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Ja, es gab viel Konstruktives beim letzten Apothekertag. Aber ein Vorgang hat mich richtig erschüttert, hat mein Weltbild von einer ehrlich um Fortschritt bemühten Berufsvertretung ins Wanken gebracht: Die ABDA möchte nicht, dass die Delegierten den Stand der Antragsbearbeitung über eine Website mitverfolgen können. Einer der Gründe: das wecke an der Basis Begehrlichkeiten nach mehr Informationen. Mein liebes Tagebuch, da kann man jede Hoffnung verlieren. Genauso wie in unserer Honorarfrage: Das Ministerium will erst ein Forschungsvorhaben zur Arzneimittelpreisverordnung auf den Weg bringen. Unter zwei Jahren läuft da nichts. Das war’s dann erst mal.
5. Oktober 2015
Nachlese zum Apothekertag: Ich bin enttäuscht. Aber so richtig enttäuscht. Und das gleich zweimal. Mein liebes Tagebuch, es geht um das Ansinnen des Hessischen Apothekerverbands, die Anträge des Apothekertags in eine Art Datenbank zu stellen. Diese Aufstellung sollte für die Delegierten des Apothekertags über die ABDA-Internetseite zugänglich sein, damit jeder den Stand der Antragsbearbeitung verfolgen kann. Im Jahr 2015 ist es eigentlich ein Unding, dass es eine solche Datenbank bzw. eine solche Internetseite (als Billigversion könnte es auch eine veröffentlichte Exceltabelle oder ein pdf-Dokument sein) noch nicht gibt. Mein liebes Tagebuch, nenn mir einen Grund, warum es nicht einem Delegierten, ja, warum es nicht jedem Kammermitglied möglich sein sollte, den Stand der Antragsbearbeitung einzusehen. Na siehste, du findest auch keinen. Doch dieser Antrag (für mich einer der harmlosesten des Apothekertags) muss das Apothekertagspodium, muss die Geschäftsführung und den geschäftsführenden Vorstand, ins Mark getroffen haben. Sie ließen ein Argumentationsgewitter auf die Delegierten nieder, das vermuten lässt: Hier steckt mehr dahinter, mit diesem Antrag wird eine Bastion niedergerissen. Während sich Hauptgeschäftsführer Schmitz dazu hinreißen ließ, den ach so völlig transparenten Ablauf der Antragsbehandlung zu erklären („ich sehe hier keine black box“), und fragte, „was es uns bringt, ins Netz zu stellen, wo der Antrag gerade steht“, wurde der ABDA-Präsident selbst sogar noch grundsätzlicher. Es gehe um das Verhältnis zwischen der ABDA und den Mitgliedsorganisationen, das „grundsätzlich infrage gestellt“ werde, mit dem Antrag würde die Aufgabenverteilung verändert werden und eine Tür geöffnet, die nicht wieder geschlossen werden könne. Und der BAK-Präsident legte noch eins drauf: Da würden unnütze Daten produziert, von der Sache her bringe das nichts. Und ein solcher Antrag berge die Gefahr, einen Kanal ‚direct to the consumer‘ weiter aufzubohren: „Das weckt Begehrlichkeiten“ – wohl nach dem Motto: Wo kommen wir da hin, wenn wir alles ins Netz stellen und unsere Mitglieder ein bisschen besser über unsere Arbeit informieren. Mein liebes Tagebuch, ich kann verstehen, dass du nun glaubst, wir sind noch im letzten Jahrhundert. Immerhin, es gab einige Kammerpräsidentinnen und -präsidenten, die sich für diesen Antrag aussprachen: auch sie verstanden die Welt nicht mehr.
Ich habe mich fremdgeschämt, einem Beruf anzugehören, dessen Berufsvertretung sich wegen ein klein bisschen mehr Transparenz in Richtung Basis so winden und verschwurbeln kann. Mein liebes Tagebuch, wer diese Ansichten kennengelernt hat, kann erahnen, wie schwer sich diese Organisation mit nur kleinsten Veränderungen tut. Mir kommen da Begriffe wie Gutsherrenart, Zunftdenken und die alten Zöpfe in den Sinn – alles noch da wie eh und je.
Also, nochmal ganz sachlich und ohne Emotionen gefragt: Warum soll ein Kammermitglied nicht wissen dürfen, in welchem Stadium sich ein Antrag des Deutschen Apothekertags befindet? Keines der oben vorgebrachten Argumente kann dies auch nur ansatzweise begründen. Christian Rotta hat es in seinem DAZ-Kommentar „Der Untergang des ABDAlandes?“ so schön auf den Punkt gebracht: „Es sollte für die ABDA selbstverständlich und eine angenehme Pflicht sein, ihre Mitglieder und Delegierten der Hauptversammlung unkompliziert über den jeweiligen Stand der von der Hauptversammlung beschlossenen DAT-Anträge zu informieren.“ Außerdem wolle die ABDA doch „keine Black box sein“, wie der Hauptgeschäftsführer anmerkte, und „wir alle sind ABDA“, so ein Kammerpräsident. Genau.
Meine zweite Enttäuschung: Just bei der Abstimmung zu diesem Antrag wurde geschummelt, wie sich herausstellte. Ein Nicht-Delegierter, nämlich der Hauptgeschäftsführer der Bayerischen Landesapothekerkammer, hat mit abgestimmt. Dabei dürfen Nicht-Delegierte überhaupt nicht abstimmen, zudem ist der Hauptgeschäftsführer kein Apotheker, sondern, wie passend – Jurist. Er hielt gleich drei Stimmkarten hoch. Ein Delegierter, der abreisen musste, habe ihn gebeten, die Karten hochzuhalten. Unrechtsbewusstsein ist bei ihm nicht vorhanden. Es waren die drei Stimmen, mit denen der Antrag letztlich abgelehnt wurde, ohne diese Stimmen wäre es 149 zu 149 ausgegangen. Mein liebes Tagebuch, da verliert man doch den Glauben daran, dass alles mit rechten Dingen zugeht, oder? Wie mag es da erst in den nicht öffentlichen Ausschusssitzungen zugehen? Was meinst du: Wie hätte wohl die ABDA reagiert, wenn sie nachträglich erfahren hätte, dass dieser Antrag mit drei Schummel-Stimmen angenommen worden sei? Zeigt nicht gerade dieser Vorfall, dass der Antrag aus Hessen mehr als berechtigt ist, so viel Transparenz wie möglich ins System zu bringen?
6. Oktober 2015
Nein, das Neuverblistern ist nicht das Gelbe vom Ei, weder aus ärztlicher, pharmazeutischer noch aus wirtschaftlicher Sicht. Hier sind sich die Ärzte und Apothekerorganisationen aus Sachsen einig. Und schon gar nicht sind die Blistertütchen fürs Medikationsmanagement notwendig, meinen die Sachsen (und auch die Thüringer). Klar, im Einzelfall könne es da schon mal einen kleinen Vorteil geben. Aber nach Meinung der sächsischen Ärzte- und Apothekerverbände überwiegen die Nachteile: Sicherheitslücken, nur Verblisterung von festen Arzneiformen wie Tabletten und Kapseln, teure Resteentsorgung, Mein liebes Tagebuch, die Ablehnung ist nachvollziehbar. Aber, was tun, wenn es die Heime unbedingt wollen?
7. Oktober 2015
Unglaublich, aber wahr: So schnell wird es mit einer Überprüfung des Apothekerhonorars, geschweige denn einer Honorarerhöhung nichts werden. Das Bundeswirtschaftsministerium übt sich in einer Hinhaltetaktik vom Feinsten: Bevor man sich nämlich mit der Honorarfrage der Apotheker befassen will, soll erst eine „belastbare und gesicherte Datenbasis“ geschaffen werden – die mit Hilfe eines externen Gutachters erarbeitet werden soll. Angestrebt wird eine grundlegende Revision aller in der Arzneimittelpreisverordnung geregelten Preiszuschläge und Preise. Ein Forschungsvorhaben soll dazu sogar ausgeschrieben werden. Au weia, mein liebes Tagebuch, das wird dauern. Zwei Jahre, schätzt man. Oder auch länger. Das Ergebnis eines solchen „unabhängigen Gutachtens“ lässt sich schon heute erahnen. Und danach müssen die Erkenntnisse noch gesetzgeberisch umgesetzt werden. Wie soll man das deuten? Mal platt formuliert: Wir sind die Gelackmeierten. Die von der ABDA vorgelegten Zahlen will das Ministerium nicht anerkennen. Die ABDA will sich nun dagegen wehren, vielleicht sogar mit einem eigenen Gutachten. Na, dann hauen wir uns die Gutachten um die Ohren. Wessen Gutachten wird am Schluss wohl mehr zählen?
8. Oktober 2015
Nochmal zum Apothekertag und der Antragsabstimmung: Als Reaktion auf die Schummelei bei der Antragsabstimmung will die ABDA in Zukunft genauer hinsehen. Sie will „mehr Sicherheit“ in die Abstimmung bekommen. Wie soll das gehen? Bei dieser Art der Stimmabgabe und des Auszählverfahrens? Ach ABDA, wenn’s richtig gut werden soll, muss sich noch viel mehr ändern, als nur „genauer hinsehen“.
9. Oktober 2015
Der Wettbewerb um Möglichkeiten der patientenorientierten Pharmazie wird um ein interessantes Modell erweitert: Der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern bringt eine eigene Variante ins Spiel. Vorgesehen ist, dass ein Arzt einem Patienten ein sogenanntes Medikationskonsil der Apotheke auf einem Rezeptblatt verordnet, wenn bei einer Polymedikation der Überblick verloren gegangen ist. Die Apotheke erstellt dann zu einem vereinbarten Termin zusammen mit dem Patienten einen Medikationsplan, der dann an den Arzt übermittelt werden soll. Das Modell soll zwölf Monate laufen, um es zu testen, um Erfahrungen zu sammeln, auch in Richtung: wie viel Zeitaufwand steckt da drin und wie müsste ein Honorar aussehen. Wie groß sind die Chancen, mein liebes Tagebuch, dass der Arzt das Konsil verordnet?
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