VERSTOSS GEGEN ARZNEIMITTEL-GEMEINSCHAFTSKODEX

Kein Biosiegel auf Heilpflanzensäften

Berlin - 19.11.2015, 15:27 Uhr

Der Frischpflanzenpresssaft darf das Biosiegel nicht mehr tragen. (Foto: Salus)

Der Frischpflanzenpresssaft darf das Biosiegel nicht mehr tragen. (Foto: Salus)


Firmeneigene Biosiegel gehören nicht auf eine Arzneimittelpackung – auch nicht auf einen Heilpflanzensaft. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster jetzt erneut entschieden. Das betroffene Unternehmen will weiter für sein Siegel kämpfen.

chon vor zwei Jahren hatte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden: Das Biosiegel auf den Arzneitees der Firma Salus ist unzulässig. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte die Tees als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registriert – allerdings unter der Auflage, das Biosiegel zu entfernen. Dagegen wehrte sich Salus erfolglos.

Wichtige Information - oder Werbung?

Nun hatte das Oberverwaltungsgericht wieder über das gleiche Biosiegel zu entscheiden – allerdings ziert es diesmal die Pflanzenpresssäfte der Salus-Tochterfirma Schoenenberger. Auch diese sind als freiverkäufliche Arzneimittel registriert (§ 44 Abs. 2 AMG) und liefen mit dem Biosiegel versehen beim BfArM Auf. Das Gericht kam auch hier zu dem Ergebnis: Bei dem firmeneigenen Siegel handele sich nicht um eine zulässige Angabe nach dem Arzneimittelgesetz. Vielmehr habe es Werbecharakter und verstoße damit auch gegen europarechtliche Vorgaben.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sind weitere Anga­ben auf den Behältnissen und äuße­ren Umhüllungen von Arzneimitteln unter anderem zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arz­neimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patien­ten wichtig sind.

Art. 62 des Gemeinschaftskodex für Arzneimittel (Richlinie 2001/83/EG)  bestimmt zudem, dass die äußere Umhül­lung und die Packungsbeilage zur Veranschau­lichung einiger speziellen Informationen Zei­chen oder Pikto­gramme enthalten kann, die für den Patienten wich­tig sind. Nicht zulässig sind aber Angaben, die Werbecharakter haben können.

Verwaltungsgericht hat keinen Zweifel 

Schon die Vorinstanz hatte angenommen, die Information, dass der pflanzliche Grundstoff aus – nicht näher de­finiertem – biologischem Anbau stamme, sei weder für die An­wendung des Arznei­mittels noch für die Gesundheit des Patien­ten von Bedeutung. Zudem habe sie Wer­becharakter. Das Verwaltungsgericht hatte die Berufung nicht zugelassen, da es mit seiner Entscheidung nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung abwich und der Rechtsfrage auch sonst keine besondere Bedeutung beimaß.

Das Unternehmen wollte jedoch eine Zulassung des Rechtsmittels erreichen – und scheiterte damit. Das Oberverwaltungsgericht hat keinerlei Einwände gegen die Entscheidung der Vorinstanz. Insbesondere wies sie den Einwand der Klägerin zurück, § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sei unionsrechtswidrig beziehungsweise im Lichte der Richtlinie 2001/83/EG anders auszulegen.

OVG: Es geht um Verkaufsförderung

Das Gericht ist vielmehr überzeugt: Firmeneigene Bio-Kennzeichnungen sind Angaben, die im Sinne der EU-Richtlinie Werbecharakter haben können. Sie dienten dem Ziel, den Absatz des Produkts zu fördern, indem sie es gegenüber anderen her­aus­heben. Von anderen Informationen werde der Patient dadurch sogar abgelenkt. Das Siegel selbst habe hingegen keinen konkreten Informationsgehalt: „Es ist für den Verbraucher überhaupt nicht ersichtlich, welche beson­deren Kriterien das Er­zeugnis bzw. der pflanzliche Ausgangsstoff erfüllt, die über die an alle Arznei­mittel gestellten strengen gesetzlichen An­forderungen hinausgehen, und welche ökologischen Standards eingehalten werden“.

Bundesverfassungsgericht statt Europäischer Gerichtshof

Daher kommt es für das Oberverwaltungsgericht auch nicht in Betracht, die Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, wie es die Klägerin begehrt hatte.

Die Schoenenberger-Mutter Salus Pharma GmbH will auch diesen Beschluss aus Münster nicht akzeptieren. Geschäftsführer Christoph Hofstetter erklärte gegenüber DAZ.online, nächste Woche werde in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung eingelegt.

 

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Oktober 2015, Az.: 13 A 2598/14


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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