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Das ABDA-Palais ist Geschichte. Doch die Geschichte lebt weiter. Ja, die ABDA hat sich selbst beschenkt! Wie einfühlsam!
24. Dezember 2015
Er ist uns erschienen. Oder besser: Er ist unserer ABDA erschienen: Ein prächtiger, repräsentativer Bildband über – „Das Deutsche Apothekerhaus in der Jägerstraße“, aufgepasst, das Wort „Deutsche“ ist groß geschrieben, dem Anlass entsprechend. Mein liebes Tagebuch, das ist kein Witz, darüber macht man keine Witze. Nein, im Ernst. Rechtzeitig vor dem Fest konnten alle Kammerpräsidenten und Verbandsvorsitzenden, dazu einige honorige Persönlichkeiten und erlauchte Auserwählte den Gedenkband an das Apothekerpalais in der Berliner Jägerstraße auf ihrem Gabentisch bzw. unterm Baum vorfinden. D.h.,man hat sich praktisch selbst damit beschenkt. Denn: Den Bildband gibt’s nicht im Buchhandel, nein, es gibt ihn auch nicht für Außenstehende oder schon gar nicht für gemeine Apotheker oder einfache Tagebuchschreiber. Adressaten dieses Buches sind neben den ABDA-Oberen die hauptamtlich und ehrenamtlich tätigen Personen, die in der Jägerstraße gearbeitet haben. Wer es sonst noch einsehen und in den Händen halten darf, mein liebes Tagebuch, wir wissen es nicht. Denn irgendwie ist es auch ein geheimes Projekt, an die große Glocke wurde das Erscheinen des Buches nicht gehängt. Warum nur? Die paar Tausend Euro für das kleine Eigen-Buchgeschenk, na, mein liebes Tagebuch, nun hab Dich mal nicht so.
Und so liegt es auf dem Tisch: Ein edel aufgemachter Fotoband, bestückt mit tragenden Vorworten von den ABDA-Ehrenpräsidenten Hans-Günter Friese und Heinz-Günter Wolf und vom ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands, Hermann Stefan Keller, dazu warme Worte vom ABDA-Präsidium (Schmidt, Kiefer, Becker) und last but not least vom Hauptgeschäftsführer Schmitz. Also, alle unsere Lieben haben sich da verewigt, einer für alle, alle für einen.
Der Hauptteil des Buches zeigt eindrucksvolle Bilder des opulenten Hauses mit einigen Begleittexten zur Geschichte des Hauses. Da findet man prächtige Bilder des majestätischen Marmor-Treppenhauses, Bilder vom Tresorraum, vom Plenarsaal, vom Empfangsbereich, von der Schalterhalle und viele mehr. Damit alle Welt sehen kann, wie gut dieses Haus als Bürogebäude taugte. Vermutlich wurden alle Bilder gut gephotoshopt und aufgepeppt, damit man die Risse im Mauerwerk nicht sieht.
Und besonders nett wird’s im hinteren Teil des Buches. Da sind noch mehrere Seiten mit Bildern von den rauschenden ABDA-Sommerfesten zu bewundern, die im Haus gefeiert wurden, und den anwesenden Politikern, die der Einladung gefolgt waren. Zum Teil sieht man da gar wunderschöne Selfies nach dem Motto „Ich, der Vorsitzende, mit dem Politiker XY“ und „Ich, der Präsident, mit der Politikerin YZ“. Einfach nur schön, mein liebes Tagebuch, einfach entzückend: Die Welt zu Gast bei Apothekers im Palais. Mein Gott, waren das noch Zeiten! Und wie schön sich doch das Haus zum Feiern, für Sommerfeste eignete. Da konnten andere Heilberufsverbände nur neidvoll auf die Apotheker gucken. Das Dumme dabei nur: Mit Palais und Sommerfesten macht man noch lange keine gute Politik.Und so richtig geholfen hat das Haus auch nicht beim Politikmachen, im Gegenteil: Die Politik ignoriert und vergisst die Apotheker mehr und mehr.
Hach, mein liebes Tagebuch, wenn der eine oder andere ABDA-Präsident oder Verbandsvorsitzende das Prachtbuch so vor sich liegen sieht, kommen sicher so manchem die Tränen. Ja, es muss schon arg geschmerzt haben, dieses Haus verkaufen zu müssen, raus aus einem Palais, rein in ein schnödes, kaltes Bürogebäude. Wie konnte man sich früher noch fühlen, als sich die schweren großen Pforten zum Vestibül öffneten, als man, vorbei an der riesigen Schalterhalle, auf dem roten Teppich die Marmortreppe hinauf ins präsidiale Zimmer oder ins Kaminzimmer schritt. Das kann doch nicht alles vorbei sein! Doch, mein liebes Tagebuch, es ist! Vorbei! Da muss man doch Verständnis zeigen, dass man wenigstens noch einen Bildband in memoriam macht – so ein bisschen mit dem Subtext: Das alles gehörte einst uns, uns Apothekers aus der Jägerstraße. Wir hatten ein „Deutsches Apothekerhaus“!
Ach ja, mein liebes Tagebuch, die Welt ist grausam. Jetzt ist alles weg, bald verkauft, womöglich weit unter Wert? Also, gut dass es den Bildband gibt. Er mag unsere Dreifaltigkeit und einige andere, die mit Leib und Seele an diesem Haus hingen, über den schmerzlichen Verkauf hinwegtrösten. Und so mancher wird es in einer stillen Stunden aus seinem Schrank holen und mit feuchten Augen darin blättern, wenn er jetzt im grauen Lindencorso oder später einmal im Glaspalast in Hauptbahnhofsnähe sitzt. Apothekerpalais, wir vermissen dich. Ja, gut dass es den Bildband gibt, er lindert ein wenig die Trauer. Mein liebes Tagebuch, so ein Buch hätte ich auch gerne geschenkt bekommen.
4 Kommentare
Buchgeschenk
von Dr. Christoph Klotz am 07.01.2016 um 20:55 Uhr
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War da nicht noch 'was ........?!?
von Gunnar Müller, Detmold am 28.12.2015 um 13:24 Uhr
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Kalter oder alter Prunk ?
von Ulrich Ströh am 27.12.2015 um 10:45 Uhr
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Prioritätenreihenfolge 1) Historische Location - 2) disruptive Innovationsförderung
von Jamshed Poonawalla am 27.12.2015 um 10:42 Uhr
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