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Apothekenkooperationen haben seit Jahren stetigen Zulauf. Mittlerweile sind 87 Prozent aller Apotheken aus überwiegend wirtschaftlichem aber auch fachlichem Interesse in mindestens einem der 40 maßgeblichen Verbünde organisiert. Dabei variiert der Umfang von kleinen, regionalen Verbünden bis zu bundesweit agierenden Großkooperationen mit mehreren tausend Mitgliedern. Bis heute haben sich 15 kleine bis mittelgroße Kooperationen dem Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen e.V. (BVDAK) angeschlossen, um gemeinsame Interessen zu bündeln und diese gegenüber Politik sowie Krankenkassen zu vertreten.
Seit Gründung des BVDAK 2008 in Gilching bei München traten dem Verband 39 Mitglieder bei: 15 Apothekenkooperationen sowie 24 Fördermitglieder aus den Bereichen Großhandel, Industrie und Apothekendienstleistung. Seine zentrale Aufgabe sieht der Verein darin, die „inhabergeführte Apotheke in vernetzter Form“ zu erhalten. Zudem legt er speziell Wert auf deren Selbstständigkeit sowie die Freiwilligkeit zur Kooperationsbereitschaft. Dies grenze die Apothekenkooperation wesentlich von der Apothekenkette ab – ein Vergleich, dem sich der Verband immer wieder ausgesetzt sieht.
Ausgangspunkt des BVDAK ist, dass der Apotheker nicht nur Heilberufler, sondern auch selbstständiger Kaufmann ist. Auf dem Kooperationsgipfel 2015 erläuterte der BVDAK-Vorsitzende Dr. Stefan Hartmann die Rolle des Verbandes zu dieser besonderem Stellung der Apotheke näher: Kooperationen helfen dem Kaufmann, die Apotheke nicht nur auf ein „sicheres finanzielles Standbein“ zu stellen, sie würden ihn zusätzlich in dessen betriebswirtschaftlichen Pflichten entlasten, wie etwa Einkauf und Marketing. Die Apotheke könne die dadurch frei werdenden Ressourcen in die „Qualität des pharmazeutischen Heilberufs […] investieren“ und somit ihrem Versorgungsauftrag in angemessener Weise nachkommen.
Klare Positionierung gegen Ketten
Das Fremdbesitzverbot ist ein zentraler Begriff, dessen Erhalt sich der BVDAK verschrieben hat. Es stelle das Fundament für Ziele und Forderungen dar, ohne das die „Wahrung der Berufsethik im Interesse der Gesundheit der Verbraucher“ nicht möglich sei. „Kettenbildende Kapitalgesellschaften“, die einer vertikalen Geschäftsstrategie folgen, stellen ein erklärtes Feindbild des Verbandes dar. Sollte der Apothekenmarkt liberalisiert werden, wäre die Selbstständigkeit des Apothekers gefährdet, warnt er. Darum sei es wichtig, die gemeinsamen Interessen möglichst vieler Apotheken mithilfe einer Vernetzung untereinander gebündelt vertreten zu können. Der „gesunde Wettbewerb“ würde dabei bestehen bleiben. Im Hinblick darauf wünscht sich Hartmann mehr Solidarität unter den Apothekenkooperationen. Gerade die „Big Player“ (wie MVDA mit Dachmarke Linda), die bislang nicht Mitglied sind, könnten dem Verband zu mehr politischer Gewichtung verhelfen. Auf Anfrage von DAZ.online erklärte der BVDAK, zu einigen Großkooperationen würden „enge und gute“ Kontakte unterhalten. Man warte derzeit Änderungen in Führungsgremien ab, eine interne Diskussion finde bereits statt.
Das Vernetzungstreffen schlechthin stellt der alljährlich in München stattfindende Kooperationsgipfel dar. Zwar könne man diesen bezüglich des Umfangs nicht mit der Expopharm vergleichen, aber es sei einmalig, dass mit knapp 400 Teilnehmern (2015) so viele „Entscheider“ aus den vier Kerngruppen Apothekenkooperationen, Pharmaindustrie, Großhandel und Warenwirtschaftsanbieter an einem Ort zusammenkämen, so Hartmann. So ist in relativ kurzer Zeit aus der ehemals überschaubaren Veranstaltung „der“ Branchentreff für gesundheitspolitische Entwicklungen geworden.
„Kritischer Begleiter“ der ABDA
2013 akzeptierte das Bundesgesundheitsministerium den BVDAK als „relevanten Spezialverband“, dessen Stellungsnahmen zu bestimmten Gesetzes- und Verordnungsvorhaben seither berücksichtigt werden. Damit wurde der Kooperationsverband zumindest offiziell auf eine Stufe mit der ABDA gestellt. Dennoch – so relativiert Hartmann – sei der BVDAK „nicht vergleichbar“ mit der offiziellen Spitzenorganisation der deutschen Apotheker. Für den BVDAK ist jedoch Fakt, dass sich immer mehr Apotheken in Kooperationen zusammenschließen, weil man „sich nicht mehr nur auf Kammern und Verbände verlassen kann“.
Den großen Verbänden ABDA und DAV falle es „offensichtlich zunehmend schwerer, die Interessen ihrer Mitglieder zu bündeln“. Aufgrund spezieller Anliegen entstünden Splittergruppen, die jedoch alle der Wunsch eine, die inhabergeführte Apotheke zu erhalten, was ebenso ein Ziel der Kammern und Verbände darstelle. „Nur in den Wegen unterscheiden sich viele Kooperationen von den Wegen der Kammern und Verbände“, wird auf der Vereins-Webseite erklärt. Daher befinde sich der BVDAK mit diesen stets im Austausch. Und er lässt es sich nicht nehmen, auch Kritik zu üben – zuletzt geschehen in der Honorarfrage des neuen Medikationsplanes im Rahmen des E-Health-Gesetzes: Es sei bedauerlich, erklärte der BVDAK, dass sich der DAV „wieder einmal politisch nicht durchsetzen konnte“. Seinerseits forderte er von der Politik die pharmazeutische Kompetenz der Apotheke angemessen zu honorieren. So sieht sich der Kooperationsverband als „kritischer Begleiter“, um seinem Vereinszweck nachzukommen, aktiv Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Apothekenwesens zu nehmen.
Korruptionsgesetz im Fokus
Kooperationen hätten den Apothekenmarkt in den letzten zehn Jahren maßgeblich positiv weiterentwickelt, resümierte Hartmann auf dem letzten Kooperationsgipfel. Doch das Wirtschaftsmodell sieht der BVDAK im geplanten Antikorruptionsgesetz beeinträchtigt. Gegen die Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen sei grundsätzlich nichts einzuwenden, nur dürfe man die gängige Praxis nicht kriminalisieren. Auf Anfrage von DAZ.online hieß es, man werde für seine Mitglieder Leitlinien zum Umgang mit dem Antikorruptionsgesetz erarbeiten, welche bald erscheinen werden. Für den BVDAK steht fest: Verhandlungen von Rabatten über wirtschaftliche Vorteile gehörten zum Wirtschaftsleben dazu. Eine gesetzliche Beschneidung der „kaufmännischen Aufgaben“ etwa durch unspezifische Formulierungen würde den wirtschaftlichen Erfolg der Apotheke und somit auch deren Versorgungsauftrag gefährden.
Hier geht es zu weiteren Verbands-Porträts:
Verbands-Porträt BVDVA: Die Online-Apotheker
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