Chance bei bestimmten Krankheiten

Psychopharmaka nur nach strenger Indikationsstellung

Berlin - 09.09.2015, 12:15 Uhr

Psychopharmaka werden aus Sicht des DGPPN zu Unrecht kritisch beäugt: Viele Patienten können profitieren! (Bild: blobbotronic/Fotolia)

Psychopharmaka werden aus Sicht des DGPPN zu Unrecht kritisch beäugt: Viele Patienten können profitieren! (Bild: blobbotronic/Fotolia)


Arzneimittel finden bei körperlichen Erkrankungen eine hohe Akzeptanz – Psychopharmaka werden hingegen oft kritisch beäugt. Zu Unrecht, meint die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). „Bestimmte Krankheitsbilder werden durch Psychopharmaka erst behandelbar, indem sie eine Basis für eine psychotherapeutische Behandlung und weitere Behandlungen wie Soziotherapie schaffen. Viele Betroffene profitieren von der Pharmakotherapie und können wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben“, erklärte DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth gestern bei einem DGPPN-Symposium.

Die wissenschaftlichen Leitlinien empfehlen eine Behandlung mit Arzneimitteln insbesondere bei schweren psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie oder bipolaren Störungen. Dabei haben Psychopharmaka – wie andere Medikamente auch – durchaus Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln. Gerade zu Beginn einer Behandlung können die Nebenwirkungen überwiegen. „Deshalb sollten Psychopharmaka nur unter strenger ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden“, betont Hauth. Eine entscheidende Rolle spiele dabei die Arzt-Patienten-Kommunikation.

„Wir Ärzte müssen unsere Patienten sorgfältig und transparent über den Nutzen eines Wirkstoffs, aber auch über dessen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen aufklären.“ Das Wissen um Wirkungsweisen, Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Interaktionen von Psychopharmaka wachse rasant. Es müsse aber noch viel breiter in der Versorgung ankommen. Zumal laut DGPPN ein Drittel aller Psychopharmaka in Deutschland heute von Hausärzten verschrieben werden. Zudem dürfe nicht einseitig auf eine medikamentöse Therapie gesetzt werden: Entscheidend sei, dass diese Teil eines Gesamt-Behandlungsplans ist, der auch psychotherapeutische und weitere therapeutische Schritte beinhaltet.

Skepsis gegenüber Lustpille

Hauth kommentierte auch das kürzlich als „Lustpille für die Frau“ in den USA auf den Markt gekommene, ursprünglich als Antidepressivum entwickelte Flibanserin. Von einer vorschnellen Vergabe hält sie nichts. Auch hier müsse man Nutzen und Nebenwirkungen abwägen. Sie betonte, dass sexuelle Lustlosigkeit häufig psychische statt körperliche Ursachen haben. Ein psychotherapeutisches Gespräch sei daher möglicherweise sinnvoller als die Einnahme der Lustpille. Hauth: „Da wäre ich sehr zurückhaltend.“


Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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