Anhörung zum Anti-Korruptionsgesetz

Union nimmt Bedenken auf

Berlin - 03.12.2015, 19:50 Uhr

Wieviel Kooperation erlaubt - und wann ist sie ein Fall für den Staatsanwalt? Das Anti-Korruptionsgesetz lässt noch Fragen offen. (Foto: Gerhard Seybert/ Fotolia)

Wieviel Kooperation erlaubt - und wann ist sie ein Fall für den Staatsanwalt? Das Anti-Korruptionsgesetz lässt noch Fragen offen. (Foto: Gerhard Seybert/ Fotolia)


Dass Korruption im Gesundheitswesen nicht durch eine Strafbarkeitslücke fallen soll, darin sind sich alle einig. Doch wie die neuen Tatbestände auszugestalten sind, ist umstritten. Am Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte bei der Anhörung im Rechtsausschuss jeder Experte etwas zu kritisieren. Die Union will die wichtigsten Zweifel nun prüfen.

Im Grundsatz trifft das geplante Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen auf Zustimmung. Schließlich gilt es, eine Regelungslücke zu schließen, die der Bundesgerichtshof im Jahr 2012 im Ratiopharm-Fall ausgemacht hat: Derzeit können sich niedergelassene Ärzte nicht der Korruption strafbar machen. Die Bundesregierung will dies mit neuen Straftatbeständen im Strafgesetzbuch ändern. Dass der Teufel im Detail steckt, zeigte die Experten-Anhörung am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestages.

Linke will auch Vorteilsnahme und -gewährung bestrafen

Ebenfalls zur Diskussion stand ein Antrag der Linksfraktion zum Thema. Anders als die Regierung will Die Linke die Korruptionsstrafbarkeit nicht an § 299 StGB anlehnen (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), sondern an die entsprechenden Amtsträgerdelikte (§ 331 ff. StGB). Letztere umfassen auch die Vorteilsnahme/-gewährung, die keine (pflichtwidrige) Gegenleistung fordert. Zudem plädiert die Oppositionsfraktion für die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und einen Whistleblower-Schutz.

Der Regierungsentwurf sieht vor, die Delikte der Bestechung und Bestechlichkeit in jeweils zwei Tatbestandsalternativen aufzuteilen. Zum einen sollen Angehörige eines Heilberufs bestraft werden, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung einen Vorteil dafür fordern, sich versprechen lassen bzw. annehmen, dass sie bei der Verordnung oder Abgabe von Arznei- Heil und Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten einen anderen im Wettbewerb in unlauter bevorzuge (Bestechlichkeit – entsprechend ist die Formulierung im Paragrafen zur Bestechung). Diese Alternative zeigt klar auf: Hier geht es um den Schutz des fairen Wettbewerbs. Was die genauere Auslegung des Paragrafen angeht, kann man sich an der Rechtsprechung zu § 299 StGB orientieren. Diese Regelung trifft daher auf Akzeptanz.

Kritik an unbestimmter zweiter Tatbestandsalternative

Kritik gab es allerdings an der zweiten Tatbestandsalternative, nach der die erforderliche Unrechtvereinbarung zwischen Bestechenden und Bestochenen mit einer Verletzung der „berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ verknüpft wird. Die Vorschrift ist als Auffangtatbestand zu verstehen: Sie soll ausweislich der Gesetzesbegrünung beispielsweise zur Anwendung kommen, wenn es wegen eines Monopols an einer Wettbewerbslage fehlt. Doch die Kopplung zwischen Berufs- und Strafrecht wird als problematisch gesehen, da das Berufsrecht auf Landesebene geregelt ist. Und das kann dazu führen, dass es von Bundesland zu Bundesland die Strafwürdigkeit eines bestimmten Verhaltens ganz anders gesehen wird. Daher zweifeln einige Experten, ob die Alternative dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt. Ärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery würde die zweite Tatbestandsalternative am liebsten ganz gestrichen sehen. Vielen Beschäftigten im Gesundheitswesen werde nicht klar sein, was damit genau gemeint ist, vermutet er. Er sprach sich stattdessen für die Aufnahme konkreter Tatbestands-Merkmale in den Gesetzestext aus.

Douglas verweist auf Apotheken-Probleme

Auch der Freiburger Rechtsanwalt Morton Douglas hält diese zweite Alternative für problematisch. So könnten sich etwa bundesweit tätige Versandapotheken veranlasst sehen, sich dort anzusiedeln, wo die niedrigsten berufsrechtlichen Standards bestehen. Douglas verwies zudem darauf, dass in den Täterkreis mit Apothekern auch Gewerbetreibende fallen, die sich im Wettbewerb positionieren müssen. Diesen Wettbewerb habe der Gesetzgeber auch bewusst gefördert – etwa durch die OTC-Preisfreigabe. Wenn nun eine Vielzahl von Kooperationsformen unter dem Risiko stehe, strafrechtlich behandelt zu werden, werde dieser Wettbewerb ausgehebelt. Daher lehnt er den Vorschlag der Linken, auch Vorteilsnahme zu bestrafen, strikt ab.

Ansonsten zeigte sich, dass nach wie vor Unsicherheit besteht, wie sich künftig strafbare Korruption von sinnvoller Kooperation zwischen Akteuren im Gesundheitswesen abgrenzen lässt. So wies etwa der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Arzneimittelherstellern und Ärzten für die Entwicklung und Erprobung neuer Präparate hin. Deshalb forderte der vfa-Jurist Uwe Broch einen eindeutigen Gesetzestext, um ungerechtfertigte Ermittlungen zu vermeiden.

Am meisten Zustimmung erhielt der Gesetzentwurf vom Vertreter des GKV-Spitzenverbandes. Der Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, Stephan Meseke, sprach von einem „großen Wurf mit kleinen Schwächen“. Auch die Ideen der Linksfraktion – etwa zum Schutz von Hinweisgebern – kommen im GKV-Lager gut an.

Unions-Berichterstatter will Bedenken prüfen

Jan-Marco Luczak, zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Gesetz, hat einige Kritikpunkte aufgenommen. So ist bei ihm angekommen, „dass Kooperationen für medizinischen Fortschritt und Innovation notwendig und damit auch im Interesse der Patienten sind“. Für die Union sei deshalb klar: „Wir wollen Korruption bekämpfen, aber gewünschte Kooperationen nicht behindern“. Sie werde daher im parlamentarischen Verfahren sicherstellen, dass es eine klare Abgrenzung zwischen verbotener Korruption und erlaubter Kooperation gibt.

Luczak verspricht auch, die Zweifel an der Bestimmtheit der zweiten Tatbestandsalternative zu prüfen. Es dürfe nicht dazu kommen, dass das gleiche Verhalten eines Arztes in einem Bundesland erlaubt, in einem anderen Land aber als Korruption strafbar ist. „Ein solcher Flickenteppich würde zu Rechtsunsicherheit führen, das wollen wir nicht“. Für ihn stellt sich nach der Anhörung tatsächlich die Frage, ob die zweite Tatbestandsalternative wirklich für einen umfassenden Strafrechtsschutz nötig ist. Auch darüber werde man im weiteren parlamentarischen Verfahren zu entscheiden haben.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Machtmissbrauch von Pflegedienstleitungen

von Petro Human am 26.04.2016 um 17:41 Uhr

Vielleicht sollten auch PDL geprüft werden, in manchen Altenheimen werden Rollstühle zu 90 % von weit entfernten Sanitätshäusern geliefert, ohne Rücksicht auf SHer vor Ort.

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