Hepatitis C

Direkt antivirale Mittel auch in früheren Stadien

Remagen - 03.08.2015, 08:55 Uhr

Hepatitis C: Hepatologen aus der Schweiz fordern einen konsequenteren und frühzeitigeren Einsatz von DAA. (Bild: Photocrew/Fotolia)

Hepatitis C: Hepatologen aus der Schweiz fordern einen konsequenteren und frühzeitigeren Einsatz von DAA. (Bild: Photocrew/Fotolia)


Hepatologen aus der Schweiz fordern einen konsequenteren Einsatz der innovativen „direct acting antiviral drugs“ (DAA) gegen Hepatitis C. Die temporären Kostengesichtspunkte müssten in den Hintergrund treten, so lautet ihre Forderung, denn langfristig würden sich die hohen Kosten von rund 60.000 Schweizer Franken pro Behandlung durch die stark verkürzte Therapiezeit und die Heilungsrate von über 90 Prozent doch wieder auszahlen. Dies wird aus einer Kostenabschätzung bis 2030 abgeleitet.

Nach Angaben auf der Website des Verbandes der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz (Interpharma), auf der die neuen in der Online-Fachzeitschrift PLOS ONE publizierten Forschungsergebnisse vorgestellt werden, tragen in der Schweiz schätzungsweise 80.000 Menschen das Hepatitis C-Virus in sich. Wegen fehlender Symptome weiß die Hälfte der Infizierten allerdings nichts von der Krankheit.

Bevor die direkt antiviral wirksamen Proteaseinhibitoren (Boceprevir, Telaprevir) auf den Markt kamen, wurden die Patienten in der Regel mit Interferon, meist ergänzt durch weitere Wirkstoffe, behandelt. Hierdurch können Heilungsraten von 50 bis 60 Prozent erzielt werden. Die Proteaseinhibitoren werden wegen der immens hohen Kosten nach den Vorgaben des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit nur bei Patienten mit fortgeschrittener Krankheit (Stadium 3 und 4) von der Krankenkasse vergütet.

Vergleich der verschiedenen Behandlungsstrategien

Dr. med. et phil. nat. David Semela, Leitender Arzt am Kantonsspital St. Gallen, hält diese Restriktion für einen falschen Ansatz. Zusammen mit anderen Schweizer und ausländischen Kollegen hat er in seiner Studie die Ausgaben für verschiedene Behandlungsstrategien von Hepatitis C in der Schweiz bis zum Jahr 2030 miteinander verglichen.

„Für mich ist nachvollziehbar, dass die Behandlung all dieser Personen mit der neusten Generation von Hepatitis C-Medikamenten unser Gesundheitssystem finanziell überfordern würde“, wird Semela im Newsroom von Interpharma zitiert, „aber die neue Therapie ist auf lange Sicht kosteneffizient.“ Dies haben die Wissenschaftler durch Gegenrechnung der erheblichen Folgekosten durch Krankenhausaufenthalte bei Leberversagen, für Krebsoperationen oder Organtransplantationen ermittelt, die anfallen, wenn sie nur ausgewählten Patienten zugutekommt. Verzögere man den Zugang zu den neuen Therapien,  so würden außerdem die Mortalität, Morbidität und Gesamtzahl der Infektionen zwischen 2013 und 2030 langsamer zurückgehen.

Hepatitis C-Therapeutika frühzeitig einsetzen

„Je schneller das Virus dank frühzeitiger Behandlung eliminiert ist, desto früher kann sich die Leber regenerieren“, betont Semela. Er spricht sich deshalb auch aus medizinischer Sicht dafür aus, die neuen Hepatitis C-Therapeutika schon bei weniger weit fortgeschrittener Krankheitsentwicklung einzusetzen. Darüber hinaus plädiert der Hepatologe dafür, das Screening über die derzeit erfassten Risikogruppen hinaus auszuweiten, um die Diagnose bislang unerkannter Infektionen zu verbessern. Personen, deren Leber schon Narben zeigten, müssten dann einer Therapie zugeführt werden, fordert er, hält diesen Screeningansatz aber gleichwohl nur bei niedrigeren Therapiekosten für realistisch.

Quelle: Müllhaupt B, Bruggmann P, Bihl F, Blach S, Lavanchy D, et al. (2015) Modeling the Health and Economic Burden of Hepatitis C Virus in Switzerland. PLoS ONE 10(6): e0125214. doi: 10.1371/journal.pone.0125214


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