohnhersteller patientenindividueller Arzneimittelverblisterung (PAV) inklusive einer spezialisierten Apotheke. Damit sind nach Verbandsangaben bis auf circa zehn alle großen Blisterzentren im Verein organisiert. Hinzu kam im Lauf der Zeit eine Reihe assoziierter Partner, Dienstleister, Entwickler und Produzenten rund um das Apothekenwesen.
Der Fokus liegt auf der Arzneimittelsicherheit
Trotz wirtschaftlicher Interessen seiner Mitglieder betont der BPAV, dass der Fokus auf der Arzneimittelsicherheit des von den Mitgliedern belieferten Patienten liege. So wird als ein vorrangiges Vereinsziel die Erhöhung der Qualität der Arzneimittelabgabe bei möglichst gleichzeitiger Kostensenkung genannt. Dabei sei die ärztliche Verschreibungsfreiheit zu garantieren und die Arzneimittelvielfalt zu erhalten. Der BPAV tritt dafür ein, dass hierfür rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Im Rahmen der ApBetrO-Novellierung 2012 hatte sich der BPAV in die Diskussion eingebracht und gleiche Qualitätsanforderungen für alle Akteure beim Verblistern und Stellen von Arzneimitteln gefordert. Es könne nicht sein, dass alle Herstellungsprozesse sowie Produktionsstätten der Verbandsmitglieder GMP-Standard entsprechen müssten, während das fehlerbehaftete manuelle Stellen bei ambulanten Pflegediensten qualitativ hinter der maschinellen Verblisterung zurückbleibe.
Mit Aufnahme des Medikationsmanagements als pharmazeutische Tätigkeit in die ApBetrO 2012 sieht der BPAV die Dienstleistung seiner Mitglieder als unerlässlichen Teil dieses Prozesses bestätigt. „Die Apotheke kümmert sich um das Rezeptmanagement und ist durch die Planung der Blister-Herstellung schon heute im Besitz der aktuellen Informationen über die Medikation, erkennt die Verträglichkeiten und das Blisterzentrum stellt valide diese Medikationen patientenindividuell her.“
Die nach ApBetrO zu wiederholende Analyse der Medikation mit den Zielen, „die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Therapietreue zu verbessern, indem arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst werden“, sei durch die interdisziplinäre Kommunikation zwischen allen am Medikationsprozess Beteiligten – von Arzt über Apotheker und Pflegedienst bis Patient – längst gewährleistet, so der Blisterverband in einer Pressemitteilung.
Eine „angemessene“ Honorierung der Serviceleistung?
Seit Verabschiedung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes 2007 unterliegen pharmazeutische Blister nicht weiter der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Seitdem werden frei verhandelbare Blisterpreise von Heimen als Druckmittel bei Vertragsverhandlungen verwendet. Infolge des wachsenden Konkurrenzdrucks wurde die Serviceleistung entweder unzureichend honoriert oder vereinzelt gar kostenlos angeboten. Daraufhin wurde das Preisdumping bereits 2011 von der Apothekerkammer des Saarlands verboten. Außerdem wurde die Frage aus juristischer Sicht zumindest in einem Punkt geklärt: Kostenloses Verblistern stellt eine Rechtswidrigkeit im Sinne des HWG dar.
Allerdings stellt sich die Einführung eines einheitlichen Honorarsystems als nicht besonders leichtes Unterfangen heraus. Eine pauschale Preisfestlegung sei nach Auffassung des BPAV praxisbedingt nicht realisierbar. Denn es gibt eine Vielzahl an zu berücksichtigenden Faktoren. Dies zeigt sich in dem Umstand, dass auch innerhalb des Blisterverbands kein einheitliches System vorgegeben wird. Dieser tritt daher vor allem für eine „angemessene“ Honorierung ein, die möglichst in Form einer verlässlichen Abrechungsgrundlage in der AMPreisV Einzug finden soll – auch um endlich Rechtssicherheit zu schaffen.
Eine Chance hierfür sieht man in den derzeitigen Planungen zum E-Health-Gesetz. Bisher werde nur der Arzt für seine Therapiehoheit honoriert, obwohl „zumindest verblisternde“ Apotheken den Gesamtüberblick über die Medikation hätten und somit einen „erwünschten und nachweislichen Mehrwert bei der Versorgungsqualität“ lieferten, so der BPAV-Vorsitzende Hans-Werner Holdermann. „Wir stehen bereit, zügig in konstruktive Gespräche mit allen Beteiligten einzutreten […]. Dieser Tage erarbeiten wir Vorschläge für eine solche Umsetzung dieser Honorierungsfrage.“
Vielleicht ergeben sich dadurch neue Anreize für öffentliche Apotheken, die so besser mit einem Investitionsrisiko kalkulieren können? Denn von den geschätzt 200 Verblisterern in Deutschland sind verblisternde Apotheken im BPAV deutlich unterrepräsentiert. Gerade für kleinere Unternehmen ist dies nach Meinung der Verbands-Geschäftsleitung wohl vor allem eine Kostenfrage.
Für eine Herstellungserlaubnis (=BPAV-Mitgliedschaftsvoraussetzung) sind Ausstattungen nach § 13 AMG Vorschrift (u.a. Reinräume der Klasse D). Dies ist mit großen Investitionen verbunden und eine Mitgliedschaft würde zu zusätzlichen Beiträgen verpflichten. Eine strenge Kosten-Kalkulation für eine Amortisierung, die fehlende Honorierung dieser aufwendigen pharmazeutischen Dienstleistung und die Konkurrenz lassen daher die Anreize für eine Mitgliedschaft möglicherweise etwas in den Hintergrund rücken.
Verblistern – Segen oder Gefahr für die Arzneimittelsicherheit?
Das Patienten-individuelle Verblistern wurde im Rahmen der ApBetrO-Novellierung als apothekenspezifische Herstellungstätigkeit bestätigt, was allerdings nicht nur Zustimmung fand. Bereits 2011 hatte die Landesapothekerkammer Brandenburg Zweifel an der Arzneimittelsicherheit des Verblisterns geäußert. Die vermeintlichen Vorteile seien nicht bewiesen. Obwohl der BPAV seitdem eine Reihe von Studien in Auftrag gab, welche die Vorzüge der ökonomischen und sicherheitsrelevanten Aspekte belegen sollen, schloss sich 2014 die Thüringer LAK der Brandenburger Position an. Man verlangte gar eine Streichung dieser Passage aus der ApBetrO, denn der „Bezug zur Pharmazie ist nur insofern gegeben, dass es sich bei den bereitzustellenden Artikeln um Arzneimittel handelt. […] es findet wahrscheinlich täglich millionenfach in Haushalten […] statt“ und sei daher nicht als pharmazeutische Tätigkeit zu definieren.
Der BPAV entgegnete den Kritikpunkten in einer umfangreichen Stellungnahme mit Verweis auf die aktuelle Studienlage. Laut der Thüringer Apothekerkammer seien die entsprechenden Studien jedoch berücksichtigt worden, was trotzdem zu dieser ernüchternden Einschätzung führte. Seitdem herrscht Funkstille zwischen den Kontrahenten. Auf Anfrage von DAZ.online an die BPAV-Geschäftsstelle hieß es, dass falsche Behauptungen nicht unkommentiert bleiben sollten. Man dürfe sich aber auch nicht mit einer „verbohrten und voreingenommenen Einstellung einiger Kammern verkämpfen“. Die Sache hat man daher mit „Blick nach vorn“ zunächst auf sich beruhen lassen.
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