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Berliner Ärztepräsident zur Flüchtlingssituation
„Alles, was gut tut, ist willkommen“
Noch immer warten zahlreiche Flüchtlinge auf dem Gelände des Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) in Moabit darauf, sich als Asylsuchende zu registrieren. Die Lage dort ist mittlerweile ruhig – aber nicht entspannt. So beschreibt es Dr. Günther Jonitz, Präsident der Berliner Ärztekammer, der sich am Freitag erneut ein Bild von der Situation vor Ort gemacht hat. Die Johanniter und ehrenamtliche Ärzte kümmern sich gemeinsam um die medizinische Versorgung der Flüchtlinge.
Die Zusammenarbeit der freiwilligen und hauptamtlichen Akteure vor Ort laufe jetzt sehr gut, so Jonitz im Gespräch mit DAZ.online. Die Abstimmung läuft, es gebe regelmäßige Lagebesprechungen. Zu verdanken sei die nunmehr vergleichsweise ruhige Lage allen voran der Bürgerinitiative „Moabit hilft“: „Wenn es die nicht gegeben hätte, wären vor zwei, drei Wochen wahrscheinlich Leute auf dem Gelände verhungert und verdurstet“, so Jonitz. Ihr Einsatz für die Flüchtlinge sei „spektakulär“ gewesen. Weitere ehrenamtliche Helfer kommen aus der Ärzteschaft. Nach dem Aufruf der Berliner Ärztekammer und des Marburger Bundes Berlin-Brandenburg, hätten sich mehr als 800 Mediziner gemeldet, um zu helfen. Der Bedarf ist damit mehr als gedeckt. Darüber hinaus sind die Johanniter zugegen, die die Akutversorgung übernehmen. Die Berliner Wasserwerke sorgen für ausreichend Wasser, die Charité und Vivantes dafür, dass es Essen für die wartenden Flüchtlinge gibt. Über 1000 Mahlzeiten würden jeden Mittag ausgegeben. Das technische Hilfswerk hat ein Zelt aufgestellt. Die Caritas hat das Platzmanagement übernommen und auch die Berliner Stadtreinigung ist aktiv.
Das größte Problem sei nun die Unterbesetzung der Stellen im LAGeSo, die die Asylanträge bearbeiten. Hier bräuchte man mehr Staatsbeamte, die nach kurzer Einarbeitungszeit diese Aufgabe ebenfalls übernehmen könnte. Gesundheitssenator Mario Czaja, der laut Jonitz ganzen Einsatz zeige und tatkräftig mit Hilfe leiste, brauche hier dringend die Unterstützung weiterer Senatsverwaltungen. Dann wäre die Wartezeit nicht eine Woche, sondern läge idealerweise bei wenigen Stunden, so Jonitz. Nicht einmal Familien mit kleinen Kindern oder Härtefälle könnten bevorzugt behandelt werden. Hier fehle es auch einer größeren Zahl von Dolmetschern.
Kontaktpflege zu Apothekern
Was die medizinische Versorgung betrifft, steht Jonitz auch in Kontakt mit der Berliner Apothekerkammer. Deren Präsident Dr. Christian Belgardt verspricht: Wenn es nötig ist, sind die Berliner Apotheker zur Stelle. Doch „Alarmismus“ sei nicht angesagt, so Belgardt zu DAZ.online. Derzeit, so Jonitz, laufe die Arzneimittelversorgung am LAGeSo ohnehin vergleichsweise reibungslos. Die Medikamente kämen aus Krankenhäusern oder Apotheken vor Ort. Teilweise wurden sie eingekauft, teilweise gespendet.
Grüner Behandlungsschein oft noch unbekannt
Während die ehrenamtliche medizinische Versorgung der noch nicht registrierten Flüchtlinge soweit gut funktioniert, gibt es leider immer noch Probleme bei bereits registrierten Flüchtlingen, die mit einem grünen Behandlungsschein in Arztpraxen kommen. Diese haben – anders als die Menschen in der Warteschlange vor dem LAGeSo – Anspruch auf Behandlung akuter Erkrankungen – doch viele Ärzte wüssten das offenbar noch immer nicht, so Jonitz. So komme es, dass Patienten abgewiesen würden, wenn sie kein wirklicher Notfall sind. Die Kassenärztliche Vereinigung sei jedoch um Information bemüht. Der grüne Schein gewährt Zugang zu allen Leistungen, die Kranke, vor allem chronisch Kranke (Diabetes mellitus, HIV, Herz-Kreislaufkranke) benötigen.
Was können Bürger nun noch tun, um zu helfen? Jonitz ist überzeugt, dass auch noch Hilfe nötig ist, wenn die erste akute Phase vorüber ist. Denn dann beginnt die Wartezeit von drei Monaten für die Asylbewerber bis sie wirklich etwas tun und arbeiten können. Wer ein Flüchtlingslager vor Ort habe, könne hier sicher aktiv werden. Dabei gelte: „Alles, was den Menschen gut tut, ist willkommen und gewünscht“, das könne auch eine Kinderparty sein. Bei größeren Lagern, wie jetzt etwa eines in Berlin-Spandau entstanden ist, sei es durchaus auch möglich, dass bei der medizinischen Versorgung Apotheker gebraucht werden. Wäre er Apotheker, so Jonitz, würde er sich einen dort tätigen Arzt suchen und mit ihm gemeinsam schauen, was gebraucht wird.
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