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Arzneimittel-Erstattungsbeträge
Techniker Krankenkasse schlägt Geheimvariante vor
Techniker Krankenkassen-Chef Jens Baas hat schon mehrfach gezeigt, dass er Sorgen und Nöte der Pharmaindustrie versteht. Nun hat seine Kasse einen Vorschlag vorgelegt, wie das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz, mit dem tatsächlich ausgehandelte Preisabschläge öffentlich werden, im Sinne der Hersteller nachgebessert werden könnte.
Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) galt von Anfang an als lernendes System. Nun ist es in seinem fünften Jahr, und nach wie vor erklären Pharmahersteller wie Krankenkassen, es gebe Nachbesserungsbedarf. Die Firmen ärgerte es, dass die Erstattungspreise, die sie nach einer frühen Nutzenbewertung mit dem Spitzenverband der Krankenkassen aushandeln, öffentlich sind. Sie hätten es lieber, wenn weiterhin der offizielle Listenpreis publik wird – und es darauf einen vertraulich verhandelten Abschlag gibt, wie Apotheker es von den Generika-Rabattverträgen kennen.
Der Hintergrund: Deutschland war und ist ein Referenzpreisland für andere Staaten – insofern ist den Unternehmen daran gelegen, dass diese Bezugspreise nicht zu sehr in den Keller gehen. Das steht aber zu befürchten, wenn den Arzneimitteln kein Zusatznutzen attestiert wird. Manch ein Anbieter zieht dann die Marktrücknahme vor. Das muss kein Verlust sein: Es gibt für neue Präparate ohne festgestellten Zusatznutzen immer gleichwertige Alternativen – so sehen es jedenfalls die Kassen und auch der Gemeinsame Bundesausschuss.
Marktrücknahmen vermeiden
Doch die TK räumt ein: Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll ist, auch Medikamente ohne Zusatznutzen im Markt zu halten. Denn begünstigt durch Pharmaberater und Werbung seien in einigen Fällen schon im ersten Jahr nach der Markteinführung viele Patienten auf ein neues Mittel eingestellt – wird dieses dann vom Markt genommen, kann dies problematisch für die Patienten werden. Ein Beispiel hierfür ist derzeit das Ultralangzeitinsulin degludec Tresiba® von Novo Nordisk. Die TK ist überzeugt: Wenn die Erstattungsbeträge zumindest in Teilen geheim wären, könnten günstigere Preise für die deutschen Krankenversicherungen ausgehandelt werden und in bestimmten Fällen Marktrücknahmen vermieden werden.
Die TK legt denn auch direkt einen Vorschlag bei, wie das Problem behoben werden könnte. Er soll zur Anwendung kommen, wenn abzusehen ist, dass die Erstattungsbetragsverhandlungen für ein Arzneimittel ohne festgestellten Zusatznutzen erfolglos sein werden und der Hersteller droht, aus dem Markt zu gehen.
In Fällen der Nicht-Einigung wird bekanntlich die Schiedsstelle angerufen. Diese wird informiert, welchen Preis beide Seiten fordern. Ist nun der GKV-Spitzenverband der Auffassung, das Präparat habe einen gewissen Stellenwert für die Versorgung, nennt er einen weiteren Preis. Dieser umfasst einen höheren Erstattungsbetrag, der jedoch um geheime Rabatte ergänzt wird. Diese Rabatte können die Kassen schon jetzt nach § 130c SGB V vereinbaren. Sodann entscheidet die Schiedsstelle über den Erstattungsbetrag.
Wählt sie die Variante mit geheimem Zusatzrabatt, will die TK das Zustandekommen an Bedingungen knüpfen:
- Das
pharmazeutische Unternehmen muss innerhalb von drei Monaten mit der
Mehrheit der Kassen einen Vertrag nach § 130c SGB schließen.
- Der Vertrag muss auf dem jeweiligen Standardvertrag der Einzelkasse basieren.
- Der Unternehmer muss mindestens die vom GKV-Spitzenverband genannte zusätzliche Rabatthöhe gewähren.
Wird das Quorum nicht erreicht, soll automatisch der ursprünglich vom GKV-Spitzenverband geforderte niedrigere Preis gelten – ohne geheime Preiskomponente.
Erstattungsbetrag soll rückwirkend gelten
Doch zu sehr will die TK den Herstellern auch nicht entgegenkommen. Sie hat neben den teilvertraulichen Erstattungsbeträgen noch eine weitere Stellschraube am AMNOG im Visier: Wie der GKV-Spitzenverband und viele andere Kassen fordert sie, dass die Erstattungsbeträge rückwirkend ab Markteinführung gelten. Gegenwärtig können die Hersteller ihre Preise im ersten Jahr frei festlegen. Dieses Zugeständnis habe in der Vergangenheit dazu geführt, dass diese neuen Arzneimittel zunächst zu sehr hohen Preisen in den deutschen Markt gebracht wurden. Während oder nach den Preisverhandlungen seien sie dann wieder vom Markt genommen worden. Damit werde Arzneimitteln für die ersten zwölf Monate ein Preis gewährt, den sie ohne Zusatznutzen nie bekommen würden, so die TK.
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