Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

06.12.2015, 08:00 Uhr

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: imagesab - Fotolia.com)

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: imagesab - Fotolia.com)


Apotheker sind beim Medikationsplan der Assistent des Arztes. Fragt sich, ob wir Apothekers das wollen? Hauptsache, die ABDA weiß, was sie will, nämlich: ein „e.V.“ werden. Doch da wollen einige Kammern und Verbände nicht so recht. Mit Recht. Sie fühlen sich schlecht informiert. Das Vertrauen fehlt! Und die ABDA sei „sehr zentriert“. Da schau an, mein liebes Tagebuch, das sollte mehr als Katzenjammer bei der ABDA auslösen.

30. November 2015

Rezepte von Ärzten, die den Patienten nur übers Telefon oder übers Internet beraten haben, sollen in Apotheken nicht eingelöst werden dürfen. Das will die Koalition mit dem Entwurf einer Novelle zum Arzneimittelgesetz beschließen. Im Klartext: Für deutsche Patienten kann der in England praktizierende Dr. Ed einpacken. Nur nach einem direkten Arzt-Patienten-Kontakt sollen Rezepte ausgestellt und in der Apotheke beliefert werden dürfen. Dafür soll sogar die Apothekenbetriebsordnung geändert und eine Ergänzung im Paragrafen 17 eingefügt werden: Keine Abgabe, wenn erkennbar ist, dass der Patient keinen persönlichen Kontakt zum Arzt hatte. Mein liebes Tagebuch, auch wenn die Absicht sicher richtig ist und so die Versorgungsqualität gesichert werden soll: Einem Rezept sieht man es nicht an, ob es der Patient in der persönlichen Sprechstunde erhielt oder per Post. Wie soll das die Apotheke erkennen? Außerdem: Die Regelung soll nur für die Erstverordnung gelten, nicht für Folgeverordnung – sonst wären die telefonisch bestellten Wiederholungsrezepte nicht machbar. Die Frage ist auch, ob sich ein solches Gesetz angesichts der zukünftigen Entwicklungen mit E-Health so halten lässt. Ich habe da meine Zweifel. Vielleicht hätte man in die AMG-Novelle besser eine Erhöhung der BtM-Gebühr und der Rezepturpreise gepackt – wäre jedenfalls dringender gewesen.

1. Dezember 2015

Das mit dem ABDA e.V. scheint doch nicht so locker möglich zu sein, wie man uns anfangs weismachen wollte. Zum Hintergrund, warum sich die ABDA plötzlich schon am 9. Dezember in einen eingetragenen Verein umwandeln möchte: Nur so könne die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände als Eigentümer des neuen Apothekerhauses ins Grundbuch eingetragen und außerdem rund 2,1 Mio. Steuern gespart werden, hieß es. Würde die Verwaltungsgesellschaft Deutscher Apotheker (VGDA) den Neubau erwerben, würden bei der VGDA und der ABDA Grunderwerbsteuer anfallen – wie beim letzten Mal, als das Haus in der Jägerstraße gekauft wurde. Zur geplanten  Vereinsgründung melden jedenfalls Kammer und Verband von Niedersachsen und die Kammer Brandenburg Bedenken an, in diesem Fall keine pharmazeutischen Bedenken sondern Bedenken zur Verfahrensweise und vor allem hinsichtlich des Vertrauens. Bei den Mitgliedsorganisationen sind massive Irritationen entstanden, warum auf einmal alles so schnell gehen muss, warum so ein Druck aufgebaut wird, warum nicht schon eher darüber informiert wurde. Außerdem: gibt es Alternativen? Und wie steht es eigentlich mit den Eigentumsverhältnissen des Apothekerhauses in der Jägerstraße? Ein Steuergutachten dazu hält die ABDA unter Verschluss. Das sieht alles wieder einmal supertoll nach Transparenz à la ABDA aus, mein liebes Tagebuch.  Eine Sondersitzung des ABDA-Gesamtvorstands am 9. 12. soll da jetzt Licht ins Dunkel bringen.

 

Das ist echt der Hammer. Jetzt bleibt es endgültig dabei: Apotheker stecken beim Medikationsplan in der Assistentenrolle fest. Sie dürfen den Plan nicht selbst erstellen, sondern nur einen vom Arzt ausgestellten Plan auf Wunsch des Patienten aktualisieren. Und Geld dafür bekommt nur der Arzt, nicht der Apotheker. Das ist und bleibt ein starkes Stück unserer Bundesregierung. Ums deutlich zu sagen: Es ist ein Stück Missachtung (oder gar Verachtung?) des Apothekers – zum Nachteil des Patienten, zumal der Plan des Arztes gar nicht stimmen kann, weil er nicht weiß, welche Rabattarzneimittel abgegeben wurden. Ganz abgesehen davon, wie sollte eine Ergänzung des Plans, den es derzeit nur schriftlich gibt, überhaupt geschehen? Sollen wir Apothekers die Präparate handschriftlich auf den Plan dazuschreiben? Oder tackern wir nur den Kassenzettel für die gekauften OTCs dazu? Mit Verlaub, so, wie das jetzt laufen soll, ist alles nur Schrott.

2. Dezember 2015

Mit dem E-Health-Gesetz will die Bundesregierung die Möglichkeit schaffen, dass Patienten ihren Arzt auch per Online-Videosprechstunden konsultieren. Allerdings soll dies nur für die Patienten erlaubt sein, die der Arzt kennt. Mein liebes Tagebuch, einmal live zum Arzt in die Praxis reicht, dann „kennt“ mich der Doktor. Und die weiteren Sprechstunden wickeln wir per Skype ab. Na ja, ganz so locker ist es dann doch nicht. Denn es sollen „zweckmäßige Krankheitsbilder und Fachgruppen“ definiert werden, die sich für Videosprechstunden eignen. Eine psychotherapeutische Telebehandlung beispielsweise ist nicht drin. Aber: Ein Rezept darf mir nach einer Online-Sprechstunde per Post geschickt werden, und die Apotheke darf’s einlösen.

3. Dezember 2015

Kritik aus Hamburg an der ABDA: Kammer und Verband des Stadtstaates wollen bei der derzeitigen Informationslage nicht für eine Umwandlung der ABDA in einen eingetragenen Verein zustimmen. Starke Bedenken hat Kammerpräsident Siemsen  gegen die geplante Rechtsformänderung. Er beklagt auch die Informationspolitik: Die ABDA sei sehr „zentriert“, so Siemsen. Mein liebes Tagebuch, das hat er hanseatisch nett ausgedrückt. Wenn sogar Mitgliedsorganisationen selbst so ein Störgefühl haben, dann stimmt da einiges nicht. Mit der selbst beschworenen Offenheit und Transparenz kann’s da nicht so weit her sein. Auch der Hamburger Verbandsvorsitzende Graue will nicht zustimmen. Als die ABDA ihre Häuser in Eschborn und in der Berliner Jägerstraße kaufte, musste die Grunderwerbsteuer doppelt bezahlt werden. Und außerdem: Wenn die ABDA plane, sich als eingetragener Verein aufzustellen, dann müsste die ABDA erst aufgelöst und dann neu gegründet werden, das gehe alles nicht so schnell. Und, ohgottohgott, mein liebes Tagebuch, wenn nach der ABDA-Auflösung versehentlich vergessen würde, die ABDA neu zu gründen – nicht auszudenken!

 

Genug diskutiert übers Berufsbild, die Diskussionsseite im Internet ist wie angekündigt geschlossen. Immerhin 1100 Apotheker sollen in rund 1250 Kommentaren ihre  Gedanken zum Berufsbild in den Ring geworfen haben. Eine Arbeitsgruppe, in der Vertreter aus verschiedenen apothekerlichen Tätigkeitsbereichen sitzen, schaut sich die Beiträge jetzt an und wertet sie aus. Daraus soll dann ein konsensfähiges Papier entstehen, eine Bestandsaufnahme der typischen Tätigkeiten des Apothekers mit Blick in die Zukunft, außerdem ist es Ausgangspunkt für die Diskussion über die Approbationsordnung. Im Juni 2016, so die Planung, soll die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer das neue Berufsbild verabschieden. Mein liebes Tagebuch, ein bisschen dumm gelaufen, dass sich unsere Bundesregierung ihr Berufsbild vom Apotheker bis dahin schon längst gebildet hat. Was machen wir dann mit unserem Bild? Rahmen und an die Wand hängen?

 

„Keinen Anlass für Katzenjammer“ sieht Reiner Kern, weil der Apotheker keinen  Medikationsplan ausstellen darf und nur Assistent des Arztes ist. Mein liebes Tagebuch, falls du dich nicht mehr an diesen Namen erinnerst: Das ist der Pressesprecher (böse Zungen sagen auch Presseschweiger, na so was) der ABDA. Er war auf der Kammerversammlung in Schleswig-Holstein und stellte die ABDA-Öffentlichkeitsarbeit vor. Ja, mein liebes Tagebuch, sei nicht so, die gibt es tatsächlich und irgendwas kann man da sicher auch vorstellen. Dass aber der Medikationsplan kein Anlass für Katzenjammer sein soll, das sehen wir anders oder höchstens so: Ja, Herr Kern,  da haben Sie Recht. Katzenjammer ist zu wenig, es ist viel schlimmer! Es ist Anlass für Verzweiflung, für Wut, für Frustration. So sieht es aus. Vielleicht können Sie sich da nicht in eine Apothekerseele hineindenken! Der Apotheker wird so schnell keine bedeutende Rolle beim Medikationsplan spielen und Geld gibt’s für ihn sowieso nicht – so sieht es aus. Das ist die Realität.

Immerhin, zum Thema „Tag der Apotheke“ brachte Kern Hoffnungen mit. Mein liebes Tagebuch, dieser Tag ist in den letzten Jahren in die Bedeutungslosigkeit und in ein seichtes Tralala versunken. Aber jetzt soll er schärfer, politischer werden, verspricht Kern. Na,da sind wir gespannt! Hoffentlich mit dem richtigen Zungenschlag. Und nicht so wie beim Medikationsplan.

4. Dezember 2015

Die Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband zu den Nullretaxationen sind bekanntlich gescheitert und vor der Schiedsstelle gelandet. Der Gesundheitsrechtler Hilko Meyer machte sich Gedanken, was die Apotheker beim bevorstehenden Schiedsverfahren anbieten könnten. Sein Vorschlag: schwächere Sanktionen statt Nullretaxationen. Als sehr guten Ansatz empfiehlt Meyer die Regelung aus dem Hamburger Primärkassenvertrag: Die Krankenkasse muss eine Leistung der Apotheke bezahlen, wenn sie durch diese Leistung von ihrer Leistungsverpflichtung gegenüber dem Patienten frei werde. Retaxationen sollen auf den Ersatz wirtschaftlicher Nachteile der Kostenträger beschränkt werden. Also, mein liebes Tagebuch: Mal im Klartext: Wenn die Apotheke  geliefert hat, gibt’ s kein Nullretax. Jörn Graue, der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, erklärte dazu, dass der Deutsche Apothekerverband vor der Schiedsstelle so argumentieren wird. Mein liebes Tagebuch, jetzt muss nur noch die Schiedsstelle davon überzeugt werden...

6. Dezember 2015

Mein liebes Tagebuch, einen schönen Nikolausabend! Für uns brave Apothekers gibt’s Apfel, Nuss und Mandelkern. Und was hat Sankt Nikolaus für die ABDA im Sack?  


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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