BKK-REPORT

Hälfte der Fehltage wegen Langzeiterkrankungen

Berlin - 26.11.2015, 08:12 Uhr

Rückenschmerzen, psychische Leiden: 2014 waren BKK-Versichtere im Schnitt 16 Tage arbeitsunfähig. (Foto: Laurent Hamels - Fotolia)

Rückenschmerzen, psychische Leiden: 2014 waren BKK-Versichtere im Schnitt 16 Tage arbeitsunfähig. (Foto: Laurent Hamels - Fotolia)


Langzeiterkrankungen in Unternehmen nehmen zu - in kleinen mehr als in großen. Das hängt offenbar auch damit zusammen, dass große Firmen eine bessere Gesundheitsprävention bieten.

Die Zahl der Arbeitnehmer, die in ihrem Betrieb krankheitsbedingt mehr als sechs Wochen am Stück ausfallen, steigt stetig. Langzeiterkrankungen wie Rückenbeschwerden, Krebs, Diabetes oder psychische Störungen machen fast die Hälfte der Fehltage in deutschen Unternehmen aus - Tendenz steigend. Dies geht aus dem Gesundheitsreport des Dachverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Vor zehn Jahren habe der Anteil der Ausfälle durch langwierige Krankheiten noch bei 41 Prozent und damit 5 Punkte niedriger gelegen als heute.

Mit zunehmender Alterung der Gesellschaft dürften die Fehlzeiten wegen langandauernder und chronischer Krankheiten noch zunehmen. Der BKK-Report zeigt, dass Muskel- und Skeletterkrankungen wie Rückenleiden und psychische Störungen die häufigsten Ursachen von Langzeiterkrankungen seien. Auf diese beiden Krankheiten gehe mehr als jeder zweite Krankengeldtag zurück.

Knieps: "System nicht am Patienten orientiert"

In Kleinunternehmen mit bis zu neun Beschäftigten seien fast die Hälfte aller Fehltage (49 Prozent) mit Langzeiterkrankungen verbunden. Diese Quote liege in Großunternehmen rund zehn Prozentpunkte niedriger. Das hängt offenbar auch mit den Präventionsangeboten zusammen. Unternehmen mit vielen Beschäftigten haben oft bessere Strukturen und Angebote für ihre Beschäftigten in der betrieblichen Gesundheitsförderung.

Der Vorstand des BKK-Dachverbandes, Franz Knieps, kritisierte: "Das deutsche Gesundheitswesen ist erstarrt in seinen Strukturen." Es sei nicht am Krankheitsverlauf eines Patienten orientiert, was bei Langzeit-Patienten bitter nötig wäre. Trotz globaler Informationsvernetzung herrsche noch Abgrenzung und Abschottung in vielen Bereichen - etwa zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, zwischen Ärzten und anderen Gesundheitsberufen und auch zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung.

2014 war jedes beschäftigte BKK-Mitglied laut Report im Schnitt 16 Tage arbeitsunfähig. Ein Krankheitsfall dauerte demnach im Durchschnitt 12,7 Tage.

Anreize zur Prävention falsch gesetzt

Der größte Teil der Gesundheitsausgaben in Deutschland entfällt nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) auf die Behandlung sogenannter Zivilisationskrankheiten wie Rückenbeschwerden, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schätzungen gehen demnach von bis zu 70 Prozent aus. Allen gemeinsam sei, "dass sie oft lebensstilbedingt und damit eigentlich vermeidbar sind - hervorgerufen durch ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Stress", erklärte die TK am Mittwoch. Mit besserer Prävention, mit einer gesünderen Lebensweise ließe sich viel dagegen tun.

Allerdings würden die Anreize im Gesundheitssystem falsch gesetzt. Im Finanzausgleich zwischen den Kassen, dem sogenannten Morbi-RSA, sei es finanziell besonders attraktiv, möglichst viel Krankheit zu dokumentieren. Denn je mehr Krankheiten eine Kasse bei ihren Versicherten nachweisen könne, umso mehr Geld erhalte sie aus dem Gesundheitsfonds.

Diejenigen Kassen würden also finanziell bestraft, die sich zum Beispiel darum kümmerten, dass sich die Zuckerkrankheit eines Versicherten nicht verschlechtere, erläuterte TK-Chef Jens Baas und fügte hinzu: "Ein Gesundheitssystem, in dem niemand mehr ein Interesse an gesunden Menschen hat, ist ein krankes System."


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