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Die ABDA darf mitreden! Im Forschungsprojekt des Wirtschaftsministeriums für unser Honorar. Cool, oder? Beim Berufsbild des Apothekers allerdings hat sich der Gesundheitsminister sein Bild schon gemacht – während die ABDA erst jetzt anfängt, darüber zu diskutieren. Geschenkt.
Wirklich Böses könnte vom Europäischen Gerichtshof kommen: Er muss bald entscheiden, ob die festen Rx-Preise in Deutschland rechtens sind und auch für ausländische Versender gelten. Gefährlich! Außerdem in dieser Woche: Skonti sind keine Rabatte, sagt ein kleines Landgericht, aber das ist wohl noch nicht das letzte Wort. Mein liebes Tagebuch, bleibt uns die Freude über Barbara Steffens, die den Medikationsplan auch vom Apotheker möchte. Gerne, wenn man uns lässt.
19. Oktober 2015
Was läuft da schief? Der Bundesgesundheitsminister weiß schon genau, wie das Berufsbild eines Apothekers in Zukunft auszusehen hat. Er hat eine unsägliche Neu-Definition des Apothekerberufs vor Kurzem auf den Kabinettstisch geknallt: ein Apotheker alter Zunft mit Zöpfen. Und jetzt kommt die ABDA aus den Puschen, setzt eine Arbeitsgruppe ein, die einen Vorschlag für die Aktualisierung des Berufsbilds erstellt. Niedlich, oder? Dieser Vorschlag darf dann von 1. bis 30. November von uns Apothekers an der Basis im Netz kommentiert werden (ähnliches Verfahren wir vor knapp zwei Jahren mit dem Perspektivpapier – wir erinnern uns!). Mein liebes Tagebuch, ist ja nett, dass man endlich mal daran geht, zu überlegen, wie ein moderner Apothekerberuf aussehen soll. Aber wie passt das mit den EU-Aktivitäten des Gesundheitsministers zusammen? Wenn die ABDA dann, was zu hoffen ist, zu einer anderen Ausprägung des Berufsbilds kommt, es im ABDA-Konvent zusammenschreibt und beim nächsten Apothekertag verabschieden lässt – äh, was nützt uns das? Haben wir dann ein modernes Berufsbild, das wir uns in unsere Offizinen hängen können? Aber für Gröhe und Co. bleiben wir nach wie vor die Labor-Lageristen-Krämer, denen man keinen Medikationsplan zutrauen kann? Mein liebes Tagebuch, und da fragst du noch, was schief läuft? Alles!
Der Versandhandel bei OTC-Arzneimitteln wächst kräftig weiter. Hat eine Sempora-Studie herausgefunden. Mein liebes Tagebuch, wenn man den Hochrechnungen dieser Untersuchung glaubt, dann werden in diesem Markt europaweit über fünf Milliarden Euro umgesetzt werden. Wobei sich dies wohl hauptsächlich in Großbritannien und in Deutschland abspielen wird, den größten Versandmärkten in Europa. Der Marktanteil der Versender am Non-Rx-Markt soll sich auf knapp neun Prozent belaufen. Das nimmt den Präsenz-Apotheken spürbar Umsatz und Marktanteile weg. Wenn man bedenkt, dass dieser Markt auf einer Art Arzneimittel-Selbstbedienung beruht, bei der eine Beratung nur auf dem Papier steht – dann tut das der Präsenz-Apotheke verdammt weh.
20. Oktober 2015
Puh, da schwelt etwas, das sich zu einem Flächenbrand entwickeln könnte. Der Europäische Gerichtshof muss darüber entscheiden, ob es rechtens ist, dass Deutschland die Preise für Rx-Arzneimittel mit der Arzneimittelpreisverordnung staatlich geregelt hat. Und ob sich auch ausländische Versender an diese Arzneimittelpreisverordnung halten müssen. Den Schwelbrand angesteckt hat DocMorris. Der Versender will ein Bonussystem für verschreibungspflichtige Arzneimittel durchdrücken, was einer Unterwanderung der Arzneimittelpreisverordnung gleichkommt. Der Fall liegt mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof. In einer Stellungnahme kämpft die Bundesregierung jetzt für den Erhalt der Arzneimittelpreisverordnung. Für sie ist das ein Eckpfeiler im deutschen Gesundheitssystem. Denn: Diese Preisverordnung verhindere einen sonst ruinösen Wettbewerb zum Nachteil der deutschen Vor-Ort-Apotheken. Wenn die Rx-Preisbindung nicht für ausländische Versender gelte, hätten sie die Möglichkeit, permanent günstigere Preise anzubieten als die Präsenzapotheken – das bestehend System würde ausgehöhlt, die flächendeckende Arzneiversorgung wäre in Gefahr. Mein liebes Tagebuch, wenigstens das sieht unsere Bundesregierung mal richtig. Und sie hebt in ihrer Stellungnahme auch die Information und Beratung der Kunden hervor, die nicht durch merkantile Interessen beeinträchtigt werden dürfe. Die Kunden sollten sich auch nicht davon leiten lassen, in welcher Apotheke sie die höchsten Boni bekommen. Außerdem behindere die Arzneimittelpreisverordnung nicht den freien Warenverkehr: Sie gilt für alle, für inländische Präsenz- und Versandapotheken und ausländische Versender. Stimmt. Jetzt muss dem nur noch der EuGH folgen und sein Wasser auf den Schwelbrand kippen.
21. Oktober 2015
Bisher war eine Apotheke relativ sicher, nicht retaxiert zu werden, wenn sie ein Rabattarzneimittel wegen „Pharmazeutischer Bedenken“ austauschte. Jetzt scheinen die von den Kassen beauftragten Prüfunternehmen auch diesen Bereich zu durchwühlen, um den allerletzten Formfehler aufzuspüren.
Das Deutsche Apotheken Portal (DAP) spricht sogar von „Massenretaxationen“, die auf die Apotheken zukommen könnten. Vor allem die DAK tut sich zurzeit äußerst negativ hervor und retaxiert wegen Formfehlern. Beanstandet wird vor allem, dass bei Pharmazeutischen Bedenken ein aussagekräftiger und zusätzlicher Vermerk auf den Rezepten fehlt, warum das Rabattarzneimittel nicht abgegeben wurde. Die Sonder-PZN und ein begründender Faktorschlüssel reichten nicht aus, die Pharmazeutischen Bedenken sind nochmals stichwortartig und aussagekräftig zu vermerken. Mein liebes Tagebuch, dieser pedantische Formalismus einiger Kassen, der letztlich nur der Abzocke dient, ist widerlich.
22. Oktober 2015
Die Apotheke im Container. Die aus zwölf Modulen zusammengeschraubte Container-Easy-Apo steht auf dem Parkplatz eines Real-Marktes in Moers. Ganz so leicht, wie es sich die Easygruppe dachte, war’s allerdings nicht: 2013 hatte der easy-Vorstand ankündigt, mit Container-Apotheken an den Start gehen zu wollen. Jetzt wird‘s Ende November 2015 werden. Die Apothekencontainer einfach mal so und g’schwind dort aufzubauen, wo mal glaubt, dass es noch Bedarf dafür gibt – da hat man wohl die deutsche Bürokratie unterschätzt. Und noch ist die Container-Apo nicht offen und hat noch nicht den Segen des Pharmazierats. Der Apotheker aus Duisburg, der die Container-Apo als Filiale betreiben wird und bisher noch kein easy-Apotheker ist, wird sich wohl noch ein wenig gedulden müssen. Macht nichts, mein liebes Tagebuch, für ihn ist easyApotheke sowieso „das Konzept der Zukunft“. Und da sieht eine Apotheke eher wie ein großer Selbstbedienungsbereich mit separater Kasse aus, der „zum Shoppen einlädt“, wie es bei easy heißt. Ob das Containerkonzept ein Kracher wird? Wenn nicht – die Bundesregierung und die Länder suchen derzeit händeringend Container.
Skonti sind keine Rabatte. Das jedenfalls meint das Landgericht Aschaffenburg im Skonti-Streit der Wettbewerbszentrale gegen den Pharmagroßhändler AEP. Und damit steht es erstmal 1:0 für AEP. Die Wettbewerbszentrale war der Auffassung, dass der pharmazeutische Großhandel gesetzlich zulässig maximal 3,15 Prozent (entspricht dem prozentualen Teil der Großhandelsmarge) als Preisnachlass gewähren dürfe, ein zusätzliches Skonto sei nicht zulässig. Das Landgericht wies diese Klage ab und ist der Auffassung, dass auch der Festzuschlag des Großhandels von 70 Cent pro Packung rabattfähig sei. Mein liebes Tagebuch, eigentlich ist das so vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Er hatte seinerzeit deutlich gemacht, dass die 70 Cent nicht rabattfähig sein sollen. Wenn nun dem Großhandel die gesamte Marge zur Rabattierung zur Verfügung stehen soll – was wird das bei den Großhändlern auslösen? Hauen und Stechen? Dürfte nur am Anfang lustig werden, später kommt dann das große Heulen. Aber, mein liebes Tagebuch, noch ist nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, die Wettbewerbszentrale wird voraussichtlich in die nächste Runde gehen und eine höchstrichterliche Entscheidung anstreben.
23. Oktober 2015
Sie steht voll auf der Seite der Apotheker: Barbara Steffens, Gesundheitsministerin von NRW. Die Patienten sollten die Wahl haben, wer ihren Medikationsplan erstellt. Es gehe nicht an, das die Apotheker zwar mitmachen sollen, aber nur kostenlos und zusätzlich – „das halte ich für falsch!“, hat sie gesagt, die Ministerin. Die Haltung der Bundesregierung, die die Apotheker beim Medikationsplan außen vor lassen möchte, hält sie für engstirnig, eine Haltung, die zu Lasten der Patientinnen und Patient gehe. Selbst Steffens vermutet dahinter andere als inhaltliche Gründe. Mein liebes Tagebuch, wir auch.
Neue Töne von Josef Hecken. Der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses hätte nichts dagegen, im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) enger mit Apothekern zusammenzuarbeiten. Auch unter dem Aspekt der Arzneimittelsicherheit. Wenn denn die Apotheker Mitglied des G-BA wären. Das allerdings liege in der Hand des Gesetzgebers. Aber Stellungnahmen zu G-BA-Themen könnte die ABDA schon heute abgeben. Tut sie aber nicht immer, wie er anmerkte, und das bedeute für ihn, dass dies dann wohl auch nicht erforderlich gewesen sei. Mein liebes Tagebuch, kann sein, kann aber auch nicht sein. Denn laut ABDA-Präsident Schmidt könne die ABDA aus Kapazitätsgründen nicht zu allen G-BA-Themen Stellungnahmen abgeben. Zur Entscheidung, ob sie in den G-BA möchte, konnte sich die ABDA bisher nicht durchringen. Und von einem pharmazeutischen Beirat, wie er auf dem letzten Apothekertag diskutiert wurde, hält Hecken nichts. Apotheken und G-BA – das wird auch weiterhin eine ambivalente Beziehung bleiben.
Wir haben’s gehört: Das Apothekenhonorar wird nicht mehr einfach nur so neu verhandelt. Nein, ein Forschungsprojekt des Bundeswirtschaftsministeriums soll ermitteln, wie und in welchem Ausmaß eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung notwendig ist. Startet Ende des Jahres und dauert rund 18 Monate. Das heißt, Ergebnisse gibt es frühestens im Sommer 2017. Kein Wunder, wenn die ABDA dahinter eine Verzögerungstaktik vermutet. Jetzt lädt das Ministerium die ABDA zur Teilnahme in einem Beirat ein. Mein liebes Tagebuch, wie nett vom Bundeswirtschaftsministerium! Wir dürfen mitreden, wenn es um unser Honorar geht. Der Beirat soll das Projekt beratend begleiten, alle drei Monate soll es Beiratssitzungen geben, auf denen über den Stand des Projekts berichtet wird. Das wird spannend wie ein Krimi. Mit ungewissem Ausgang. Ach ja, den Abschlussbericht gibt’s dann kurz vor der nächsten Bundestagswahl – und die nächste Bundesregierung wird’s entscheiden. Mein liebes Tagebuch, tolle Aussichten: unser Honorar der Zukunft, eine Unbekannte mit tausend Parametern.
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