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BSG-Urteil zu Zyto-Ausschreibungen
AOK Hessen kündigt weitere Retaxationen an
Das Urteil des Bundessozialgerichts zu den Zyto-Ausschreibungen der AOK Hessen sorgt bei Apothekern für Entsetzen. Die obsiegende Kasse freut sich und kündigt an, Apotheken ohne Vertrag weiterhin zu retaxieren.
„Die AOK Hessen hält dieses Urteil für richtig und schlüssig begründet“, meldet die AOK Hessen bereits vor Veröffentlichung der Entscheidungsgründe des jüngsten Apotheken-Urteils des Bundessozialgerichts. Nun sei höchstrichterlich entschieden, dass Krankenkassen Zyto-Verträge ausschreiben können und die zugrundeliegende gesetzliche Regelung nicht ausgehebelt werden könne, indem Apotheken, die nicht Vertragspartner sind, Sterilrezepturen herstellen.
„Gleichzeitig wurde erkannt, dass es auch möglich sein muss – schließlich will es der Gesetzgeber so – bei gleichbleibender Qualität der Versorgung wirtschaftliche Hebel anzusetzen“, freut sich die AOK weiter.
AOK verspricht Umsetzung „mit Augenmaß“
Apotheken, die weiterhin ohne Vertrag Zytostatikarezepturen für Versicherte der AOK Hessen herstellen, obwohl sie keinen Vertrag haben, müssen sich darauf einstellen, auf ihren Kosten sitzen zu bleiben: „Wir behalten uns nach diesem Urteil vor, jene Apotheken, die keine Lieferberechtigung besitzen, zu retaxieren“, so die Kasse. Gleichzeitig verspricht sie „mit diesem Urteil mit Augenmaß“ umzugehen – was das bedeutet, bleibt abzuwarten.
Nicht zuletzt betont die AOK Hessen, dass das Gericht unmissverständlich dargelegt habe, dass keine Versichertenrechte beschnitten werden: Faktisch besitze der Patient, der eine Sterilrezeptur benötigt, gar kein Apothekenwahlrecht. Das hatte die Vorinstanz noch ganz anders gesehen – insofern darf man gerade hier auf die nähere Begründung des Bundessozialgerichts gespannt sein.
Rabatte nur gegen Mengen-Versprechen
Das Bundessozialgericht hat am 25. November 2015 entschieden, dass die Krankenkassen aufgrund von § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V berechtigt sind, zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven exklusive Verträge mit einzelnen Apotheken zu schließen. Solche Versorgungsverträge schlössen alle anderen Apotheken von der Versorgungsberechtigung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Denn die Krankenkassen könnten Abschläge auf die ansonsten geltenden Preise nur realisieren, wenn sie im Gegenzug die Abnahme bestimmter Mengen zusagen können, erklärt das Gericht in seiner Pressemitteilung. Deshalb gehöre eine zumindest prinzipielle Exklusivität der Lieferbeziehungen zu den Essentialia eines entsprechenden Vertrages. Würden die Zytostatikazubereitungen direkt von der Apotheke an die ärztliche Praxis geliefert, hätten die Patienten kein rechtlich geschütztes Interesse an der Wahl einer bestimmten Apotheke.
Marburger Verfahren läuft weiter
Ob in der Angelegenheit tatsächlich das letzte Wort gesprochen ist, ist noch nicht ausgemacht. So ist etwa das am Sozialgericht Marburg bereits in erster Instanz ebenfalls zugunsten des Apothekers ausgegangene Verfahren zu diesem Komplex noch anhängig. Hier ist nun das Landessozialgericht am Zug, das die Entscheidung des Bundessozialgerichts abwarten wollte. Im Unterschied zum von den Kasseler Richtern entschiedenen Fall des Sozialgerichts Darmstadt geht es im Marburger Verfahren nicht um eine Konstellation, in der aufgrund einer Absprache anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hergestellt worden sind, unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben werden (§ 11 Abs. 2 Apothekengesetz). Hier hatte der Arzt die Zytostatika nicht selbst besorgt, sondern die Rezepte an die Versicherten ausgehändigt, wenn sie dies wünschten, um sie selbst in ihrer Apotheke einzureichen.
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