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In dieser Woche alles neu: neues Verbandshaus in Westfalen (freut sich der neue Verbandschef), neues Studium (wünschen sich die Studis), neue Rabattverträge (gluckst erfreut der AOK-Chef), neuer e.V (will die ABDA werden), neuer Pharmagipfel (gegen neue Lieferengpässe) und neue ABDA-Bleibe (bis zum Neubau). Nur, mein liebes Tagebuch: Die Probleme sind die alten.
9. November 2015
Niegelnagelneues Verbandshaus, günstiger als geplant, frische Millionen in der Verbandskasse, mehr als gedacht, und ein wiedergewählter Verbandsvorsitzender Klaus Michels, der strahlt: Dem Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) geht’s gut. Na ja, fast, wäre da nicht das Problem mit den PTA-Schulen. Das Land Nordrhein-Westfalen gibt keine Zuschüsse mehr für die PTA-Schulen, deren Träger der AVWL ist. Zoff mit der Kammer darüber, inwieweit sie sich an der Rettung des Trägervereins beteiligt, war vorprogrammiert. Mittlerweile ist ein Kompromiss mit der Kammer gefunden, die ihre finanzielle Unterstützung erhöhte. Immerhin konnte der PTA-Ausbildungsjahrgang 2015 bis 2017 gesichert werden. Aber wie’s danach weitergeht, ist offen. Michels will die Friedenspfeife mit Overwiening rauchen. Eine Lösung muss her. Denn alle wissen: Ohne PTA müssten die meisten Apotheken bald schließen.
Das Pharmaziestudium soll grundlegend reformiert werden. Meinen die Pharmaziestudis. Auf ihrer Bundesverbandstagung sprachen sich die angehenden Pharmazeuten für eine Neuausrichtung aus, vor allem vor dem Hintergrund des Perspektivpapiers. Auch ABDA-Präsident Schmidt machte vor kurzem deutlich, dass er sich eine Reform der Ausbildung wünsche, ihm gehe das alles viel zu langsam. Mein liebes Tagebuch, das kann man nachvollziehen. Doch die Bereitschaft der Hochschullehrer für eine Reform geht eher gegen Null. Um die Lehre zu aktualisieren, brauche man keine Änderung der Approbationsordnung, meinte unlängst Professor Laufer, der neue DPhG-Präsident. Denn die Approbationsordnung zu ändern und umzusetzen, dauere viel zu lang. Außerdem bestehe die Gefahr, dass dann die Diskussion um das ungewünschte Bachelor/Master-System wieder hochkocht. Auch das kann man nachvollziehen. Dann allerdings sollten sich die Hochschullehrer rasch zusammensetzen und ihren Stoffkatalog mal entrümpeln. Der junge Pharmazeut muss, auch vor dem Hintergrund des Perspektivpapiers, der Medikationsanalyse und des Medikationsmanagements, heute andere Dinge lernen, begreifen und sich erarbeiten als es noch vor dreißig Jahren der Fall war.
Nett: Auf der Bundesverbandstagung der Pharmaziestudierenden wurde der Antrag gestellt, den Bearbeitungsstand der Arbeitsaufträge im Netz zu veröffentlichen – ein ähnlicher Antrag, wie er auf dem großen Deutschen Apothekertag im Oktober gestellt worden war. Während der Apothekertag diesen Antrag (mit gemogelten Stimmen) knapp ablehnte, wurde der Vorstand des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden (BPhD) von den Delegierten dazu verpflichtet. „Wir gehen mit gutem Beispiel voran“ heißt es auf der BPhD-Facebook-Seite. Mein liebes Tagebuch, das lässt hoffen, dass mit einer neuen Generation von Apothekern der intransparente Mief der ABDA ein Ende hat.
10. November 2015
Alles offen, beim Medikationsplan. Die Anhörung im Gesundheitsausschuss hat kein greifbares Ergebnis gebracht. Die Koalition hat noch ihre Zweifel, ob’s was bringt, wenn Apotheker gleichberechtigt mit Ärzten den Plan erstellen dürfen. Die einen meinen ja, die anderen meinen eher nein. In drei Wochen sollen die Diskussionen im Ausschuss abgeschlossen sein, bis dahin kann die ABDA noch Überzeugungsarbeit bei den Koalitionspolitikern leisten, dann fällt der Vorhang und das e-Health-Gesetz nimmt seinen politischen Weg. Der CSU-Gesundheitspolitiker Reiner Meier sieht beispielsweise durchaus einen Sinn darin, wenn Apotheker beim Medikationsplan richtig eingebunden sind. Aber auch er hat seine Fragen: Wer soll den Plan erstellen, nur Apotheker oder auch PTA? Haben die Apotheken überhaupt Räume für vertrauliche Gespräche? (Wie bitte?) Und wer haftet für Fehler? Mein liebes Tagebuch, seltsam, warum stellt er diese Fragen nicht in Richtung Ärzte? Tippt der Arzt selbst den Medikationsplan in den Rechner oder macht das die Arzthelferin? Und ja: Apotheken haben Beratungsräume oder -zonen, und es haftet, wer den Fehler macht. Man kann alles kaputt reden. Also, mein liebes Tagebuch, den Medikationsplan können wir uns wohl abschminken. Soll’n doch die Ärzte schauen, wie sie damit zurechtkommen, oder?
Christoph Hermann, AOK-Chefverhandler für Rabattverträge, ist entzückt und beglückt: die 15. Rabattvertrags-Tranche ist unter Dach und Fach: für 104 Arzneimittel mit 45 Pharmafirmen ab 1. April 2016. Seit 2007 laufen die Rabattverträge für die Kassen als Erfolgsmodell: In den vergangenen acht Jahren mussten die AOKs knapp vier Milliarden Euro weniger für Arzneimittel ausgeben. Schön für Hermann und fürs System. Mein liebes Tagebuch, und wer hat das Erfolgsmodell umgesetzt? Wer musste und muss Patienten verärgern, besänftigen, trösten? Wer muss ständig sein Lager aktualisieren? Wer hat den Ärger an der Backe, bekommt keinen Honorarzuschlag und wird auch noch retaxiert? Wir Apotheker sind eine selten devote Spezies.
Und in der Schweiz: Da schickt eine der größten Krankenversicherungen, die SWICA, ihre Mitglieder zuerst in die Apotheke, dann zum Arzt. Denn sie hat festgestellt, dass das Kosten spart. Die Versicherten bezahlen dafür geringere Beiträge. Und die Apotheker sind aktiv in die Erstversorgung mit eingebunden. So geht’s auch.
11. November 2015
Bisher ist die ABDA nichts. Also, keine Firma, keine Körperschaft, keine Gesellschaft, kein eingetragener Verein. Da stellt sich die Frage: Warum ist das so? Warum ist sie als Dachorganisation von Bundesapothekerkammer und Deutschem Apothekerverband bisher als nicht rechtsfähiger Verein organisiert, der nicht mal ins Grundbuch eingetragen werden konnte? Egal, das soll sich nun endlich ändern. Nachdem das Ende des Palais gekommen ist (dessen Eigentümer die Werbe- und Vertriebsgesellschaft ist), soll das neu zu bauende Apothekerhaus unserer ABDA selbst gehören. Das geht allerdings nur, wenn sie ein eingetragener Verein ist. Das soll sie nun werden. Der Gesamtvorstand hat bereits grünes Licht zur Metamorphose gegeben, die Mitgliederversammlung soll den Entschluss am 9. Dezember absegnen. Die Eintragung muss bis Mitte 2016 erfolgt sein. Ganz klar, mit der ABDA als e.V. wird dann alles besser, meinst du, mein liebes Tagebuch. Und Steuern sparen tut das auch noch: Beim Erwerb des neuen Apothekerhauses dürften rund zwei Millionen Euro an Grunderwerbsteuer weniger anfallen, die sonst hätten doppelt gezahlt werden müssen. Und, mein liebes Tagebuch, vielleicht wird die ABDA als e.V. ein wenig transparenter? Mit e.V.-Satzung und so? Ach, heute ist der 11.11.
12. November 2015
Bayern und Pharmagipfel, wenn das nicht passt! Die bayerische Gesundheitsministerin Huml, die Bayerische Wirtschaftsministerin Aigner, Vertreter der Pharmaverbände vfa, ProGenerika und BPI saßen beisammen und haben sich darauf verständigt, einen runden Tisch ins Leben zu rufen. Und der soll sich u. a. auch mit – aufgepasst! – Lieferengpässen befassen. Mein liebes Tagebuch, das ist doch mal eine vielversprechende Absichtserklärung. An diesem runden Tisch werden sitzen: das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Vertreter der Pharmaindustrie, des Großhandels, die Bayerische Landesapothekerkammer und die Krankenhausapotheker. Erörtert werden sollen aktuell auftretende Versorgungsengpässe, Möglichkeiten und Initiativen zur Vorbeugung von solchen Engpässen. Und, mein liebes Tagebuch, der Ansatz ist gut. Dann hoffen wir, dass es kein Kaffeekränzchen am runden Tisch wird, sondern dass es schon bald vorzeigbare Ergebnisse gibt. Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml forderte übrigens auch den Bund auf, einen Runden Tisch einzurichten. Recht so!
13. November 2015
Die Delegierten der Kammerversammlung Nordrhein werden auf ihrer kommenden Sitzung am 18. November mal in sich gehen müssen. Sie sollen darüber entscheiden, ob die ehrenamtlichen Vorstände des Versorgungswerks der Apothekerkammer erneut eine Verdoppelung ihrer monatlichen „Pauschalentschädigungen“, sprich mehr Kohle, erhalten sollen. Für den Vorstand soll’s 4000 Euro monatlich (statt bisher 2000 Euro) geben, für den Vize 3000 (statt 1500) und für die weiteren Vorstandsmitglieder 1200 Euro (statt 600). Kann man diskutieren. Was nachdenklich stimmt: Die Bezüge wurden 2008 und 2012 bereits angepasst. Beispielsweise wäre das Salär für den Vize seit 2007 dann um 1000 Prozent gestiegen. Damals bekam er 300 Euro, sieben Jahre später soll’s 3000 Euro im Monat geben. Nein, mein liebes Tagebuch, wir rechnen jetzt nicht hoch, was es dann 2020 als monatliches Honorar gibt. Waren die Vorstände für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit jahrelang unterbezahlt? Oder ist der Arbeitsaufwand in den letzten sieben Jahren sooo immens gestiegen? Die eine oder andere Frage könnte da gestellt werden.
Das Apothekerhaus in der Jägerstraße ist Geschichte. Auch für die Apotheker. Die ABDA ist in dieser Woche ins Lindencorso Unter den Linden umgezogen. Es ist mehr als gut, dass die Zeit im Palais zu Ende gegangen ist. Mein liebes Tagebuch, der feudale Charakter des alten Bankhauses, das zudem als Bürohaus zu klein und völlig ungeeignet war, stand einem modernen Bild eines Heilberufs, der sich fürs Patientenwohl stark machen will, diametral entgegen. Ab Montag beginnt die Interimszeit im Lindencorso, für 1,5 Mio. Euro Jahresmiete. Kein Schnäppchen. Dauert bis 2018, spätestens 2020. Und dann haben die Apothekers wieder ein eigenes neues Bürogebäude, Nähe Hauptbahnhof. Wie’s aussehen wird? Bis jetzt hält die ABDA die Skizzen noch in der Schublade zurück. Ob bis dahin schon das Apothekerhonorar angehoben wurde? Ob es dann schon einen Zuschlag für Rezepturen und für die BtM-Dokumentation gibt?
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