Befreiung von der Rentenpflicht

Medikamentenentwicklung ist apothekerspezifisch

Berlin - 21.09.2015, 17:30 Uhr

Renten-Befreiung möglich: Die industrielle Medikamentenentwicklung ist grundsätzlich apothekerspezifisch. (Foto: nmann77/Fotolia)

Renten-Befreiung möglich: Die industrielle Medikamentenentwicklung ist grundsätzlich apothekerspezifisch. (Foto: nmann77/Fotolia)


Apotheker, die nicht in einer öffentlichen oder Krankenhaus-Apotheke arbeiten, haben oftmals Schwierigkeiten, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen. Es kommt darauf an, ob die konkret ausgeübte Tätigkeit berufsspezifisch ist. Im Hinblick auf Pharmazeuten, die in der Industrie tätig sind, hat das Sozialgericht München eine deutliche Ansage gemacht: Die Medikamentenentwicklung in der pharmazeutischen Industrie ist in der Regel apothekerspezifisch.

Konkret ging es um eine Apothekerin, die im April 2012 erstmals einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung stellte – für eine Tätigkeit als Projektmanagerin in der klinischen Forschung (Senior Project Manager). Die Stellenbeschreibung sah vor, dass sie klinische Prüfungen mit Arzneimitteln der Phase I-IV vorbereitet, operativ durchführt und abschließt. Zudem wurde sie als Vertreterin der Leitung/Management Pharmakovigilanz eingesetzt. Dafür erhielt sie eine Befreiung. Nicht so bei ihrer nachfolgenden Anstellung als Clinical Study Manager ab Februar 2013, bei der sie operative Maßnahmen zur Durchführung onkologischer Studien plant und umsetzt (Phase I).

Doch vor Gericht konnte sich die Apothekerin – deren Meinung auch die Bayerische Landesapothekerkammer vertrat – durchsetzen: Es entschied im Februar 2015, dass sie auch für diese Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit werden müsse. Zunächst sei die Annahme verfehlt, dass eine Approbation zwingende Voraussetzung in dem Sinne sei, dass eine Tätigkeit nur mit Approbation ausgeführt werden könne bzw. dürfe, heißt es im nun veröffentlichten Urteil. „Dies würde das befreiungsfähige Tätigkeitsprofil eines Apothekers letztlich auf die Tätigkeit in einer öffentlichen oder Krankenhausapotheke verengen, was weder mit § 2 Abs. 2 Bundesapothekerordnung […] noch mit der Rechtsprechung des BSG […] in Einklang zu bringen ist.“

Medikamentenentwicklung zählt zum Kernbereich

Die zu beurteilende Tätigkeit müsse zum Kernbereich des apothekerlichen Berufsbilds gehören, was anhand der einschlägigen kammerrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sei. „Völlig unverständlich“ sei insoweit das Argument der Deutschen Rentenversicherung, dass eine Tätigkeit in der pharmazeutischen Industrie von vorneherein deswegen nicht berufsspezifisch sei, weil dort auch andere akademische Berufe wie Chemiker vertreten seien. „Mit der gleichen Argumentation ließe sich vertreten, dass die Tätigkeit eines Chemikers in der chemischen Industrie nicht berufsspezifisch sei“, merken die Richter skeptisch an. Die Approbationsordnung für Apotheker zeige doch bereits, dass die Ausbildung der Apotheker interdisziplinär angelegt sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (insbesondere §§ 15, 14 AMG).

Es sei inkonsequent, erklären die Sozialrichter, der Apothekerin für ihre erste Tätigkeit eine Befreiung zu erteilen, für die folgende hingegen nicht. Letztendlich liege bei der Tätigkeit eines Pharmazeuten in der pharmazeutischen Industrie im Bereich der Medikamentenentwicklung eine tatsächliche Vermutung vor, dass diese berufsspezifisch ist: „Denn gerade die apothekerliche Aufgabe der Medikamentenentwicklung bzw. -herstellung findet heutzutage nicht mehr in der (öffentlichen) Apotheke, sondern primär in den Kliniken im engen Verbund mit der pharmazeutischen Industrie statt“, führen sie aus. Nur im Ausnahmefall werde die konkrete Tätigkeit eines Pharmazeuten in der pharmazeutischen Industrie so weit vom Kernbestand der apothekerlichen Tätigkeit entfernt sein, dass eine berufsspezifische Tätigkeit zu verneinen sei – das sei vorliegend aber nicht der Fall. 

Sozialgericht München, Urteil vom 5. Februar 2015, Az.: S 15 R 928/14


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