- DAZ.online
- News
- Spektrum
- Mein liebes Tagebuch
Weihnachtsfrieden zieht durch Apothekers Gefilde. Bei der ABDA wird alles gut mit e.V., in Westfalen-Lippe redet man miteinander. Und Glaeske ist mit Herzblut Apotheker. Nur Gröhe glaubt nicht an moderne Apotheker. Und, mein liebes Tagebuch, wie sollen wir zwischen Kooperation und Korruption unterscheiden?
7. Dezember 2015
Weihnachtsglöckchen läuten, Friede legt sich übers Land – zumindest im Kammerbezirk Westfalen-Lippe. Im Sommer hatten sich Gabi und Klaus öffentlich verkracht. Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening und Verbandschef Klaus Michels hatten sich über die Finanzierung der PTA-Schulen (mehr oder weniger) in die Haare bekommen. Der Verband hatte von der Kammer gefordert, die Finanzierung der PTA-Schulen ab 2016 sicherzustellen und sprach von Vertrauensbruch. Overwiening erklärte ihren Austritt aus dem Verband. Einige Monate später und 15 ARZ-Millionen schwerer besinnt sich der Verband, seine allzu forsche Gangart zu mäßigen, es wurden Gespräche mit der Kammer aufgenommen und – siehe da, man fand eine Lösung. Die Verbandsmillionen werden zwar immer noch nicht in die PTA-Schulen gesteckt, aber man einigte sich auf eine Kommission, die sich um die Zukunft der PTA-Schulen kümmern soll, die Kammer verlangt höhere Beiträge von ihren Mitgliedern und steckt 400.000 Euro in die Finanzierung der PTA-Ausbildung – und Gabi verbleibt im Verband. Mein liebes Tagebuch, manchmal muss man halt auf den Tisch hauen und einfach mehr miteinander reden. Ob Gabi und Klaus nach ihrem Gespräch gemeinsam Zimtsterne gegessen und Roibosch-Tee getrunken haben, ist nicht verbürgt.
8. Dezember 2015
Unser schönes altbackenes gotisches Apotheken-A hat was, nämlich einen großen Wiedererkennungswert, einen Markenwert – und die Markenrechte gehören dem Deutschen Apothekerverband. Das heißt, das A darf nicht jeder verwenden und damit werben. Das mussten nach zwei Instanzen durch die Gerichte auch der dm-Drogeriemarkt und die ZurRose-Versandapo einsehen, die mit dem Apotheken-A nur allzu gerne für ihre dm-Pharma-Punkte, die ZurRose-Terminals in den Drogeriemärkten, geworben hätten. Mein liebes Tagebuch, das zeigt uns: Nur wo das Apotheken-A drauf ist, ist auch das Apotheken-A drin.
DAZ.online ist neu geworden, neu im Aussehen, neu in der Struktur. Jetzt ist es natürlich so, dass man das Alte irgendwie lieb gewonnen hat, man hat sich dran gewöhnt. Und dann tut’s einen Schlag und plötzlich sieht alles neuer aus, frischer, transparenter. Das mag man sofort oder nicht oder nicht gleich. Jetzt muss man sich umgewöhnen. Und bald wird man sich dran gewöhnt haben und sich nicht mehr vorstellen können, wie es früher mal war.
9. Dezember 2015
Aber, mein liebes Tagebuch, es ist fast schon so wie bei der ABDA: Da hat man sich an die bestehenden Strukturen gewöhnt, alles vertraut und ein bisschen angestaubt und angegraut; zu sagen, man habe das alles liebgewonnen, geht da vielleicht ein bisschen zu weit. Aber na ja, es geht so. Und dann: Nein, es tut eben keinen Schlag. Es bleibt weitgehend wie’s ist, nix neues, nix frisches, nix transparentes! Wie auch? Man will „nur“ den Status wechseln von einer nicht-eingetragenen Organisation hin zu einem eingetragenen Verein: ABDA e.V. Und will damit „grundbuchfähig“ werden – das möchte man beim Kauf der neuen Immobilie sein, um zwei Millionen zu sparen. Was der „e.V.“ noch mit sich bringt: Unter anderem, dass beim eingetragenen Verein der Verein als solcher haftet, nicht der Vorstand persönlich wie beim nicht-eingetragenen Verein. Gibt ein bisschen Entlastung für den Vorstand, oder? Manchen Kammern (Niedersachsen, Brandenburg und Hamburg) ging das im Vorfeld alles ein bisschen schnell, vor allem, wie bei der ABDA so üblich, haperte es an der Kommunikation. Sie wollten zurecht mehr Hintergrundinfos zur Umwandlung. Die bekamen sie dann in einer Sondersitzung und die ABDA leistete Abbitte für die Kommunikationsmängel. Und nachdem das geklärt war, hatten sich alle wieder lieb und stimmten einstimmig für die Umwandlung in den e.V. Die Eintragung ins Berliner Vereinsregister wird umgehend beantragt. Und damit haben wir dann unseren ABDA-Verein mit Brief und Siegel. Sind wir da eigentlich alle Vereinsmitglieder?
Mag er Apotheker nicht? Oder genauer: Mag Gröhe Apotheker nur, wenn sie in ihren Apotheken – ganz wie früher – herstellen, prüfen, lagern und nur ein bisschen beraten? Sind ihm Apotheker in Industrie, Forschung und Lehre und in der öffentlichen Gesundheitsverwaltung suspekt? Man kann diesen Eindruck gewinnen, denn so stur wie er sich bei der Bundesapothekerordnung und bei der vom Bundesrat geforderten Erweiterung des Apotheker-Berufsbilds stellt, mutet schon mehr als seltsam an. Ganz zu schweigen davon, dass er sie beim Medikationsplan auch nicht dabei haben will. Gröhe bleibt also bei seiner Linie: Nur die von der EU geforderten Vorgaben sollen umgesetzt werden, die vom Bundesrat geforderten Erweiterungen beim Berufsbild lehnt er ab, das gehe über die „Eins-zu Eins-Umsetzung“ hinaus. Tja, und wenn schon? Was macht das aus? Mein liebes Tagebuch, Politik ist manchmal schon seltsam und verbohrt. Und manchmal auch mehr als knapp daneben.
10. Dezember 2015
Mein liebes Tagebuch, unser aller Apotheken- und Arzneimittelkritiker Gerd Glaeske – man sollte ihn differenziert betrachten, er differenziert selbst und er ist differenziert. Das habe ich jedenfalls feststellen können, als ich mich mit ihm über Arzneimittel, Apotheken, Kombis und die Apothekenzukunft über zwei Stunden lang unterhielt. Und ich habe viel davon mitbekommen, warum er so ist, wie er ist. Wer nicht nur seine vordergründigen Sticheleien und Spitzen gegen die Apotheken sieht (mit denen er provozieren und zu Diskussionen anregen will), sondern hinter die Fassade guckt, entdeckt viele spritzige Überlegungen und Ideen zur Bewertung von Arzneimitteln, zur Arbeit der Apotheke und zu ihrer Zukunft. Klar, dass er zu Kombiarzneimitteln und so einigen OTCs seine feste Meinung hat, die vielleicht und manchmal etwas praxisnäher sein könnte (einfach mal die Kirche im Dorf lassen!). Hört man aber genau hin, kann man ihm kaum widersprechen. Auch bei den Apothekentests, also, mal ehrlich und ganz unter uns, mein liebes Tagebuch, wenn ich Bekannte frage, ob sie bei ihrem letzten Apothekenbesuch beraten wurden oder ihnen zumindest ein Beratungsangebot gemacht wurde, dann spiegelt das die Testergebnisse wider, die Glaeske zitiert: Etwa ein Drittel der Apotheke macht Beratungsangebote und berät ordentlich, ein Drittel tut das so la la und das letzte Drittel der Apotheken fragt nach einer Tüte, nach Wechselgeld oder steckt einem ungefragt billige Werbegeschenke zu oder drängt einem Taler und sonstiges auf. Und seinen Vorschlag, dass die ABDA zum Honorargutachten ein Gegengutachten in Auftrag geben sollte, um nicht von den Gutachtern des Wirtschaftsministeriums überrumpelt zu werden – kann man nur unterschreiben. Ähnlich wie seine Überzeugung, dass wir es auch vor dem Hintergrund des Perspektivpapiers in Zukunft mit unterschiedlichen Apotheken zu tun haben werden: Nicht mehr jede Apotheke wird in Zukunft alles können, alles machen können, sie werden sich stärker differenzieren. Mein liebes Tagebuch, vielleicht hätte unsere Berufspolitik viel mehr mit als über Glaeske reden sollen. Er hat noch viele andere Ideen und Vorschläge. Außerdem: Er ist gerne Apotheker, mit Herzblut!
11. Dezember 2015
Das Apothekerleben wird schwieriger werden, mein liebes Tagebuch, noch schwieriger. Steht der Apotheker schon heute ab und an mit einem Bein hinter Gittern, könnte in Zukunft sogar noch das zweite Bein dem Knast gefährlich nah kommen. Dann nämlich, wenn die Grenze zwischen Kooperation und Korruption immer diffuser, verwaschener wird. Wie weit darf, ja, wie weit soll und muss ich mit dem Arzt zusammenarbeiten und wann beginnt es gefährlich für mich zu werden? Wie weit dürfen meine Hilfs- und Serviceangebote an Ärzte (und Patienten) gehen, ohne dass ich gegen Zuweisungsverbote verstoße? Ein unlängst veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, wie eng die Spielräume sind. Eine Apotheke, die mit Einverständnis des Patienten Rx-Hepatitis-C-Präparate direkt an die Arztpraxis lieferte, damit der Patient dort in seine Arzneimittel eingewiesen werden konnte, verstoße gegen das Zuweisungsverbot. Aber ganz so einfach ist das dann doch wieder nicht, denn es gebe wiederum Fälle, in denen die Arzneimittel unmittelbar in die Arztpraxis geliefert werden müssten, z. B. bei Zytostatikazubereitungen. Und dann kommt es noch darauf an, wie die Art der Zuweisung abläuft. Keine Zuweisung sei es, wenn man dem Patienten verschiedene Auswahlmöglichkeiten an die Hand gebe. Das kann die Aushändigung des Rezepts an den Patienten sein oder die Beauftragung des Arztes, das Rezept in einer vom Patienten bestimmten Apotheke einzulösen – oder in einer vom Arzt selbst ausgewählten. Mein liebes Tagebuch, soll man sich womöglich alles vom Patienten unterschreiben lassen, dass es sein persönlicher Wille ist, dass man ihm etwas Gutes tun darf? (Der Fall ist übrigens noch nicht zu Ende, der Bundesgerichtshof hat den Fall ans Oberlandesgericht zurückverwiesen.)
Ein dreiviertel Jahr ist die Pille danach rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Und, mein liebes Tagebuch, alles im grünen Bereich? Gibt es Klagen über ungewollte Schwangerschaften, schlechte Apothekenberatung oder gar über den Ruin der Gynäkologen? Bisher scheint alles zur Zufriedenheit aller zu laufen. Fast ist es schon verdächtig ruhig. Vermutlich wird das nicht so bleiben. Wie mir zu Ohren gekommen ist, wurden bereits (von interessierter Seite) Testkäufe in Apotheken unternommen: Junge Mädchen gingen in Apotheken und baten um die Pille danach. Glaubt man den Ergebnissen dieser Tests, dann sieht es nicht gut aus für Apotheken. Von der anfänglich äußerst guten Beratungseuphorie zur Pille danach war nicht mehr allzu viel übrig. Kaum Beratung, und auf die Frage, welche der beiden Pillen man denn nehme solle, gab’s sogar die Antwort: „Das ist egal, da gibt’s kein Unterschied, sie sind beide gut.“ Oh weh, mein liebes Tagebuch, wenn solche Tests an die große Weihnachtsglocke gehängt würden, dann sähe es nicht allzu gut aus. Also: Wieder mal in die Beratungsunterlagen schauen, wieder mal alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu anhalten, unbedingt fachgerecht zu beraten. Der nächste Test, von welchem Magazin auch immer, kommt bestimmt! Meistens gerne zum Jahresanfang.
4 Kommentare
Eiszeit vorbei? -ab in die Wüste.
von Bernd Jas am 13.12.2015 um 12:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Gerd Glaeske-mit Herzblut Apotheker??
von Reinhard Rodiger am 13.12.2015 um 12:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Danke!
von Rolf Lachenmaier am 13.12.2015 um 12:37 Uhr
Gerd Glaeske, Eiszeit vorbei?
von Ch. Timme am 13.12.2015 um 10:44 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.