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Für mehr Transparenz wollen ab 2016 Pharmaunternehmen in Deutschland ihre Zahlungen an medizinische Fachkreise offenlegen. Doch zunächst müssen Ärzte zustimmen, dass ihre Namen und ihre Honorierung öffentlich werden. Und auch sonst gibt es noch Schlupflöcher.
Die enge Verbindung zwischen Pharmaindustrie und Ärzten oder anderen Mitgliedern medizinischer Fachkreise ist normal, die forschenden Unternehmen benötigen Know-how und Feedback aus der Praxis. Und umgekehrt müssen Ärzte und Apotheker in der Therapie und Verordnung von Arzneimitteln stets auf dem besten Stand sein.
Dennoch kam und kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Hersteller über das normale Maß hinaus versuchen – etwa durch die Übernahme von Reisekosten zu Kongressen für einzelne Mediziner, durch üppige Honorare für den Vortrag eines Klinik-Professors oder die großzügige Vergütung eigentlich unnötiger Anwendungsbeobachtungen – Ärzte für sich gewogen zu machen.
vfa-Transparenzkodex soll in 2016 starten
Weltweit gibt es immer mehr Initiativen und Kodizes, die derartiges Verhalten öffentlich machen, allen voran „Dollars for Docs" der US-Rechercheorganisation ProPublica. Um Transparenz für die Beteiligten in der Gesundheitsbranche und vor allem für Patienten zu schaffen, werden die Zahlungen der Industrie an die Mitglieder der Heilberufe offengelegt. Ab 2016 will auch der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) mit der Umsetzung seines Transparenzkodexes beginnen. Dieser wird durch die aus dem vfa entstandene Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) umgesetzt.
Durch diese Selbstverpflichtung werden zum ersten Mal in Deutschland geschäftliche Beziehungen der forschenden Pharma-Unternehmen zu Ärzten nachvollziehbar, erklärten Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa, und Holger Diener, Geschäftsführer Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie.
Bis Mitte 2016 haben sich insgesamt 58 Pharmakonzerne in Deutschland verpflichtet, ihre Zahlungen an Angehörige der Fachkreise – Ärzte und Apotheker – , medizinische und wissenschaftliche Organisationen, Krankenhäuser und Universitätskliniken und Fachgesellschaften offenzulegen. Dies geschieht im Rahmen einer EU-weiten Initiative. Veröffentlicht werden seitens der Pharmaindustrie getätigte:
- Spenden und andere „einseitige Zuwendungen“,
- Zuwendungen in Zusammenhang mit Fortbildungsveranstaltungen,
- Dienstleistungs- und Beratungshonorare und
- Zuwendungen aus dem Bereich Forschung- und Entwicklung (F&E).
Klingt nach größtmöglicher Transparenz – doch es gibt Lücken. Manche würden sich im Verlauf noch schließen, erklärte FSA-Geschäftsführer Diener. So könnten im ersten Jahr die Ausgaben für F&E nur aggregiert pro Hersteller angegeben werden, da diese Angaben sensible Forschungsgebiete der Konzerne betreffe, die Konkurrenz könnte sonst sehen, welche Ärzte in Forschungsprojekte eingebunden sind, und Rückschlüsse ziehen.
Auch Zahlungen für die durchaus umstrittenen Anwendungsbeobachtungen fallen in diesen Gesamttopf.
Angaben verteilt auf 58 Hersteller – irgendwann im 1. Halbjahr
Weiteres Manko: Zum Start des Transparenz-Kodex wird es keine gemeinsame Datenbank für Deutschland geben – die Zahlungen an die Ärzte und Angehörigen der Fachkreise (namentlich) veröffentlicht jedes Unternehmen auf der eigenen Website. Bei 58 beteiligten Organisationen sei es auch technisch nicht möglich gewesen, eine große Lösung direkt umzusetzen.
Bevor die Zahlungen der Konzerne durch einen der eingeschlossenen 58 Pharmakonzerne veröffentlicht wird, müssen aus datenschutzrechtlichen Gründen zunächst alle Ärzte zustimmen. Wie hoch die Bereitschaft unter den Medizinern ist, könne man derzeit noch nicht sagen, berichtet Diener. Manche Konzerne würden diese Abfrage erst zum Jahresende durchführen. Die Angaben der Verweigerer unter den Ärzten können dann nur aggregiert angegeben werden.
Der Transparenzkodex sei eben echte Pionierarbeit, sagt vfa-Chefin Birgit Fischer. Die Anstrengungen des Gesetzgebers zur Korruptionsbekämpfung und die der Pharmaindustrie zur Transparenz im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zielten in dieselbe Richtung: „Ein partnerschaftliches Gesundheitssystem, das für gute Therapieergebnisse auf die Zusammenarbeit vieler Akteure angewiesen ist.“
AKdÄ mit gutem Beispiel voran
So bleibt es spannend, wie transparent die deutsche Gesundheitsbranche 2016 wirklich wird. Die Mitglieder der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft machten 2014 einen Anfang: Alle 37 Mitglieder verpflichteten sich, „Beziehungen im Gesundheitswesen, insbesondere zu pharmazeutischen Unternehmen oder Herstellern von Medizinprodukten“ offenzulegen.
Die AKdÄ-Mitglieder stellten zudem genaue Regeln auf, wie im Fall von Interessenkonflikten zu verfahren ist. Dies sei vor allem deshalb wichtig, weil die AkdÄ am AMNOG-Prozess beteiligt ist.
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