Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

02.08.2015, 08:00 Uhr

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: imagesab - Fotolia.com)

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: imagesab - Fotolia.com)


Heute mal was Positives zum Auftakt: Uns geht’s gut! Mein liebes Tagebuch, da muss sich dein Papier nicht kräuseln. Uns geht’s wirklich gut – im Vergleich zu den griechischen Apothekers. Mein Besuch von Apotheken in Athen zeigte mir die große griechische Tragödie: extrem verspätete Zahlungen der Kassen, Preise im Keller, Lieferengpässe, Defekte und Apothekenketten ante portas. Unser bizarrer Krieg um Vorname/Telefonnummer auf dem Rezept, Pille-danach-Gezerfe mit Gynäkologen oder Medikationsplan-Hickhack sind zwar für uns wichtig, aber im griechischen Vergleich  mit Verlaub: Kasperletheater.

27. Juli 2015

Beim Antikorruptionsgesetz, das zurzeit in der Mache ist, wird um Formulierungen gerungen. Waren anfangs zahlreiche Passagen recht schwammig, werden sie nach und nach präzisiert. Für Apotheken wichtig: Hatte der bisherige Entwurf Skonti noch für strafbar erklärt, ist eine entsprechende Formulierung im überarbeiteten Entwurf nicht mehr zu finden. Mein liebes Tagebuch, das wäre auch übertrieben gewesen. Skonti dürfen demnach weiter angenommen werden, ohne dass man sich des Vorwurfs der  Bestechlichkeit aussetzt.

 

Was auch im Gesetzentwurf und in der Berufsordnung steht: Apotheker müssen herstellerunabhängig beraten. Eine Verletzung dieser Pflicht kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass der Apotheker für die Abgabe bestimmter Arzneimittel Vorteile erhält und danach seine Beratung und Abgabe ausrichtet. Mal so am Rande nachgedacht: Wenn die AOK Niedersachsen ein „Sondereinsatzkommando Rabattverträge“ zu Apotheken und Ärzten schickt, um Ärzte vom Aut-idem-Kreuz und Apotheker von pharmazeutischen Bedenken abzuhalten und sie zur Abgabe von Rabattarzneimittel anhalten will, ist das dann noch herstellerunabhängige Beratung? Oder schon eine Art Bestechung?

 

Ach ja, die Ärzte. Medikationsplan ja, aber jetzt doch lieber erst ab fünf und nicht ab drei Arzneimitteln – könnt’ ja zu viel Arbeit werden. Statt rund 7,5 Mio. Versicherten hätte  dann etwa die doppelte Anzahl Anspruch auf einen Plan – wie sollte man das auch schaffen. Mein liebes Tagebuch, vielleicht sollten die Ärzte den Bundesgesundheitsminister darauf aufmerksam machen, auch dem Apotheker zu erlauben, einen Medikationsplan anzulegen. Geteilte Arbeit, geteilte Freude – auch beim Honorar, versteht sich.

28. Juli 2015

Unglaublich, wie die Gynäkologin Seelbach-Göbel sichtlich nicht damit fertig wird, dass die „Pille danach“ ohne Rezept von Apotheken abgegeben werden darf. Sie lastet die gestiegenen Verkaufszahlen der unzureichenden Beratung von Apothekern an: sie würden den Zyklusstand nicht erfragen. Zu bestimmten Zeiten könne man nach Meinung der Frauenärztin nicht schwanger werden, die Apotheker würden die „Pille danach“ jedoch trotzdem geben. Mein liebes Tagebuch, da liegt Frau Doktor aber stark daneben. Alles ist möglich! Auch während der Periode kann, laut Expertenwissen, eine Frau schwanger werden. Also, lieber in der Apotheke beraten lassen und nicht bei Frau Doktor.

29. Juli 2015

Luxusprobleme: Kann es sein, dass Ärzte es nicht schaffen, ihren Vornamen und ihre Telefonnummer aufs Rezept zu schreiben? Yes it can. Welche Wirbel, welche Stürme  diese kleine Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung im Gefüge Arzt/Apotheker auslösen kann, ist schon absurd. Die Apothekerverbände Hamburg und Schleswig-Holstein starten sogar eine Umfrage unter ihren Mitgliedern, wie sich die Lage an der Front entwickelt. Bis hin zur ultimativen Frage: Sind wir bereit, notfalls dafür zu kämpfen, indem wir Dienst nach Vorschrift machen und Rezepte zurückweisen, die fehlerhaft ausgestellt sind? Mein liebes Tagebuch, letztlich sind solche Konsequenzen dem Verhalten der Krankenkassen geschuldet, die mit bizarr-kleinlichen Retaxationen solche Maßnahmen geradezu provozieren. Meine Güte, wann zieht da endlich mal wieder Normalität ein? Es wird höchste Zeit, dass klare Regelungen zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband getroffen werden. Aber hallo!

30. Juli 2015

Die ABDA hat’s gefordert, jetzt wurde es im Gesetzentwurf zum Antikorruptionsgesetz geändert: Wer Skonti annimmt, kann per se nicht bestraft werden. Aber so ganz glücklich ist unsere Berufsvertretung doch nicht, denn noch immer ist im Entwurf nicht klar definiert, was korruptives Verhalten sei. Wenn das nicht präzisiert wird, leben Heilberufler in Grauzonen. Mein liebes Tagebuch, nein, das wollen wir uns gar nicht vorstellen, ein Leben in Grauzonen. Da ist in der Tat noch Nachbesserung nötig. Also, ABDA, bitte prüfen, wo es im Gesetz konkreter formuliert werden muss. 

 

Keine Grauzonen, sondern düstere Realitäten machen dagegen unsere Kolleginnen und Kollegen in Griechenland derzeit durch. Im Vergleich zu deren Sorgen sind unser kleiner Vorname/Telefonnummer-Krieg oder der Streit um Medikationsplan ab 3 oder 5 Arzneimitteln Kinderkram. Mein liebes Tagebuch, mein Besuch bei Apothekern in Athen hat mir gezeigt: In Griechenland geht es bei einigen um die nackte Existenz. Die Überweisungen von der Krankenkasse tröpfeln vier Monate später ein, in Raten. Die Apothekerin, mit der ich sprach, hat jetzt erst 50 Prozent ihrer Rezeptabrechnung vom April bekommen. Großhandlungen liefern zum Teil nur gegen Cash. Noch schlimmer als bei uns: Lieferengpässe und Defekte. Wichtige Asthmamittel, Antihypertonika, Zytostatika und natürlich auch Euthyrox sind derzeit nicht lieferbar. Mitarbeiter müssen entlassen werden. Wer es nicht schafft, seine kleine Apotheke über die Runden zu bringen, muss aufgeben – und als Angestellter arbeiten, wenn er eine Stelle bekommt, manchmal für weniger als 1000 Euro. Keiner wollte eine Prognose abgeben, wann und ob sich die Situation bessern wird. Und der Präsident des griechischen Apothekerverbands, Kostas Lourantos, machte im DAZ-Interview deutlich, dass Ketten, aber auch das deutsche Filialmodell und die Preisfreigabe nicht zu Griechenland passen. Schon jetzt gibt es zu viele Apotheken in Griechenland und die Preise sind bereits die niedrigsten in Europa. Er will alle Präsidenten der europäischen Apothekerorganisationen Anfang September nach Athen einladen, um über die Probleme in Griechenland zu sprechen. Mein liebes Tagebuch, da hoffen wir doch mal, dass die ABDA dabei ist.

31. Juli 2015

Nochmal Vorname/Telefonnummer-Querelen: Manche Krankenkassen zeigen sich gütig und gnädig und verzichten zurzeit auf eine Retaxation der Apotheke, wenn der Herr Doktor seinen Vornamen und die Telefonnummer nicht aufs Rezept schreibt. Jetzt fragt eine Kölner Rechtsanwältin, ob das überhaupt möglich ist. Entweder ist diese neue Vorname/Telefonnummer-Vorschrift zwingend, dann kann die Kasse gar nicht verzichten, oder sie ist es nicht (wovon im Übrigen diese Juristin ausgeht), und dann dürfte die Kasse deswegen auch nicht retaxieren. Mein liebes Tagebuch, da geht’s um Grundsätzliches. Es ist doch immer schön, wenn Pharmazie und Recht aufeinander treffen.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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